Versorgungsforschung und Clinical Decision Support

In den komplexen Strukturen des modernen Gesundheitswesens treffen Grundlagenforschung, moderne Technologien, sowie soziale und ökonomische Aspekte aufeinander. Dies erfordert eine ständige Auseinandersetzung mit aktuellen Abläufen im klinischen Alltag und den technischen Möglichkeiten, um Patienten bestmöglich versorgen zu können. Clinical Decision Support-Anwendungen vereinfachen hierbei den Entscheidungsprozess für oder gegen eine Untersuchung bzw. Medikation.

 

 

MIDAS (Medical Imaging Decision and Support) Studie,
gefördert durch den Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss

 

Die zentrale Fragestellung der MIDAS Studie ist, ob es durch die Implementation eines Clinical Decision Support Systems (CDSS) zu einer Reduktion von inadäquaten radiologischen Anforderungen kommt. Diese entstehen vor allen durch Untersuchungen, die nicht den aktuellen medizinischen Leitlinien entsprechen. Die Gründe dafür sind sehr vielfältig: Erwartungshaltungen der Patienten, Unwissenheit oder Unsicherheit des Arztes über die konkreten Leitlinien, der Wunsch nach medikolegaler Absicherung, die aktuellen Vergütungsstrukturen im Gesundheitssystem oder Doppeluntersuchungen durch Fehlkommunikation. Das CDSS gleicht die Anforderung für eine radiologische Untersuchung mit den Leitlinien ab und meldet dem Arzt direkt zurück, ob die gewählte bildgebende Untersuchung entsprechend der Verdachtsdiagnose des Patienten angemessen und sinnvoll ist. Die MIDAS-Studie untersucht an vier Universitätsklinika in Deutschland wie sich die Verwendung eines CDSS auf den Anteil nicht-leitlinienkonformer radiologische Anforderungen und damit die Qualität der Diagnostik auswirkt. Zusätzlich können unter anderem auch die Entwicklung der entstandenen Kosten und die Strahlenexposition von Patienten analysiert werden. Initiator und Konsortialführer der Studie ist Prof. Dr. Thomas Kröncke.

 

Kontakt: claudia.wollny@uk-augsburg.de


Konsortialpartner:
Prof. Dr. Olav Jansen (Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel),
Prof. Dr. Jörg Barkhausen (Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck),
Prof. Dr. Peter Mildenberger (Universitätsmedizin Mainz),
Prof. Myriam Hunink, MD, PhD (Erasmus University Medical Center Rotterdam)

 

 

Interventionelle Onkologie

Neben der klassischen Rolle der Diagnostik von Tumoren übernehmen Radiologen in der Interventionellen Onkologie auch Teile der Krebstherapie. Dabei werden minimal-invasive Techniken bildgesteuert angewendet. Diese zeichnen sich vor allen durch punktgenaue, lokale Behandlung und geringe Nebenwirkungen aus. In diesem vergleichsweise jungen Gebiet der Medizin interessieren uns unterschiedliche wissenschaftliche Fragestellungen.

 

 

KryoNCC-Pilotstudie: Änderungen des zellulären Immunstatus im peripheren Blut nach einer Tumorentfernung mittels Kryoablation oder Operation bei Patienten mit Nierenzell-Karzinom im Frühstadium


Nierenzellkarzinome zeichnen sich durch eine besonders hohe Immunogenität aus. Bei einem verhältnismäßig großen Anteil der Patienten kommt es zu einer spontanen Remission oder Tumorregression.  Bei Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom kann dies gezielt genutzt werden: Zytokingabe hat einen wachstumshemmenden Effekt und kann zur Remission führen. Interessanter Weise konnte beobachtet werden, dass nach Bestrahlung und Thermoablation einzelner Tumore auch weiter entfernte Tumorherde zurückgehen. Dieser „Abscopal Effect“ scheint auf eine Stimulation des Immunsystems zurück zu gehen. Veränderungen des Immunsystems auf zellulärer Ebene sind nach Radiofrequenzablation bereits beschrieben. Für die Kryoablation fehlen entsprechende Daten aber noch.
Hier setzt die KryoNCC-Pilotstudie an. Im Rahmen der Studie wird der zelluläre Immunstatus im Blut von Patienten vor und nach einer Kryoablation bestimmt. Zusätzlich wird untersucht, ob eventuelle Veränderungen auch bei Patienten zu beobachten sind, bei denen ein Tumor operativ entfernt wurde.

 

Die KryoNCC-Pilotstudie ist ein Projekt der Interdisziplinären Onkologischen Forschergruppe am ICCA.

Folgende Kliniken und Institute des Universitätsklinikum Augsburg sind beteiligt:


II. Medizinische Klinik (PD Dr. Andreas Rank, Dr. Johanna Waidhauser, Anna-Katharina Gantner, PD Dr. Rainer Claus, Prof. Dr. Martin Trepel)
Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Neuroradiologie (Prof. Dr. Thomas Kröncke, Dr. Katharina Rippel)
Institut für Pathologie und Molekulare Diagnostik (Dr. Sebastian Dintner, Prof. Dr. Bruno Märkl)
Urologische Klinik (PD Dr. Julie Steinestel, Paola Schifano, Prof. Dr.  Dorothea Weckermann)

 

Kontakt: claudia.wollny@uk-augsburg.de

 

Literatur:

Slovak, R, Ludwig JM, Gettinger SM, et al., Immuno-thermal ablations - boosting the anticancer immune response. J Immunother Cancer. 2017; 5(1):78

