Press release 143/15 - 22.09.2015

Wohin mit dem Windrad?

Einen möglichst raumverträglichen Ausbau erneuerbarer Energien zu befördern, ist der Anspruch eines Projekts der Augsburger Humangeographie, das von der DFG mit knapp 300.000 Euro gefördert wird.

Augsburg/KPP – „Erneuerbare Energien? Ja bitte! Aber ein Windrad vor meiner Nase? Nein danke!“ Die Suche nach geeigneten Standorten für die Erzeugung erneuerbarer Energien ist ein Problem, das die gesamtgesellschaftlich weitgehend akzeptierte und begrüßte Energiewende belastet. Dort, wo man von der Errichtung entsprechender Anlagen unmittelbar betroffen ist, führt dies oft zu Ablehnung und Widerständen. Dementsprechend ist das Thema auch in der überregionalen Politik Anlass kontroverser Diskussionen. Vor diesem Hintergrund arbeitet der Augsburger Humangeograph Dr. Stephan Bosch an einem Modell zur Optimierung der Standortsuche und der Standortentscheidung. Neben den bislang dominanten technischen und ökonomischen Effizienzkriterien berücksichtigt dieses Modell u. a. soziale und ökologische Faktoren, die bislang wenig beachtet werden, für die Akzeptanz aber mit ausschlaggebend sind. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert Boschs Studien in den kommenden drei Jahren mit rund 300.000 Euro.

„Bei der Wahl von Windradstandorten etwa“, erläutert Bosch, „ist bislang primär die Windhöffigkeit ausschlaggebend, das Windaufkommen am jeweiligen Ort also, von dem abhängt, in welchem Umfang sich die Anlage ‚rentiert’. Andere, teils veränderliche und gestaltbare Faktoren und Rahmenbedingungen, die für die Definition eines ‚geeigneten’ oder gar ‚optimalen’ Standorts nicht minder wichtig sein können, werden hingegen kaum berücksichtigt.“ Es handle sich dabei um soziale, politische, ökologische, kulturgeographische und technologische Rahmenbedingungen, die sich auch durchaus verändern bzw. veränderbar sein können.

Ganzheitlich-raumverträgliche Integration

Die bisherige Vernachlässigung dieser ‚sonstigen’, potentiell dynamischen Faktoren, die für die sogenannte Raumverträglichkeit einer Solar- oder Bioenergieanlage bzw. eines Wind- oder Wasserkraftwerks ausschlaggebend sind, ist Motivation für Boschs Forschungen. Ihr Ziel ist ein Modell, das eine ganzheitlich-raumverträgliche Integration von Standorten der Produktion erneuerbarer Energien in den ländlichen Raum befördert.

Wie wirken sich welche Variablen aus, wenn ...?

In einem Geographischen Informationssystem (GIS) wird erfasst, welche aller relevanten Faktoren sich unter welchen Bedingungen wie auf die Raumverträglichkeit eines Standorts auswirken. Die Zusammenschau der Daten gibt Aufschluss über eine alle Kriterien berücksichtigende Eignung eines Standortes. Und sie ermöglicht darüber hinaus zu simulieren, ob und wie sich diese Eignung entwickelt, wenn sich eine dieser Rahmenbedingungen verändert, wenn also z. B. eine Erhöhung der EEG-Umlage der Prosperität des Standorts vielleicht zugute kommt oder wenn technologische Weiterentwicklungen die mit einer Anlage einhergehenden ökologischen oder ästhetischen Beeinträchtigungen reduzieren.

Bosch: „Es geht darum, Variablen wie z. B. Gestehungskosten, Flächeneffizienz, Umweltfreundlichkeit, Regelbarkeit, Rückbaufähigkeit oder Genehmigungsverfahren in ihrer Bedeutung für die Eignung eines Standorts zu definieren, um auf dieser Basis optimale Standortmuster für die Erzeugung erneuerbarer Energien berechnen und darstellen zu können.“

Akzeptanzfördernde Impulse

Hier handelt es sich zunächst um Grundlagenforschung, die neue Erkenntnisse für die Raumplanung verspricht - speziell mit Blick auf die einerseits kulturlandschaftlichen und andererseits auch sozialen Implikationen der Energiewende, die ihrerseits nicht nur die Landschaften in ihrer Ästhetik verändern, sondern zugleich z. B. auch neue Möglichkeiten der Partizipation schaffen können. Zugleich sollen aus den Ergebnissen dieser Forschungen dann auch Handlungsempfehlungen für die Politik und Entscheider abgeleitet werden können: „Unser Ziel und Anspruch ist es, den bisherigen Ausbau von erneuerbaren Energien kritisch auf seine Raumverträglichkeit hin zu überprüfen, um darauf aufbauend mit einem Konzept zur ganzheitlichen Integration von erneuerbaren Energien in den ländlichen Raum positive, akzeptanzsteigernde Impulse zu geben“, so Bosch.

Projekthomepage:

Raumverträglicher Ausbau von erneuerbaren Energien in Deutschland

 

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