Stellungnahme zum offiziellen Eckpunktepapier der Novellierung des Bayerischen Hochschulgesetzes

In der Sitzung des Allgemeine Studierendenausschusses vom 09.11.2020 und der des Studentischen Konvents vom 11.11.2020 wurden folgende Stellungnahme zum Eckpunktepapier zur Novellierung des Bayerischen Hochschulgesetz (Stand: Oktober 2020) beschlossen und den Mitgliedern des Universitätsrates sowie den Mitgliedern der Erweiterten Universitätsleitung zugeleitet.

Stellungnahme Offizielles Eckpunktepapier Novelle BayHSchG

Wir freuen uns, einen Beitrag zur innovativen Weiterentwicklung leisten zu können. Dies wird dadurch ermöglicht, dass rund 2/3 der Universitätsangehörigen jedes Jahr ihre Vertretung wählt: die Gruppe der Studierenden. Im Folgenden werden wir nun unsere Sichtweise auf das Eckpunktepapier erläutern. Jene Punkte, zu denen wir Anregungen und Kritik haben, werden hier aufgeführt:

B Zeitgemäße Formulierung der Aufgaben der Hochschulen

Vor allem in Bezug auf die Lehre ist es wichtig, so vielen Bewerber*innen wie nur möglich die Chancen auf ein Grundstudium zu gewähren. Deshalb soll nicht nur die Weiterbildung im neuen Gesetz als wichtiges Grundsatzelement aufgenommen werden, sondern es soll auch eine Gewährleistung für ein gutes Grundstudium für so viele interessierte Bewerber*innen wie möglich aufgebaut werden. Der Studierendenvertretung liegt es besonders am Herzen, dass Studierende aus allen Sozioökonomischen Hintergründen das Studium erfolgreich abschließen können. Um dies zu ermöglich müssen die Staatsregierung und die Universitäten die geeigneten Rahmenbedingungen für eine qualitativ hochwertige Lehre bereitstellen.
Eine zukunftsorientierte Universität ist zu begrüßen, im Zuge der Internationalisierung sollte es nicht zwingend verpflichtend sein, internationalen Studierenden Deutschkenntnisse zu vermitteln. Jede Universität kann gerne angehalten werden, dieses als Zusatzprogram für internationale Studierende einzuführen, das jedoch in einem Gesetz zu verankern, macht bayrische Universitäten im Vergleich weniger attraktiv.
Der letzte Punkt ist sehr unklar formuliert. Ohne eine Erklärung, was man sich unter der digitalen DNA vorstellen kann, ist dieser Punkt mit sehr vielen Fragezeichen zu versehen. Generell ist aber eine Digitalisierung der Hochschullandschaft zu begrüßen.

C Externe Governance

Die Entlassung der Hochschulen als staatliche Einrichtungen zu Personal-Körperschaften des öffentlichen Rechts überträgt viele Kompetenzen an den Hochschulen und Universitäten. Aus der Perspektive der Studierendenvertretung sind einige Punkte besonders aus dem finanziellen Bereich interessant. Die Schaffung eines Globalhaushaltes ermöglicht eine unabhängigere Gestaltung für Projekte zur Verbesserung der Attraktivität der Universität für Studierende. Eine starke Unterstützung der Studierendenvertretung auf fakultärer und überfakultärer Ebene schafft Möglichkeiten, um das subjektive Erlebnis des Studiums studierendennah zu verbessern. Das schließt auch Studierende aus dem Nicht-EU Ausland mit ein. Finanzielle Unterstützung bzw. eine kleinstmögliche finanzielle Belastung dieser steigert die Attraktivität für ein Studium an der Universität Augsburg im Ausland.
Fundraising ermöglicht der Universität bei Finanzierungsengpässen von staatlicher Seite unabhängiger zu agieren. Dabei sollte aber bedacht werden, dass die aus Sicht der Wirtschaft „unattraktiven“ Studiengänge, besonders im gesellschaftswissenschaftlichen Bereich, nicht in ihren  finanziellen Kapazitäten zurückbleiben. Besonders in der Aufgabe der Hochschulen, einen großen gesellschaftlichen Mehrwert zu erzielen, muss es möglich sein, Querschnittsthemen weiterhin breit zu erforschen und zu lehren.
Die Übertragung der Bauherrenträgerschaft kann viele Projekte zur Weiterentwicklung der Universitätsinfrastruktur deutlich beschleunigen. Voraussetzung dafür ist aber eine ausreichende Finanzierung der Universität. Am Beispiel vom Bau von Wohnheimen durch die Studierendenwerke ist deutlich erkennbar, dass sie ohne die ausreichende Finanzierung von staatlicher Seite ihre soziale Verantwortung schwer erfüllen können. Die Gewährträgerhaftung ist so nur sinnvoll, wenn eine ausreichende Finanzierung der Hochschulen im Landeshaushalt vorgesehen ist.
Bei einer Deregulierung und Verschlankung der staatlichen Strukturen muss aber bedacht werden, dass Doppelstrukturen leicht entstehen können. Das geht über die Nutzung der Staatsoberkasse hinaus.

