Ziel des hier vorgelegten Projektes ist es, ein Forschungsnetzwerk zu initiieren, das Altertumswissenschaftler aus dem In- und Ausland zusammenbringt, um danach zu fragen, wie antike Gesellschaften mit Transformationsprozessen und Krisenphänomenen umgingen, diese ausdeuteten und bewältigten. Der Oberbegriff „Resilienz“ soll dabei bewusst gebraucht werden, um den multidimensionalen und strukturellen Charakter der Bewältigungsstrategien zu betonen. Die Grundannahme ist, dass viele Parameter zur Widerstandsfähigkeit gesellschaftlicher Systeme beitragen und unterschiedliche Akteure, Institutionen, Ideen umfassen, die wir in dem Begriff der „Ressource“ zusammenführen möchten. Das Netzwerk möchte dabei zugleich die Anwendbarkeit des Begriffs der „Resilienz“ für die Antike insgesamt erforschen, denn obgleich er im gegenwärtigen gesellschaftlichen Diskus und in vielen Wissenschaftsdisziplinen eine gewichtige Rolle spielt, bleibt die Feststellung, dass der Begriff in der Altertumswissenschaft wenig rezipiert, geschweige denn systematisch erschlossen worden ist.

 

Das Netzwerk setzt sich daher zum Ziel, theoretisch sowie methodologisch die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen aufzuzeigen, die mit der Erforschung der „Resilienz“ in der Antike verknüpft sind. Es baut v.a. auf Arbeiten auf, die Krisenphänomene (bspw. Kriege, Krankheiten, Katastrophen) in der Antike untersucht haben, und fragt nach dem konkreten Umgang antiker Gesellschaften mit existentiellen Bedrohungsszenarien. Dabei steht v.a. eine strukturelle Betrachtungsweise im Vordergrund, die neben der wichtigen Ebene der staatlichen Institutionen auch soziokulturelle sowie materielle Strategien der Selbstbehauptung in den Blick nimmt. Ziel ist ein gemeinsamer Band, der systematisch Quellengruppen, Theorien und methodologische Fragen aufarbeiten und behandeln soll.

 

Um dies zu bewerkstelligen, sollen sich die Mitglieder des beantragten Netzwerks mit eigens eingeladenen Experten zu insgesamt zwei Tagungen und drei (digitalen) Workshops treffen, um verschiedene Aspekte des Themas zu beleuchten: neben einer kritischen Bestandsaufnahme der bisherigen Forschungs-Konzepte wird es dabei um interdisziplinäre Annäherung gehen. Das Netzwerk wird in drei Arbeitsgruppen geteilt sein, in denen es (1) um materielle Praktiken der Resilienz, (2) performative Akte der Resilienz und (3) Resilienznarrative gehen wird.

 

Etwa die Hälfte der Netzwerkmitglieder und auswärtigen Experten wird aus dem Ausland kommen. Darüber hinaus forscht der Antragssteller intensiv an v.a. umwelthistorischen sowie -theoretischen Fragen, die neben Fragen der ‚Resilienz‘ auch solche der ‚Nachhaltigkeit‘ berühren und die jüngst in verschiedenen Publikationen behandelt wurden (The Environmental Humanities and the Ancient World: Questions and Perspectives, Cambridge 2020; sowie mit N. Sojc/G. Weber (Hrsg.): Nachhaltigkeit in der Antike: Diskurse, Praktiken, Perspektiven, Stuttgart 2020). Der Antragssteller ist außerdem assoziiertes Mitglied des neu gegründeten Centre for Ancient Environmental Studies (St. Andrews), zu dem er den Eröffnungsvortrag halten durfte. Zusammen mit Esther Eidinow (Bristol) bereitet er außerdem einen Workshop im Rahmen der STREAMS Tagung in Stockholm (August 2021) vor, der bereits in vorgezogenen digitalen Tagungen vorbereitet werden und in eine Publikation münden wird (Arbeitstitel: Ancient Environments and Their Legacy: Long-Term Environmental Interactions, Ecological Knowledge, and the Transformative Potential of Myths).

Wissenschaftlicher Assistent
Alte Geschichte

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