Johannes Wessel-Bothe
Ich habe das Studium nie als Mittel zum Zweck gesehen, sondern versucht möglichst viel mitzunehmen

Johannes Wessel-Bothe
Mitarbeiter im Europabüro mit Europe Direct Augsburg

Wichtige Karriereschritte

seit 2020                   Mitarbeiter im Europabüro mit Europe Direct Augsburg

seit 2017                   Freier Mitarbeiter im Netzwerk Politische Bildung Bayern

seit 2018                   Master Sozialwissenschaften: Konflikte in Politik und Gesellschaft Universität Augsburg

2016 und 2019/20     Auslandssemester in Bologna und Taiwan

2013 – 2018              Bachelor Sozialwissenschaften Universität Augsburg

Interview vom 09.06.2021

Herr Wessel-Bothe, bitte beschreiben Sie kurz Ihren Arbeitsalltag als Mitarbeiter bei Europe Direct Augsburg. Was sind Ihre vorrangigen Tätigkeiten?

Die Arbeit im Europe Direct Augsburg ist sehr vielseitig. Sie umfasst unterschiedliche Tätigkeitsgebiete. Neben der allgemeinen Bürger:innenberatung und –information sind dies vor allem die Organisation von Veranstaltungen zu EU-Themen, europapolitische Bildungsarbeit sowie lokale und internationale Vernetzung. Außerdem bieten wir kostenlose Bildungsmaterialien an, die insbesondere bei Lehrkräften sehr gefragt sind. Daneben gibt es allgemeine bzw. begleitende Tätigkeiten wie die Öffentlichkeits- und Verwaltungsarbeit. Da wir ein kleines Team sind, bin ich in alle Tätigkeitsfelder eingebunden und wir überlegen gemeinsam, wie wir unser Jahresprogramm gestalten und umsetzen möchten.

 

Wie empfinden Sie das Arbeitsumfeld? Gibt es etwas, das Sie besonders schätzen? 

Die Atmosphäre ist sehr angenehm. Das Team funktioniert sehr gut und man hilft sich gegenseitig aus. Gleichzeitig wurde mir von Beginn an viel Vertrauen entgegengebracht. Insbesondere bei der (politikwissenschaftlichen) Erarbeitung unterschiedlicher Themenbereiche, für die ich die Rolle des Experten im Team übernahm (z.B. der European Green Deal oder die Konferenz zur Zukunft Europas). 

 

Sie sind neben Ihrer beruflichen Tätigkeit noch Student an der Uni Augsburg. Wie sind Sie zu Ihrer aktuellen Anstellung gekommen? Wie lässt sich das mit der Arbeit an Ihrer Masterarbeit vereinbaren?

Zu der Anstellung bin ich über den ganz normalen Weg gekommen. Ich habe über den studentischen E-Mail-Verteiler die Ausschreibung erhalten und mich aus Interesse an der Stelle direkt beworben, wohl wissend, dass es mit der Masterarbeit knapp werden könnte.

Parallel zum Arbeitseinstieg die Masterarbeit zu schreiben ist natürlich eine zusätzliche Arbeitsbelastung. Man benötigt einen langen Atem und ein gutes Zeitmanagement. Gleichzeitig fällt natürlich der Druck weg, nach dem Studium eine Stelle finden zu müssen, den ich in meinem Umfeld erlebe.

 

Haben Sie während des Studiums Praxiserfahrungen gesammelt? Wie wichtig waren diese für Sie?

Während des Studiums hatte ich die Möglichkeit in viele unterschiedliche Arbeitsfelder hinein zu schnuppern. Ich habe das Studium nie als Mittel zum Zweck (also einen Abschluss zu machen) gesehen, sondern versucht möglichst viel mitzunehmen. Nach sehr unterschiedlichen Nebenjobs habe ich gegen Ende meines Bachelors begonnen im Bereich der politischen Bildung zu arbeiten. Außerdem habe ich immer wieder Veranstaltungen wie die Peace Summer School oder die Lange Nacht der Demokratie (mit)organisiert. Gerade die politische Bildungsarbeit stellte einen praxisorientierten Gegenpol zum theorielastigen Sozialwissenschaftsstudium dar. Durch die didaktische Übersetzung sowie die Arbeit mit Jugendlichen konnte ich viel lernen und mitnehmen.

