Automatisches Pollenmonitoring als Chance für Allergiker

Fliegen hier heute Pollen und wenn ja wieviele? Eine Frage, die Allergiker bewegt. Standortgenaue Polleninfos in Echtzeit könnten Betroffenen das Meiden der Allergieauslöser erleichtern und Symptome mildern. Nur automatische Messmethoden jedoch können diese Informationen zeitnah zur Verfügung stellen. Augsburger Forscher:innen haben nun die Qualität, Zuverlässigkeit und Vergleichbarkeit manueller und automatischer Pollenmessungen untersucht.

 

Ein Montag im März, 12 Uhr mittags. Maria Plaza steigt auf das Dach des Forschungslabors der Umweltmedizin auf dem Gelände des Universitätsklinikums Augsburg und prüft die beiden Pollenmessgeräte: den automatischen Pollenmonitor (BAA 500, Helmut Hund GmbH), der aussieht, wie ein etwa mannshoher Sicherungskasten und die etwa schienbeinhohe Hirst Pollenfalle, dem bisherigen Gold-Standard der Pollenmessung. Maria Plaza wechselt wie jede Woche das transparente Band des manuellen Messgeräts, auf dem eine Woche lang die vom Gerät aus der Umgebungsluft angesaugten und herausgefilterten Pollen  - und sonstigen Staubteilchen - in zeitlicher Folge „abgelegt“ worden sind, also kleben geblieben sind. Der große automatische Bruder übermittelt seine Ergebnisse selbständig an einen Server.

 

In Augsburg werden seit 2015 sowohl manuelle als auch automatische Pollenmessungen durchgeführt.

Manuelle Pollenmessung braucht Zeit – viel Zeit. Die Partikel, die sich auf dem Band des Messgerätes gesammelt haben, werden auf Objektträger präpariert. Unter dem Mikroskop identifizieren und zählen Experten anschließend in mühevoller Kleinarbeit über 40 verschiedene Pollenarten. Durch dieses aufwändige Verfahren stehen die Daten erst mit einer Verzögerung von mehreren Tagen zur Verfügung.

Das automatische Pollenmessgerät hingegen ist schnell. Nur drei Stunden vergehen, bis die Messergebnisse vorliegen. Auch hier saugt das Gerät Partikel aus der Umgebungsluft an und konserviert diese auf einem Träger-Plättchen. Von diesem Präparat werden anschließend automatisch hochauflösende Bilder in mehreren Schichten gemacht und so verarbeitet, dass quasi-dreidimensionale Bilder einzelner Objekte entstehen. Diese Bilder werden durch eine Software mit Hilfe von Bilderkennungs-Algorithmen analysiert und aufgrund einzelner Merkmale der Objekte wie Größe, Form und Strukturen auf der Oberfläche als verschiedene Pollentypen unterschieden. Aber ist diese Methode genauso zuverlässig und genau?

Die Augsburger Forscher:innen um den Aerobiologen Athanasios Damialis zählten nach: sie nahmen die 290.743 automatisch erkannten Objekte erneut in Augenschein und erstellten ausgehend von den Bildern des „PoMo“ noch eine manuelle Auswertung. Zudem wurden die Pollen ganz klassisch mit der Hirst-Pollenfalle eingefangen und anschließend ausgezählt. Maria Plaza und ihre Kolleg:innen analysierten die Abweichungen der Datensätze. Der automatische Pollenmonitor ordnete etwa 85 % der gefundenen Pollen korrekt zu. Wie gut die Daten übereinstimmen, unterscheidet sich je nach Pollen-Typ. Vor allem Pollen von Pappeln, Weiden und Linden verwechselt er leichter als ein fachkundiger Mensch. Das liegt daran, dass sich Pollen verschiedener Arten sehr ähnlich sehen: die meisten sind rund, ähnlich groß und unterscheiden sich nur in einzelnen Merkmalen auf ihrer Oberfläche. Zudem weichen Pollen der gleichen Art voneinander ab, etwa in der Größe oder durch Beschädigungen. Ein geschultes menschliches Auge kann das erkennen, eine KI darin zu schulen, ist nicht so einfach.

Generell findet das automatische Messgerät eine höhere Anzahl von Pollen als die manuelle Messung. Außerdem ist die Saison der einzelnen Pollen verschoben, so finden der Start, der Höhepunkt und das Ende der Saison verschiedener Pollen laut den automatischen Messungen später statt, als bei den manuellen Messungen. Und manchmal streikt das Gerät auch, ausgerechnet in der Haupt-Pollensaison lieferte er mehr als zwei Wochen keine Ergebnisse. Kinderkrankheiten. Das wird nicht so bleiben, denn die Erkennungs-Algorithmen werden beständig weiterentwickelt.

 

Die noch relativ junge Technologie der automatischen Pollenmessung wird die Zukunft bestimmen. „Sie bietet große Chancen und Vorteile gegenüber dem manuellen Monitoring. Die schnell verfügbaren Daten ermöglichen bereits jetzt sehr gute Informationen über den aktuellen Pollenflug und eine gute Datenbasis für zuverlässige Vorhersagemodelle, welche Allergiker*innen in Zukunft das Leben erleichtern können.“ erklärt Maria Plaza. Claudia Traidl-Hoffmann, die den Bereich Umweltmedizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Augsburg leitet, ergänzt: „Ziel ist, den Algorithmus der Pollenerkennung so zu verbessern, dass die Genauigkeit zunimmt. Eine App, die zuverlässig und zeitnah Pollenfluginfos für Allergiker zugänglich macht, ist in greifbarer Nähe.“ Die Daten des Augsburger Pollenmessgerätes sind schon jetzt online für jedermann abrufbar unter: Pollenmonitor.

 

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