Forschungsprojekte

Die Forschung am neu gegründeten Lehrstuhl für Mikrobiologie befaßt sich schwerpunktmäßig mit infektionsimmunologischen Fragestellungen bei krankenhausrelevanten respiratorischen Infektionen.

 

Aktuell beschäftigt sich unsere Forschungsgruppe mit der Rolle von Herpes Simplex Virus -1/2 (HSV­‑1/2) Reaktivierungen bei beatmungsassoziierten Pneumonien, welche zu den häufigsten Komplikationen auf der Intensivstation gehören.

 

HSV ist in der Lunge von intubierten und beatmeten Intensivpatienten häufig detektierbar. Der eigenständige Krankheitswert der HSV-Reaktivierung und -Replikation im Respirationstrakt, sowie der damit verbundene Behandlungsbedarf bei Patienten mit beatmungsassoziierter Pneumonie ist im Einzelfall aber unklar. In vielen Fällen repräsentiert der Befund einer HSV-Replikation bei diesen Patienten eine asymptomatische Reaktivierung des Virus, möglicherweise in Folge einer schwerwiegenderen zugrundeliegenden Erkrankung. Unsere Arbeitsgruppe konnte jedoch zeigen, daß bei sorgfältiger Auswahl und Stratifizierung ein Teil der Patienten von einer antiviralen Therapie profitiert: bei fehlendem Ansprechen auf eine adäquate antibiotische Therapie konnte bei Patienten mit hoher respiratorischer HSV-Last ein Behandlungserfolg nachgewiesen werden. Dies traf auf Patienten mit einer niedrigen Viruslast nicht zu.

 

In einem nächsten Schritt möchten wir nun die Pathogenese dieser HSV-bedingten Pneumonien bei beatmeten Intensivpatienten besser verstehen und folgende Fragen beantworten:

  • Wie wirkt sich die invasive mechanische Beatmung auf das lokale Immunsystem der Lunge aus und welche Faktoren begünstigen die Reaktivierung einer latenten HSV-Infektion und/oder anschließende pulmonale Replikation?
  • Warum führt die Reaktivierung von HSV bei einem Teil der invasiv beatmeten Patienten zu einer behandlungsbedürftigen Pneumonie, während ein anderer Teil nur eine niedrige Viruslast ohne klinische Relevanz aufweist?
  • Welche Rolle spielen dabei intraindividuelle Unterschiede in der Immunantwort und welche Rolle etwaige Unterschiede zwischen verschiedenen Virusvarianten?
  • Können wir diagnostische Marker identifizieren, die eine gezieltere Therapie dieser besonders vulnerablen Patienten ermöglichen?

Um diese Fragen beantworten zu können, führen wir umfangreiche immunologische Untersuchungen der Patienten durch. In enger Zusammenarbeit mit den Intensivstationen des Universitätsklinikums untersuchen wir die lokale und die systemische Immunantwort auf eine HSV-Reaktivierung.

 

Des weiteren wirken wir derzeit auch an interdisziplinären Projekten zu SARS-CoV-2 mit. Langfristig möchten wir die etablierten Methoden und Strukturen nutzen und auf weitere respiratorische Infektionen ausweiten, um so zu einem verbesserten ganzheitlichen Verständnis der Infektionsimmunologie der Lunge beizutragen.

 

Bei all unseren Untersuchungen steht der Patient stets im Mittelpunkt. Daher werden alle experimentell gewonnenen Daten mit den verfügbaren klinischen und labordiagnostischen Daten integriert, wobei uns unsere Ansiedlung am Institut für Labormedizin und Mikrobiologie zugute kommt. Folgende Aspekte werden derzeit untersucht:

 

In diesem Teilprojekt untersuchen wir mittels Mehrfarben-Durchflußzytometrie das zelluläre Infiltrat in der Lunge bei intubierten und mechanisch beatmeten Patienten mit HSV-Reaktivierungen und bei Kontrollen. In routinemäßig abgenommenen Trachealsekreten werden in 5 unterschiedlichen Panels derzeit 64 immunologisch relevante zelluläre (sub-)Populationen (B-Zellen, T-Zellen, antigenpräsentierende Zellen, NK-Zellen, Granulozyten) untersucht. Abb. 1 zeigt exemplarisch zwei Panel: Ein sog. Lineage-Panel, in dem die wichtigsten Zellpopulationen des adaptiven und des angeborenen Immunsystems untersucht werden, und ein T-Tell-Panel zur Analyse verschiedener T-Zell-Subpopulationen.

