Der Lehrstuhl für Didaktik der Geschichte veranstaltet in Kooperation mit der Politischen Akademie in Tutzing eine DFG-geförderte Konferenz zum Thema „Migration and History Education“, an der 48 Referent*innen aus rund 20 Ländern teilnehmen.

Migration stellt ein globales Schlüsselthema des 21. Jahrhunderts dar, das weltweit alle Staaten und Gesellschaften betrifft, ganz gleich, ob, wie und in welchem Umfang sie derzeit konkret von Einwanderung und Abwanderung bzw. Fluchtbewegungen betroffen sind. Vor diesem Hintergrund sind auch Geschichtsdidaktik und Geschichtsunterricht aufgerufen, sich verstärkt mit dem Thema „Migration“ auseinanderzusetzen, wobei drei Themen besonders wichtig sind. Zum einen geht es um die universelle Rolle der Migration in der Geschichte der Menschheit. Dass Migrationsprozesse von den frühesten Anfängen der Menschheitsgeschichte an stets ein unverzichtbares Element der historischen Prozesse waren, ist ein Aspekt, den der Geschichtsunterricht weltweit bisher stark vernachlässigt. Zum anderen haben die nationalen Meistererzählungen, die den Geschichtsunterricht der modernen Staaten im Allgemeinen prägen, die Tendenz, die eigene Nation als homogene, in ihrer ethnischen und/oder kulturellen Zusammensetzung kaum veränderliche Abstammungs- und/oder Kulturgemeinschaft darzustellen. Auf diese Weise erscheinen Migrationsprozesse – ganz zu Unrecht – als historische Ausnahme- oder gar Krisenerscheinungen. Der Geschichtsunterricht muss die Schüler*innen zum Verständnis führen, dass die Idee einer homogenen, in ihrer ethnischen/ kulturellen Zusammensetzung unveränderlichen nationalen Gesellschaft eine Fiktion ist, die der kritischen historischen Überprüfung nicht standhält. Drittens müssen die Heranwachsenden im Geschichtsunterricht die Kompetenz erwerben, negative, oft rassistische Stereotypisierungen von Migrant*innen, Ausländer*innen und Minderheiten, die heute in besorgniserregender Weise in den sozialen Medien zirkulieren, kritisch zu analysieren und ihnen mit Bezug auf die Werte der Menschen- und Bürgerrechte historisch argumentierend entgegenzutreten. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Schüler*innen in einer ethnisch/kulturell diversen Klasse lernen oder nicht.

Es gibt weltweit viele unterschiedliche theoretische Konzepte, Analysen und empirische Studien im Bereich „Migration und Geschichtsunterricht“. Das Anliegen der Tagung, die in der Politischen Akademie in Tutzing stattfindet, besteht darin, die unterschiedlichen Forschungsansätze erstmals auf internationaler Ebene vergleichend zusammenzuführen und die Entwicklung gemeinsamer Forschungsperspektiven sowie wirksamer didaktischer Konzepte voranzutreiben.