Der Antigone-Mythos gehört seit der Antike zu den vermutlich meistbearbeiteten literarischen Thematiken und hat eine umfassende, bis in die Gegenwart andauernde Resonanz auch in der politischen Theorie gefunden. Die thematische Bandbreite der Bearbeitungen – vom antikolonialen Widerstand über den staatlichen Umgang mit dem islamistischen Terrorismus bis zu Fragen der Handlungsfähigkeit des Subjekts und Problemen der politischen Partizipation – scheint unerschöpflich.

 

Das hier vorgeschlagene Projekt fragt nach dem Grund für diese erstaunliche Rezeptionsfähigkeit des Stoffes und ihre gesellschaftskritischen Implikationen. Es ist, so die Ausgangsannahme, eine grundlegende, bisher noch nicht in ihrer umfassenden Komplexität herausgearbeitete Konfliktkonstellation, die den Antigone- Mythos zur narrativen Verarbeitung gesellschaftlicher Grenzkonflikte so zeit- und kulturenübergreifend adaptionsfähig macht. Dieser Konflikt – der im Kern ein Konflikt der Konfliktbewältigung ist – wird hier mit der Wortschöpfung „Antigonistischer Konflikt“ bezeichnet und steht im Mittelpunkt des Projekts. Ziel ist es, auf Basis der vielfältigen Verarbeitungen des Stoffes die Schichten und Konturen des Antigonistischen Konflikts zu rekonstruieren und eine systematische, interdisziplinär tragfähige Begrifflichkeit zur Erfassung dieses Konfliktes und seiner literarischen wie theoretischen Rezeptionsfähigkeit als Aushandlungsforum von Grenzkonflikten – wie Leben und Tod, öffentlich und privat – in der modernen Gesellschaft herauszuarbeiten.

Lehrstuhlinhaber
Politikwissenschaft, Politische Theorie
Professor
American Literature

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