Pressemitteilung 57/22 - 17.06.2022

Humboldt-Stipendiat forscht an neuartigen Quantenmagneten

Physikerinnen und Physiker der Universität Augsburg tragen gemeinsam mit Dr. Prashanta Mukharjee zur Grundlagenforschung in der ,Quanteninformationstechnologie‘ bei

Mit einem 2-jährigen Stipendium der Alexander-von-Humboldt-Stiftung forscht der Inder Dr. Prashanta Mukharjee an der Universität Augsburg im Bereich der Quantenmaterialien. Die Ergebnisse seiner Grundlagenforschung könnten in einigen Jahrzehnten zur Entwicklung einer neuen Generation von Quantencomputern beitragen. Neben der Forschung zieht es den Experimentalphysiker auch in die Lehre.

Magnetismus ist eine bemerkenswerte physikalische Erscheinung mit vielen Anwendungen. Schon im antiken Griechenland und alten China nutzten Seefahrer ihn zur Navigation mit Kompassnadeln. Im 19. Jahrhundert erkannten Naturwissenschaftler den Zusammenhang zwischen Magnetismus und elektrischen Strömen. Aber erst mit Entwicklung der Quantenmechanik ab den 1920er Jahren gelang es, magnetische Materialien zu verstehen: der Magnetismus wird durch Bahn- und Spinmomente ungepaarter Elektronen verursacht. Das Verständnis von Ferromagneten, in denen die Momente starr ausgerichtet sind, ermöglichte zahlreiche technische Anwendungen, ohne die unser heutiges Leben undenkbar wäre, wie Elektromotoren, Lautsprecher, Generatoren oder Festplattenspeicher.

© Universität Augsburg

Blickpunkt der aktuellen Forschung: Quantenmagnete

Neuerdings stehen auch sogenannte Quantenmagnete im Blickpunkt der Grundlagenforschung, mit ganz anderen Eigenschaften als klassische Ferromagnete. Diese erforscht auch der Humboldt-Stipendiat Dr. Prashanta Mukharjee in den kommenden zwei Jahren und hat sich als Heimatinstitut das Zentrum für Elektronische Korrelation und Magnetismus der Universität Augsburg ausgesucht. „Ziel seines Projekts ist es, einen verschränkten Quantenzustand zu erzeugen“, erklärt Prof. Dr. Philipp Gegenwart, Leiter des Lehrstuhls für Experimentalphysik VI an der Universität Augsburg. „Das bedeutet, dass die magnetischen Momente selbst bei tiefen Temperaturen nicht mehr fest ausgerichtet sind, wie in einem ,klassischen‘ Magneten, sondern jeweils zwischen verschiedenen Einstellungenwechseln und der Grundzustand eine quantenmechanische Überlagerung aller  verschiedenen Einstellmöglichkeiten aller Momente ist.“

Von der Kristallsynthese zu Messungen bei Millikelvin-Temperaturen

Das Ziel der Forschung sei es, erklärt Gegenwart weiter, solche Quantenverschränkungen in Festkörpern nachzuweisen und anschließend gezielt zu steuern, mit der langfristigen Perspektive neuer Anwendungen in der Quanteninformationstechnologie – vielleicht sogar des Einsatzes in einer neuen Generation von Quantencomputern. Das Forschungsvorhaben des Stipendiaten könne ein Baustein auf diesem Weg sein. Gegenwart sagt: „Dr. Mukharjee arbeitet an der Synthese und Charakterisierung neuer Cobalt-haltiger Verbindungen mit hexagonaler Honigwabenstruktur, in denen Quantenverschränkung theoretisch vorhergesagt wurde.“ An qualitativ hochwertigen Kristallen soll dann nach Anzeichen von Quantenverschränkung geforscht werden. Hierzu sind Experimente bei extrem niedrigen Temperaturen unterhalb -272 °C, also im Bereich von nur einem Kelvin oberhalb des absoluten Nullpunkts erforderlich. Eine besonders wichtige Messmethode ist hierbei die Kernspinresonanz, abgekürzt NMR (nach ‚nuclear magnetic resonsance‘).

NMR-Messmethode macht Augsburg  zum attraktiven Forschungsstandort

Schon während seiner Promotion an der Forschungsuniversität „Indian Institute of Science Education and Research“ (IISER) hat sich Dr. Mukharjee mit der Herstellung und Untersuchung neuer Quantenmagnete beschäftigt. Bei einem Aufenthalt am Max-Planck-Institut CPFS in Dresden hat er dann die Methode der NMR kennengelernt. „Dies kommt ihm für sein anspruchsvolles Forschungsprojekt zugute“, sagt Gegenwart. „Untersuchungen mit der Millikelvin-NMR sind in Deutschland nur in Augsburg möglich, was ein wichtiges Argument für die Standortwahl des Kandidaten war.“

Mit dem Humboldt-Forschungsstipendium für Postdocs werden überdurchschnittlich qualifizierte Wissenschaftler*innen aus dem Ausland ausgezeichnet, die am Anfang ihrer wissenschaftlichen Laufbahn stehen. Abhängig von Interessensschwerpunkt und Forschungsvorhaben wählen die Geförderten eine wissenschaftliche Einrichtung in Deutschland selbst aus. Als Humboldt-Stipendiat ist Dr. Mukharjee nicht verpflichtet, sich in der Lehre zu engagieren. Nichtsdestotrotz betreut er Laborpraktika und hat bereits eine Master-Projektarbeit in sein Forschungsvorhaben eingebunden. Er sagt dazu: „Ich denke, dass ich durch mein Engagement nicht nur meine soziale Kompetenz ausbauen kann, sondern dazu beitragen kann, die Kluft zwischen der reinen Forschung einerseits und dem Hochschulbetrieb andererseits zu überbrücken.“

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