D Entwicklungsplanung und Zielvereinbarung

Eine Entwicklungsplanung ist für jede Universität auf lange Sicht hin sinnvoll, notwendig und unausweichlich. Jedoch gilt es bei der Planung und Umsetzung zu unterscheiden, ob es sich hierbei um kurzzeitig abgeschlossene Prozesse handelt. Eine Ergebnis-Orientierung ist nicht auf allen Fakultäten gleich gut anwendbar. So ist sie in den Wirtschaftswissenschaften unabdingbar, um international konkurrenzfähig zu sein, für die Geisteswissenschaft kann dies aber schlecht realisiert werden. Arbeitsprozesse haben hier generell einen längeren Zeitaufwand als beispielsweise mathematische Berechnungen oder die Kodierungen in der Informatik. Dieser Nachteil in der Ergebnis-Orientierung würde sich zeitlich auch auf die Finanzierung auswirken. Dieser Aspekt und eventuelle Einbußen sind für die Geisteswissenschaften aus studentischer Perspektive nicht tragbar. Andernfalls würde die Qualität der Quantität weichen, was keinesfalls ein universitäres Ziel sein sollte und auch nicht zu Lasten der Lehre fallen darf!

Gerade diese Bedenken werden bei der Entwicklungsplanung und den Zielvereinbarungen nicht durch genaue Formulierungen entkräftet. Gleichzeitig werden keine Beschreibungen dargelegt, wie eine Benachteiligung für Studierende, gerade in den Bereichen Fächerspektrum, qualitative Lehre unabhängig des Studiengangs oder exzellente Forschung unabhängig der Fachrichtung, aufgefangen beziehungsweise der Standard gehalten werden soll.

E Interne Governance

Für uns als Studierendenvertretung der Universität Augsburg ist dies wohl das wichtigste Kapitel. Wie bei externe Governance bereits beschrieben, braucht die hervorragende Arbeit der vielen ehrenamtlich engagierten Studierenden sowohl auf fakultärer als auch auf überfakultärer Ebene den richtigen Rahmen, um das Studienerlebnis für alle Studierenden so ergiebig wie möglich zu gestalten. Dafür wird eine gute Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen der Studierendenvertretung und der Universitätsleitung benötigt. Das gilt aber nicht nur für die Studierendenvertretung, sondern auch für die Vertretungen der anderen Statusgruppen. Eine Beteiligung aller Gruppen zu gleichen Teilen in den Bereichen, in denen dies verfassungsrechtlich erlaubt ist, ermöglicht es Studium, Lehre und Forschung attraktiv für alle zu gestalten. Wir fordern, dass dies im neuen BayHSchG verankert wird.
Um alle Perspektiven von Anfang an optimal einzubinden, sollte die Beteiligung aller Gruppen von Beginn an bei der Erarbeitung der ersten Organisationssatzung abgesichert sein. Hier berufen wir uns auf das inoffizielle Eckpunktepapier, welches einigen beteiligten Verbänden bei der Expert*innenanhörung im Wissenschaftsausschuss am 14.10.20 vorlag. Daher erachten wir einen Satzungskonvent als die beste Möglichkeit, die gleiche Beteiligung aller Statusgruppen zu ermöglichen und zu gewährleisten.

