Die diskursive Beschaffenheit von Rechtsextremismus und Rechtspopulismus

Projektstart: 01.10.2012

 

Projektträger: Universität Augsburg

 

Projektverantwortung vor Ort: Prof. Dr. Reiner Keller

 

Beteiligte WissenschaftlerInnen / Kooperationen: Max Makovec

 

 

Zusammenfassung

Ziel des Projektes ist es, eine Methodik zu begründen, die über die bisherigen Betrachtungsweisen des Rechtsextremismus und Rechtspopulismus hinausgeht. Mit einer konstruktivistischen Grundlage, die mithilfe der Wissenssoziologischen Diskursanalyse von Reiner Keller entwickelt und ausformuliert werden soll, lässt sich zeigen, dass dieser normativ hoch aufgeladene Bereich in diskursive Bedeutungskämpfe verstrickt ist, die das Phänomen in dieser Form erst konstituieren und stabilisieren. Das soll natürlich keine Verharmlosung, noch gar eine Leugnung des Rechtsextremismus darstellen. Mit einer solchen Perspektive lässt sich vielmehr nachvollziehen, inwiefern Rechtsextremismus und Rechtspopulismus nicht nur pathologische Erscheinungen eines modernen Verfassungsstaates sind, sondern auch diskursive Begrifflichkeiten, die mitnichten konkrete empirische Phänomene eindeutig bezeichnen, sondern immer mit Bedeutung versehen werden müssen. Von wissenschaftlichem – und in zweiter Instanz auch politischem – Interesse dürfte sein, diese Bedeutungszuschreibungen nachzeichnen und erklären zu können. Denn mitunter steht ein erhebliches strategisches Interesse von Akteuren hinter solchen Zuschreibungsprozessen: so stellt der Begriff 'Rechtspopulismus' beispielsweise eine Legitimierungsmöglichkeit dar, rechte Ideologien im Rahmen eines demokratischen Verfassungsstaates zu verankern. Auf diese Weise können etwa anti-islamistische Argumentationslinien hoffähig gemacht werden, was in letzter Zeit in vielen europäischen Ländern zu beobachten war. Normalisierungsprozesse dieser Art können ebenso nachvollzogen werden wie die teils kontingente Zuweisung von Personen, Ideologien oder Handlungen unter das Label 'rechtsextrem'. Die Eindeutigkeit hinter diesem Begriff, die im Falle von xenophoben Gewalttaten oder geschichtsrevisionistischen Ideologien zweifellos vorhanden ist, ist auch eine Unterstellung seitens politisch motivierter diskursiver Sprecher. Das bringt freilich hin und wieder eine Hysterie seitens der politischen Linken und der Antifa mit sich. Viel öfter aber wird durch diese vermeintliche Eindeutigkeit kaschiert, dass zahlreiche Handlungen und ideologische Momente in Diskursen als normal ausgewiesen werden, obwohl sie genauso als rechtsextrem beschrieben werden könnten. Beispiele dafür – etwa die Asylpolitik, der inkonsequente Umgang mit dem Gleichheitsprinzip im Grundgesetz oder die unverblümte Formulierung von Rassismen seitens Politikern der großen Volksparteien, sollen im empirischen Teil methodisch kontrolliert untersucht werden. Wichtig hierbei ist es, politischen Gehalt erst nach der wissenschaftlichen Untersuchung zu entwickeln!

 

Die Arbeit stellt neben der Entwicklung der Methodik und einem – noch zu wählenden – empirischen Fallbeispiel einen umfangreichen Literaturüberblick zur Verfügung. Der wissenschaftliche Textkörper zum Thema Rechtsextremismus hat inzwischen jegliche Überschaubarkeit und Ordnung verloren. Ein wissenschaftlicher Fortschritt kann nicht festgestellt werden, die heterogenen, meist politisch motivierten Herangehensweisen laufen parallel nebeneinander her, und populärwissenschaftliche Argumente, wie die Bereitstellung simplifizierender Patentrezepte gegen den Rechtsextremismus, erfreuen sich großer Beliebtheit. Die vorgeschlagene Methodik soll einen – keineswegs Exklusivität beanspruchenden – Versuch darstellen, den wissenschaftlichen Forschungsprozess lokal bündeln zu können, um wenigstens einen kleinen, aber nachvollziehbaren Erkenntnisgewinn erreichen zu können

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