ABROGATE
Das ABROGATE-Projekt: Neue Lösungen zur Diagnose und Behandlung für Patienten mit Nahrungsmittelallergien und –unverträglichkeiten
In den letzten Jahrzehnten hat die Prävalenz allergischer Erkrankungen, einschließlich Nahrungsmittelallergien, stetig zugenommen.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert nun ein groß aufgestelltes Forschungsprojekt – ABROGATE: Solutions for food allergy by precision diagnostics and treatment. Nahrungsmittelallergien und –unverträglichkeiten umfassen eine Gruppe unterschiedlicher, immunologisch aber genau definierter Reaktionen auf unterschiedliche Nahrungsmittelallergene. Nahrungsmittelallergien können in vorübergehende oder anhaltende Symptome mit unterschiedlichen klinischen Merkmalen verschiedener Organsysteme wie Haut, obere und untere Atemwege, Magen-Darm-Trakt und systemische Reaktionen eingeteilt werden.
ABROGATE hat zum Ziel, neue Lösungen zur Diagnose und Behandlung für Patienten mit allergischer Überempfindlichkeit gegen Lebensmittel zu finden.
In dem Projekt sollen verschiedene Aspekte von Nahrungsmittelallergien und –unverträglichkeiten untersucht werden:
- Welchen Einfluss haben Umwelt und Lebensstil auf die Entwicklung einer Nahrungsmittelallergie?
- Welchen Einfluss haben genetischer und genomischer Hintergrund auf die Entwicklung einer Nahrungsmittelallergie?
- Welche Wege der Sensibilisierung gegenüber Nahrungsmittelallergenen gibt es?
- Welche molekularen Marker gibt es, die für diagnostische Zwecke verwendet werden können?
- Kann man einen Übergang von der Sensibilisierung zur offenen Nahrungsmittelallergie erkennen?
- Welche Rolle spielen Darmbakterien bei der Entwicklung einer Nahrungsmittelallergie?
- Gibt es eine Behandlung von Pollen-assoziierten Nahrungsmittelallergien?
Das Projekt ABROGATE ist eine Zusammenarbeit des Uniklinikums Augsburg mit der Technischen Universität München, dem Klinikum rechts der Isar, dem Karlsruher Institut für Technologie und dem Deutschen Allergie- und Asthmabund. Es wird seit Mai 2021 vom BMBF gefördert und soll noch bis Mai 2024 laufen. ABROGATE besteht aus 7 Teilprojekten, die jeweils in den verschiedenen Institutionen durchgeführt werden. Das Teilprojekt 2 wird am Institut für Epidemiologie des Helmholtz Zentrums München und in der Umweltmedizin des Universitätsklinikums Augsburg durchgeführt und untersucht in einer Augsburger Querschnittskohorte (KORA FF4), wie häufig IgE-vermittelte, also Antikörper-vermittelte Soforttyp-Reaktionen auf Nahrungsmittel bei Erwachsenen vorkommen.
Von den Studienteilnehmenden (mit und ohne angegebene Nahrungsmittelallergien) wurden zunächst genaue IgE-, also Antikörperprofile erstellt, das heißt, es wurde gemessen, ob jemand auf bestimmte Allergene bereits einmal mit der Bildung von Antikörpern reagiert hat, also für das Allergen „sensibilisiert“ ist, vielleicht sogar ohne bislang eine allergische Reaktion gezeigt zu haben.
Im nächsten Schritt wird, durch ein Zu-sich-Nehmen der Nahrungsmittel überprüft, ob eine tatsächliche Reaktion auf das vermutete Nahrungsmittelallergen erfolgt. Dies wird in einer sogenannten „doppelblinden“ Versuchsanordnung getestet, das heißt weder die die Studie durchführende Person, noch StudienteilnehmerIn wissen, was die Testperson an Allergenen oder Placebos zu sich nimmt. Zudem ist der Versuch „Nocebo-kontrolliert“, was bedeutet, dass auch geprüft wird, ob die Erwartungen und Einstellungen der die Testperson einen Einfluss auf die gezeigten und aufgezeichneten Reaktionen haben. Das heißt, es wird überprüft, ob die Sensibilisierung bzw. die zu den Erwartungen gemachten Angaben klinisch relevant sind oder nicht. Neben Teilnehmenden mit Nahrungsmittelallergien werden auch solche mit mutmaßlichen Nahrungsmittelintoleranzen (z. B. gegen Laktose, Fruktose oder Histamin) im Zuge der Studie untersucht. Bei allen Teilnehmern werden molekulare Marker für Stoffwechsel- und Entzündungsprozesse (Metaboliten, Zytokine, micro-RNAs) gemessen und mit den Symptomen im kontrollierten Provokationstest abgeglichen. Dies ermöglicht, die bei allergischen Reaktionen wirkenden Prozesse spezifischer zu erforschen und so auch mögliche Ansatzpunkte für Therapien herauszufinden.
Im letzten Schritt werden Zusammenhänge zwischen Nahrungsmittelallergien und Faktoren wie Lebensstil, Umweltexposition, Zusammensetzung des Darm-Mikrobioms und genetischen sowie epigenetischen Markern analysiert.
Letztlich geht es darum, Risiken sowohl in der Genetik, als auch in Umwelt und Lebensstil zu identifizieren, die Menschen anfällig für Nahrungsmittelallergien machen, sowie die gesundheitliche Versorgung und die Lebensqualität von Menschen mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten zu verbessern.