F Unternehmerische Betätigung der Hochschulen

Grundlegende wissenschaftliche Methoden, wie die Nennung von Zahlen, Daten und Fakten, werden nicht vorgelegt, wenn es um die Begründung der unternehmerischen Betätigung der Hochschulen und deren Kooperationen mit der Wirtschaft geht. Es ist aus studentischer Perspektive nicht ersichtlich, welche Erleichterungen hier getroffen werden sollen und ob diese studiengangsspezifisch hilfreich sind oder dem Wettbewerbscharakter und den Profilen der einzelnen Hochschulen dienen.

(I) Die Bereitschaft, Unternehmensgründungen von ehemaligen Studierenden, wissenschaftlichen oder künstlerischem Personal und ehemaligen Beschäftigen zu fördern, ist ein positiver Punkt im Sinne der Ressourcennutzung.

(II) Die unternehmerische Tätigkeit von Dozierenden im Rahmen der Hochschulen ist in jedem Fall zu unterstützen, jedoch ist die Genehmigung eines unternehmerischen Freisemesters auf das genauste zu prüfen. Es muss gewährleistet werden, dass die Lehre in keinster Weise beeinträchtigt wird auch unter in Bedachtnahme vorangehender Forschungsfreisemester und die Größe des Lehrstuhlteams. sodass ein Prozentueller Anteil der Lehrtätigkeit stets bei Universitätsangestellten und nicht externen Lehraufträgen bleibt. Andernfalls würden relevante Elemente wie eine qualitative Lehre, Wahlfreiheit der Lehrinhalte oder die Studierbarkeit für die Lernenden darunter leiden. Grundsätzlich ist die Gründungshilfe zu befürworten, muss jedoch adäquat für alle Beteiligten geregelt/gelöst sein.

(III) Die Differenzierung zwischen einem Beamtenstatus und einer arbeitnehmerischen Tätigkeit ist verständlich. Jedoch wird in keinem Wort auf die Realisierbarkeit, beide Positionen zu verbinden, eingegangen. Es wird lediglich von einem Risiko gesprochen. Die Studierendenvertretung fragt sich dadurch berechtigterweise, wie eine solche Anstellung und eine Unabhängigkeit in Verbindung gebracht werden können. Die Qualität und Vielfalt der Lehre darf nicht durch eine Auslagerung der Lehre an Externe beeinträchtigt werden.

G Gesamtlehrdeputat

Die konkrete Ausgestaltung der angekündigten Gesamtdeputatsverordnung ist völlig unklar. Insbesondere ist nicht ersichtlich, wie und ob herausragende Forscher*innen weiter in die Lehre eingebunden werden.

Im selben Abschnitt wird gefordert, dass "die Aufnahmekapazität [...] sich durch die auf der Stelle erbrachte Lehre sowie korrespondierende Deputatsermäßigung nicht verringern" darf. Hier ist nicht klar, von welcher Aufnahmekapazität die Rede ist. Wir erwarten, dass es hier um die Zahl der zuzulassenden Studierenden geht.

Als Ziel wird hier ausgegeben, "die gleiche Lehre von mehr Professoren" erbringen zu lassen. Hier stellen sich zwei Fragen: Erstens, mit welchem Geld werden die zusätzlichen Professuren finanziert und wie wird es auf die einzelnen Fakultäten verteilt? Zweitens, wenn mehr Professuren zur Verfügung stehen, warum soll dieser Zuwachs an potenziellen Lehrkapazitäten nicht zumindest teilweise der Lehre und damit den Studierenden zugute kommen?