Diese Lerneffekte und die damit verbundene Vernetzung mit unterschiedlichen Akteuren in Augsburg waren natürlich von großem Wert und vielleicht der entscheidende Faktor meiner erfolgreichen Bewerbung.

 

Sie haben zwei Auslandssemester absolviert. Von welchen Erfahrungen konnten Sie hier profitieren?

Bei den Auslandssemestern gab es immer mindestens zwei Ebenen. Man könnte sagen die der Hard- und die der Softskills. Als Hardskills würde ich das Erlernen von Sprachen (Italienisch, Englisch und in sehr rudimentärer Form Mandarin) sowie die Fachseminare der Universitäten bezeichnen. Außerdem war für meinen Masterstudiengang der Konfliktforschung die reine Anwesenheit bzw. der Austausch mit den Menschen in der Konfliktregion im Südchinesischen Meer äußerst lehrreich. Als Softskills würde ich Fähigkeiten bezeichnen, die benötigt werden, um sich in einer neuen Umgebung zurecht zu finden, wo die gewöhnlichsten Alltagshandlungen oftmals nicht mehr funktionieren. Vom Kauf der SIM-Karte über die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel bis Art und dem Zeitpunkt des Essens stellt vieles erst einmal eine Herausforderung dar. Besonders hervorzuheben sind natürlich auch die Lerneffekte im Umgang mit den Menschen unterschiedlichster kultureller Hintergründe. In den Seminaren in Taiwan waren immer Teilnehmende aus allen Kontinenten vertreten. Interessant für mich waren dahingehend auch die Sitten und Gebräuche bzw. das Verhalten der Menschen zu beobachten.

 

Was sind die wichtigsten Voraussetzungen für den öffentlichen Dienst? Wie typisch ist Ihr Studiengang für Ihre jetzige Stelle? Was haben Ihre Kolleg*innen studiert?

Das ist pauschal nicht leicht zu beantworten. Meine Stelle im Europabüro wurde für Politik- bzw. Sozialwissenschaftler ausgeschrieben, was sie natürlich sehr typisch macht. Allerdings gibt es bei der Stadt nur eine Handvoll Stellen, die explizit für diesen Bereich ausgeschrieben sind. Meine Kolleg*innen kommen aus den Bereichen Verwaltungs-, Rechts- und Politikwissenschaften.

 

Welche Vor-/ Nachteile hat die Arbeit im öffentlichen Dienst für Sie?

Als Sozialwissenschaftler hat die Arbeit überwiegend Vorteile. Sie ist verhältnismäßig gut bezahlt, familienfreundlich und tarifgebunden, was mit starken Arbeitnehmerrechten einhergeht. Ein Nachteil ist natürlich die Möglichkeit jederzeit bei entsprechender Corona-Lage im Gesundheitsamt eingesetzt zu werden und dort eine weniger interessante Tätigkeit auszuführen – auch das ist Teil des öffentlichen Dienstes.

 

Was sind die 3 wichtigsten Kompetenzen/Softskills, die in der politischen Arbeit gebraucht werden?

In meiner persönlichen Arbeit ist es besonders wichtig neugierig und offen auf andere Menschen, Organisationen und sich bietende Möglichkeiten zuzugehen. So entstehen Kooperationen und gemeinsame Projekte. Außerdem unerlässlich sind ein fundiertes sozialwissenschaftliches Grundwissen um politische Entwicklungen einordnen zu können und natürlich die englische Sprache und der damit verbundene Zugang zum internationalen Austausch.

 

Ihre Meinung zur Corona-Situation: Chance oder Risiko für den Berufseinstieg?

Ich habe die Corona-Situation eher als Chance wahrgenommen. Durch die Digitalisierung der Lehre hatte die Freude am Studium nachgelassen und die Möglichkeit etwas Neues anzufangen war sehr reizvoll. Der Arbeitsbeginn, die Struktur und der Arbeitsplatz im Büro war während des Lockdowns fast eine Befreiung.

Was die konkrete Arbeit betrifft, ist die Situation allerdings schwieriger. Die eigentlich (auch räumlich) sehr abwechslungsreiche Tätigkeit beschränkt sich auf die Arbeit im Büro. Der „persönliche“ Austausch findet über Zoom statt. So lange die Corona-Situation kritisch ist, ist dies selbstverständlich. Ich hoffe allerdings, dass mittelfristig die tatsächlichen Begegnungen wieder in den Vordergrund treten werden.

 

Mehr über die Person und die Möglichkeit, sich zu vernetzen: XING

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