Auswirkungen von NFTs auf den Kunstmarkt

Non-Fungible Tokens basieren auf der Blockchain-Technologie, die von Kryptowährungen bekannt ist. Sie können für digitale Werke eine „Einzigartigkeit“ erzeugen und das Eigentum daran bestätigen. Dadurch wird der Handel mit virtuellen Bildern möglich. Wie sich das auf den Kunstmarkt auswirkt, erforscht der Kunsthistoriker und Wirtschaftswissenschaftler Twain Stolz.

Im Auktionshaus Christies wurde das digitale Werk „Everydays – The First 5000 Days“ für fast 70 Millionen Dollar verkauft. Eine Rekordsumme. Handelbar geworden ist Digitale Kunst erst durch digitale Echtheitszertifikate – auch NFTs genannt. Shutterstock.com / mundissima

Schon länger hatte Twain Stolz den Kunstmarkt interessiert verfolgt. Und immer häufiger schienen dabei NFTs, also digitale Echtheitszertifikate, eine Rolle zu spielen. Dann kam der März 2021. Im Auktionshaus Christies in London wird das digitale Werk „Everydays – The First 5000 Days“ von dem US-Künstler Beeple für fast 70 Millionen Dollar verkauft. Eine digitale Collage aus 5000 Einzelbildern, die – und das ist das Bemerkenswerte – jeder daheim nachbauen könnte. „Das Werk liegt aber in digitalen Vermögenswerten vor, die ihm Originalität und Eigentum bescheinigen“, sagt Stolz und betont, dass die Technologie enormes Potenzial berge.

Seit einem Jahr befasst sich Twain Stolz, Kunsthistoriker und Wirtschaftswissenschaftler, nun mit dem Hype um Non Fungible Tokens (NFTs) und ihren Auswirkungen auf den Kunstmarkt. Seine erste Erkenntnis: Der Begriff als solcher werde in der Kunstszene häufig falsch verwendet – nicht zuletzt zeigen das erste Ergebnisse einer Onlineumfrage beim Deutschen Künstlerbund. „Oft handelt es sich um Halbwissen, das auf medialem Echo basiert.“ Weil aber horrende Summen fließen, Influencer in Sozialen Medien Werbung machen und der Zugang zu diesem Bereich des Kunstmarkts von dem Wissen um NFTs abhängt, sei die Einordnung umso wichtiger.

Technologie statt Kunstwerk

Ein NFT ist kein digitales Kunstwerk, sondern eine Technologie, die auf einer sogenannten Blockchain basiert. Das ist eine öffentliche, dezentrale Datenbank, die aus dem Kontext der Kryptowährungen bekannt ist. Das Besondere bei NFTs ist, dass jeder einzelne Token, also der digitale Vermögenswert, nicht veränderlich ist. Daher auch die Bezeichnung „Non Fungible“, was so viel wie „nicht austauschbar“ bedeutet. Was für die einen nach einem Stück Programmcode klingt, ist für andere ein digitales Echtheitszertifikat – inklusive Hype.

„NFTs erzeugen digitale Knappheit und so werden digitale Kunstwerke erstmals handelbar“, erklärt Stolz. Das digitale Zertifikat und die digitale Datei müsse man sich wie ein Paar Schuhe vorstellen: zwei Einzelteile, die als Paket verkauft werden, im Falle von Beeple fast 70 Millionen Dollar wert. Ein weiterer Beleg für den Hype ist Damian Hirst. Eigentlich ein Künstler des „alten“ Marktes. Zum Verkauf stand die digitale NFT-Serie „The Currency“, die auf älteren Papierdrucken basierte. Die Käufer hatten ein Jahr Zeit, um sich für das digitale Kunstwerk zu entscheiden oder es gegen das jeweilige physische Werk einzutauschen. Das Ergebnis: Hirst verbrannte beinahe die Hälfte seiner Drucke.

Wachsendes Publikum für Digitale Kunst

Was so fulminant startete und Preissteigerungen von bis zu 10.000 Prozent nach sich zog, schlug 2022 radikal um, als die Investmentblase platzte. „Einige haben viel Geld verloren, weshalb viele in der Kunstszene vorsichtig geworden sind“, erzählt der Wirtschaftswissenschaftler. Doch genau das eröffne neue Möglichkeiten. Mittlerweile hätten die Preise sich auf einem gesunden Niveau eingependelt und wer den Markt beobachtet, sieht, dass vor allem junge Männer aus der Tech-Szene zu den neuesten Marktteilnehmenden gehören. Das wachsende Publikum für Digitale Kunst und NFTs hätte der Kunsthandel längst registriert.

Der Kunsthistoriker untersucht nun, ob auch junge Künstler durch die Technologie einen leichteren Zugang zum Markt erhalten könnten. Auch die sogenannte Fraktionalisierung auf der Käuferseite, die auch kleinen Anlegern erlaubt, Anteile an einem teuren digitalen oder physischen Werk zu erwerben, könnte ebenfalls zu neuen Möglichkeiten der Partizipation führen. Twain Stolz: „Bei NFTs wird deshalb oft von der Demokratisierung des Kunstmarktes gesprochen. Und das möchte ich auf den Prüfstand stellen.“ gb

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