 

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© Universität Augsburg

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© Universität Augsburg

Abb. 1: Analyse der pulmonalen Immunantwort auf eine HSV-Reaktivierung.

A): Lineage-Panel mit Darstellung verschiedener Populationen des adaptiven und des angeborenen Immunsystems.

B): T-Zell-Panel mit Darstellung verschiedener, insbes. CD4+ T-Zell-Subpopulation.

In peripherem Blut von beatmeten Intensivpatienten mit HSV-Reaktivierung bzw. von Kontrollen werden durch Zugabe von HSV-Antigenen HSV-spezifische T-Zellen aktiviert und können ebenfalls mittels Durchflußzytometrie charakterisiert werden. Insgesamt werden derzeit 18 Subpopulationen HSV-spezifischer T-Zellen untersucht. Abb. 2 zeigt ein Beispiel.

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© Universität Augsburg

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© Universität Augsburg

Abb. 2: Charakterisierung HSV-spezifischer T-Zell-Subpopulationen aus peripherem Blut.

A): Ablauf. T-Zellen werden im Vollblut mittels Antigen (Viruslysat) und costimulatorischen Molekülen stimuliert; nach Exozytosehemmung können aktivierte, HSV-spezifische T-Zellen (CD154+, IFN-gamma+) durchflußzytometrisch nachgewiesen werden.

B): Nachweis von T-Zell-Subpopulationen im peripheren Blut. Während in der gesamten CD4-pos. T-Zell Population Effektor-, zentrale Gedächtnis- und Gedächtnis-Effektorzellen nachgewiesen werden können, besteht die HSV-spezifische Fraktion nur aus Zentralen und Effektor-Gedächtniszellen.

Neben der zellulären Immunantwort wird in einem weiteren Teilprojekt auch die pulmonale Zytokinantwort bei einer HSV-Reaktivierung untersucht. Aus asservierten Trachealsekreten werden mittels beadbasierter, durchflußzytometrischer Multiplexmessung mehrere Zytokine und Chemokine gemessen und mit dem klinischen Verlauf korreliert.

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© Universität Augsburg

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© Universität Augsburg

Abb. 3:

A): Multiplex-Zytokinmessung in Trachealsekreten mittels LegendPlex.

B): Darstellung interindividueller Unterschiede bei 4 Patienten.

Alle bisher dargestellten Teilprojekte gehen von der Hypothese aus, daß der HSV-Reaktivierung eine lokale oder systemische Immunsuppression des Patienten zugrunde liegt. Ob dies der einzige Grund dafür ist, daß bei manchen Patienten eine pulmonale Pathologie vorliegt, ist jedoch nicht klar – genauso ist es denkbar, daß unterschiedliche Virusstämme mit unterschiedlicher Virulenz mit verantwortlich sind. Ein weiteres Projekt beschäftigt sich daher mit der Anzucht und Isolation klinischer HSV-Isolate mit dem Ziel, Unterschiede zwischen verschiedenen Isolaten zu identifizieren. Sowohl die Gesamtgenomsequenzierung als auch eine umfassende in vitro Charakterisierung der viralen Fitness und Wirts-Pathogen-Interaktionen sollen Aufschluß über den Zusammenhang etwaiger HSV-Varianten und dem klinischen Erscheinungsbild geben.

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© Universität Augsburg

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© Universität Augsburg

Abb. 4: Isolation und Anzucht von klinischen HSV-Isolaten.

A): HSV-positive Trachealsekrete werden auf Monolayer-Zellkulturen (links) aufgebracht. Nach ca. 2 Tagen zeigt sich der typische zytopathologische Effekt, der auf eine aktive Infektion und HSV-Replikation hinweist (rechts).

B): Nachweis von HSV (grün) in infizierten Zellkulturen mittels indirekter Immunfluoreszenz. Zellkerne sind mit 7AAD (rot) gegengefärbt.

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