H Modernisierung Berufsrecht

Das Berufungsrecht soll "grundsätzlich umgestellt" werden, einerseits um "für Neues Raum zu schaffen" aber auch "um das Bewährte zu bewahren". Dazu zählen wir insbesondere die Beteiligung Studierender am Berufungsprozess. Wir erwarten, dass dies fortgesetzt und ausgebaut wird.

J Landesstudierendenbeirat

Wir unterstützen es, dass es weiterhin eine gewählte Studierendenvertretung geben wird. Mit der Bennennung "Landesstudierendenbeirat" eines Gremium, in das gewählte Vertreter*innen aus allen Hochschulen Bayerns entsandt werden, sind wir jedoch nicht einverstanden, da dies eine sprachliche Abwertung gegenüber der Formulierung "Landesstudierendenvertretung" darstellt. Dieses Gremium sollte keine rein beratende Funktion haben, sondern auch, legitimiert durch die Wahlen, Entscheidungsbefugnisse auf Landesebene erhalten. Als positiv erachten wir einen Vorstand mit stärkerer regionaler Repräsentanz. Die Tatsache, dass der Landesstudierendenbeirat keine eigene Rechtspersönlichkeit sein und kein allgemeinpolitisches Mandat haben soll, halten wir für nicht sinnvoll im Hinblick auf die Handlungsfähigkeit und Außenwirkung der gewählten Vertreter*innen in diesem Gremium.

K Weiterbildung

Wir befürworten die Maßnahmen, welche einen schrittweisen Erwerb von Master- und Bachelorabschlüssen ermöglichen.

L Fremdsprachige Studiengänge, Fremdsprachenkenntnisse

Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass an bayrischen Universitäten ein ausreichendes Angebot an -für alle zugänglichen- Deutschkursen zur Verfügung steht. Allerdings dürfen Deutschkurse für Studierende von fremdsprachigen Studiengängen, welche nicht über Deutschkenntnisse verfügen, keineswegs verpflichtend sein.

M Streichung des staatlichen Einvernehmens bei Studiengängen

Keine konkreten Anmerkungen von Seiten der Studierendenvertretung

N Promotionsrecht für forschungsstarke Bereiche der HAWs

Keine konkreten Anmerkungen von Seiten der Studierendenvertretung

Fazit

Grundsätzlich unterstützen wir eine Novellierung des bayrischen Hochschulgesetzes. Jedoch bestehen aus Sicht der gesamten Studienvertretung der Universität Augsburg zu viele Unklarheiten, Fragezeichen und nicht absehbare Auswirkungen. Bei einigen sehen wir einen erheblichen Verbesserungsbedarf, wie beispielsweise im Abschnitt J und alle Aspekte, die die Lehre betreffen.

Ein weiterer Punkt, welcher in dieser Aufstellung nicht ausreichend bedacht wurde, ist eine Demokratisierung der Hochschulen. Die aktuelle Mitsprache aller Parteien an der Universität ist im aktuellen Gesetz nicht ausreichend gegeben. Daher fordern wir im Namen aller Studierender die Entscheidungsträger auf, uns besser in die verschiedenen Gremien einzubringen. Um das zu gewährleisten, müssen wir als Studierendenvertretung uns besser miteinander vernetzen und organisieren. Damit dies gewährleistet werden kann fordern wir als Mittel dafür eine verfasste Studierendenschaft

Es ist wichtig, dass wir nicht von den Entscheidungsprozessen ausgeschlossen werden, da wir realitätsnahe Bezüge leisten können. Wir fordern, dass wir in die weitere Entwicklung und Ausgestaltung des Eckpunktepapiers miteinbezogen werden. 

 

Weitere Informationen zum Studentischen Konvent und seinen Mitgliedern findest du auf dessen Webseite.

Weitere Informationen zum AStA und seinen Mitgliedern findest du auf dessen Webseite.

 

Wenn Fragen zur Stellungnahme und / oder zur Hochschulgesetznovelle bestehen sollten, kannst du uns gerne eine E-Mail an den AStA-Vorstand schreiben.

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