Projektstart

01.04.2018

Projektträger

Universität Augsburg

Projektverantwortliche

Dr. Andreas Benz
Niklas Völkening, M.Sc.

© Völkening 2018

Seit Jahren tobt um ein geplantes Skilift-Projekt am Riedberger Horn im Oberallgäu ein erbitterter Streit zwischen Befürworten und Gegnern des Vorhabens. Über eine sog. Ski-Schaukel sollen die bestehenden kleinen Skigebiete der Gemeinden Balderschwang und Grasgehren-Obermaiselstein zu einem 'Lift-Verbund' zusammengeschlossen werden. Der geplante Ausbau sieht den Neubau eines 1,6 km langen Gondel-Lifts und die Neuerschließung von 3,3 km Skipiste vor. Das betroffene Gebiet liegt teilweise in einem bis vor kurzem durch die internationale Alpenkonvention geschützten Gebiet der höchsten Schutzstufe C, in der jeglicher Infrastrukturausbau untersagt ist. Das Gebiet stellt zudem einen der wenigen verbliebenen Rückzugsräume für die bedrohten Birkhühner dar. Der 1972 beschlossene bayerische Alpenplan, der die Internationale Alpenkonvention in bayerisches Recht umsetzt, wurde in den über vier Jahrzehnten seines Bestehens bislang nie angetastet. Für den Skilift am Riedberger Horn wurde nun erstmals eine Änderung von der bayerischen Staatsregierung durchgesetzt, die das Projektgebiet am Riedberger Horn aus der Schutzzone C herausnimmt, um den Liftbau zu ermöglichen.

Umweltschutzverbände wie der Bund Naturschutz Bayern (BN), der Landesbund für Vogelschutz (LBV) und der Deutsche Alpenverein (DAV) fürchten einen Präzedenzfall, der einen Dammbruch bei weiteren geplanten Infrastrukturprojekten in Schutzgebieten auslösen könnte und haben Klagen gegen die Entscheidung angekündigt. Die Einwohner der betroffenen Gemeinden sprechen sich dagegen mit großer Mehrheit für das Vorhaben aus. Hoteliers, Gastwirte und Liftbetreiber sehen im geplanten Projekt die einzige Möglichkeit, in der wachsenden Konkurrenz mit den expandierenden österreichischen Skigebieten zu bestehen. Die Kontroverse um das Liftprojekt am Riedberger Horn hat längst überregionale Dimensionen angenommen: politisch reicht die Auseinandersetzung über die lokalen Gemeinden, die Kreisebene und die bayerische Landespolitik bereits bis nach Berlin zum Bundesumweltministerium, medial berichten längst überregionale Zeitungen wie die Zeit, die taz und die Süddeutsche Zeitung. Die Kontroverse um das Riedberger Horn ist inzwischen bundesweit zum Symbol für den Ausbau von Infrastrukturen zu Lasten von Natur und Landschaft und für eine Regionalentwicklungspolitik zu Lasten des Umweltschutzes geworden.

 

In diesem Projekt wird aus Perspektive der Politischen Ökologie, die die Natur als ein „Schlachtfeld divergierender Interessen“ begreift, dieser Konflikt analytisch betrachtet. Dabei soll ein unparteiischer, sachlicher Blick „von außen“ auf diese emotional aufgeladene politische Auseinandersetzung bei der Annäherung an den Konflikt gewahrt werden. Neben einer Bestandsaufnahme des bisherigen Konfliktgeschehens sollen die beteiligten Akteure und ihre Interessen sowie die angewandten politischen, rechtlichen, diskursiven und medialen Strategien und die Konfliktdynamiken mit ihren wechselnden strategischen Allianzen untersucht werden. Der Konflikt am Riedberger Horn kann dabei als ein Lehrstück für die Anatomie und Dynamik politisch-ökologischer Konflikte im Allgemeinen dienen und erlaubt tiefe Einsichten in das politische Gefüge kontroverser regionalplanerischer Projekte.

© Benz 2018

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