Offener Brief der Studierenden der Uni Augsburg

Aufgrund der neuerlichen Vorgaben der Staatsregierung, dass ab Montag in Geschäften und dem ÖPNV das Tragen einer FFP2-Maske verpflichtend ist, sehen wir uns gezwungen, hier einen offenen Hilferuf zu formulieren. Mit Blick auf die Bedrohung durch die Mutationen des Corona-Virus ist die Verpflichtung zum Tragen sinnvoll - besonders an Orten, an denen Abstände schwer eingehalten werden können. Hier beginnen aber die Probleme: Wie kann sichergestellt werden, dass auch Menschen mit kleinen oder aktuell keinem Einkommen – eine Realität für viele Studierende – ausreichend Zugang dazu bekommen? Hohe Anschaffungskosten pro Maske und stellenweise Knappheit bei der Bereitstellung im Einzelhandel schränken den Zugang ein.

Auch sehen sich manche Studierende in ihrem Alltag vor die Wahl gestellt: Essen für die nächste Woche oder Masken in ausreichender Stückzahl besorgen? Dabei ist das bei Weitem nicht die einzige Frage, die aktuell den Alltag der Studierenden bestimmt. Viele stehen vor weiteren grundsätzlichen Problemen. Wie komme ich z. B. in meinem Studium in diesen Zeiten weiter? Hier stellt sich das nächste Problem dar; durch eine generelle Schließung der Universitätsbibliothek und anderer Bibliotheken fehlt einfach vielerorts die Grundlage zum Studieren. Dies ist auch für sonst sehr erfolgreiche Studierende sehr belastend. Ein Gefühl der Zwangspause wird durch unklare Fristregelungen und Abgabeverschiebungen kritisch verschärft. Das beklemmende Gefühl der Enge und Ausweglosigkeit wird weiterhin durch den langen Aufenthalt in oft beengten studentischen Wohnräumen Realität. In vielen Fällen ist ein Rückzug in die Familienstrukturen nicht möglich oder eine noch größere Belastung. Studierende, die eher aus ländlichen Regionen stammen, sind sogar gezwungen in den Wohnheimen zu bleiben, um nicht mit der stabilen Internetverbindung auch den Anschluss an Studium und Kommiliton*innen zu verlieren.

Der Freund, der einem in den eigenen vier Wänden dieser Situation begegnet, ist der bange Blick auf das eigene Konto, von dem gerade zusätzlich weitere 10€ mehr für die Aufrechterhaltung des Studierendenwerkes abgebucht worden sind. Denn auch die Studierendenwerke sind aufgrund unklarer Vorgaben für die Inanspruchnahme von staatlichen Hilfszahlungen finanziell enorm unter Druck geraten, was sie an die Studierenden weitergegeben mussten. Zusätzlich musste in vielen Fällen Equipment angeschafft werden, um ordentlich an studiumsrelevanten Online-Sitzungen teilzunehmen. Das alles schlägt sich auf den Konten vieler Studierenden nieder.

Die finanzielle und studientechnische Krise wird dann durch teilweise mangelhaft durchgeführte Zoom-Seminare weiter angeheizt. Was generell dazu führt, dass die Qualität des Studiums teils dramatisch abgenommen hat und es momentan nicht absehbar ist, wann ein "normaler" universitärer Betrieb wieder möglich ist. Hinzu kommen Prüfungstermine und -formen welche unklar gestaltet sind, teilweise nicht frühzeitig kommuniziert werden und auch keine Sicherheit bieten.

Zu großen Teilen muss die Studierendenvertretung auch weiterhin das Krisenmanagement

übernehmen. Gewählte studentische Vertreter*innen arbeiten unter denselben Gegebenheiten wie die Studierenden und nebenbei noch zusätzlich an der Aufrechterhaltung des studentischen Lebens, soweit dies möglich ist - auch bis zu dem Punkt an dem das Studium leidet, mit dem Antrieb gerade jetzt für alle Anliegen ansprechbar zu sein. Doch hierbei dominiert aktuell die geplante Hochschulreform, die viele Kräfte in der Studierendenvertretung bindet. Auch wenn ein Zukunftsplan für die Entwicklung der bayerischen Hochschulen enorm wichtig ist, wirkt der Druck, der in der Pandemie bei dem Thema von Seite der Regierung ausgeübt wird, etwas fehl am Platz. Zumal das vorher Geschilderte einen Vorstoß auf gerade diesem Gebiet – nämlich rechtlich-inhaltliche Orientierung der Hochschule – schon fast grotesk wirken lässt, während so viele Studierende derzeit vor existenziellen Problemen stehen.

Es gibt zahlreiche politische Instrumente zur Abfederung einiger dieser Härten, die noch nicht ergriffen wurden. Wäre die Lage nicht schon prekär genug, wird es für hilfesuchende Studierende immer schwieriger, Termine bei psychologischen Beratungsstellen zu bekommen, da das Angebot nicht ausreichend angepasst wurde. Resignation und Stimmungsänderungen, die bei Kommiliton*innen zu beobachten sind, sind kleine Hilferufe. Und diese Hilferufe, die die Studierendenvertretung in den Corona-Semestern erreicht haben, möchten wir hiermit an Sie weiterleiten, mit der dringenden Bitte, keine Anstrengung zu unterlassen um Studierenden zu helfen, und um einen dramatischen Schwund des akademischen Nachwuchses von den Bildungsstätten zu vermeiden.

 

Dieser Brief entspricht der Beschlussfassung des studentischen Konvents der Universität Augsburg vom 13.01.2021.

Für Fragen stehen der AStA-Vorstand bzw. das Konventspräsidium zur Verfügung.

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