Takaki, H, Imai N, Thomas CT, et al., Changes in peripheral blood T-cell balance after percutaneous tumor ablation. Minim Invasive Ther Allied Technol. 2017; 26(6):331-337

 

Vaskuläre Interventionen

Neben der interventionellen Onkologie und Tumortherapie gibt es eine Reihe von Pathologien, bei denen bildgesteuerte endovaskuläre Interventionen in der Versorgung bereits eine entscheidende Rolle spielen oder zukünftig spielen könnten. Dies erfolgt unter Einbezug der in der Regel vorgeschalteten bildgebenden Diagnostik und des klinischen Verlaufs. Im Schwerpunkt Vaskuläre Interventionen werden unterschiedliche Projekte in diesem Themenbereich wissenschaftlich begleitet, die hier kurz vorgestellt werden. Darüber hinaus befinden sich Projekte zu den Themen lymphatische Interventionen und pädiatrische Interventionen im Aufbau.

 

Kontakt: Christian.Scheurig@uk-augsburg.de

 

 

Notfallinterventionen

 

Das Feld der Notfallinterventionen ist weitläufig. Es dreht sich grob um akute Blutungen oder Gefäßverschlüsse. Erstere können beispielweise nach Traumata, spontan, iatrogen nach Punktionen oder Operationen sowie als Komplikationen vorangegangener oder fortbestehender Grunderkrankungen auftreten. Um die Frage einer simplen technischen Umsetzung der interventionellen Therapie gruppieren sich dabei eine Reihe wichtiger Fragen. So ist die genaue Indikationsstellung für viele Therapieentscheidungen noch nicht abschließend geklärt, zum Beispiel ab welchem Schweregrad einer traumatischen oder nicht-traumatischen Milzruptur eine Embolisation umgehend erfolgen sollte oder welchen Stellenwert Embolisationen bei Spontanrupturen im Rahmen hämatologischer Erkrankungen haben. Entscheidend ist schließlich auch immer der klinische Verlauf einer interventionellen Therapie und die Abwägung des klinischen und ökonomischen Nutzens. Für letzteren spielen auch Analysen zur Optimierung des Workflows eine Rolle. Aktuell befassen wir uns detailliert mit der Diagnostik und Therapie traumatischer und atraumatischer Milzrupturen, der akuten Interkostalarterienblutung, der spontanen Iliopsoasblutung, der Interventionen bei Makrohämaturie sowie mit der interventionellen Rezidivprophylaxe duodenaler Ulkusblutungen (letzteres in enger Kooperation mit der Klinik für Gastroenterologie).

 

 

periphere arterielle Verschlusskrankheit

 

Die Versorgung von Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (PAVK) hat sich über die letzten Jahre enorm verändert und befindet sich auch weiterhin in einem Wandlungsprozess. Dies ist durch die Änderung des Patientenguts selbst bedingt, mit Zunahme von Alter und Komorbiditäten, aber auch durch die Verbesserung der zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten. In Kooperation mit dem Statistischen Bundesamt wird derzeit in einem Pilotprojekt die Versorgungssituation von Patienten mit therapierelevanter PAVK der letzten Jahre detailliert analysiert und Trends in Diagnostik und Therapie herausgearbeitet. Über diese theoretische Auseinandersetzung hinaus beschäftigen wir uns mit der Bewertung verschiedener technischer Hilfsmittel im Rahmen revaskularisierender Interventionen wie zum Beispiel von Re-Entry-Kathetern oder der 2D Perfusionsangiografie zur Dokumentation des therapeutischen Endpunktes bei Patienten mit PAVK Fontaine IV.

 

 

prähepatischer portalvenöser Hypertonus

 

Im Gegensatz zum intrahepatischen portalvenösen Hypertonus im Rahmen der Leberzirrhose sind die Ursachen und Folgen für einen prähepatischen Hypertonus mit im schlimmsten Fall konsekutiven ektopen Varizenblutungen sehr vielfältig.  Die Therapieansätze sind dementsprechend hoch individuell. In Kooperation mit der Klinik für Gastroenterologie setzen wir uns wissenschaftlich mit der Indikation und technischen Durchführung endoskopischer und interventioneller Verfahren auseinander mit dem Ziel einer langfristigen Symptomkontrolle beziehungsweise effizienten Rezidivprophylaxe einer ektopen Varizenblutung. Die fundierte Ableitung aller möglichen Behandlungsstrategien unter Ausschöpfung auch anspruchsvoller interventioneller Therapieoptionen ist die gestellte Aufgabe dieses Projektes.

 

Population Based Imaging

NAKO Gesundheitsstudie

 

Die NAKO (Nationale Kohorte) Gesundheitsstudie gilt mit über 200.000 Teilnehmenden als größte bundesweite Langzeit-Bevölkerungsstudie. Sie wird als multizentrische Studie deutschlandweit in 18 Studienzentren durchgeführt. Das größte NAKO-Studienzentraum befindet sich am Universitätsklinikum Augsburg in den Räumen der früheren Kinderklinik. Im Zeitraum 2014-2019 wurden hier mehr als 20.000 Teilnehmer*Innen im Rahmen einer sogenannten Baseline-Untersuchung untersucht. Seit 2019 werden alle Teilnehmer*Innen der Baseline-Untersuchung sukzessive zu einer Zweit-Untersuchung eingeladen.
Die zentralen Fragen der NAKO lauten: Warum wird der eine krank, ein anderer aber bleibt gesund? Welche Faktoren spielen dabei eine Rolle? Ist es die Umwelt, das soziale Umfeld oder die Situation am Arbeitsplatz? Ist es die Ernährung? Sind es die Gene? Eine Mischung von allem?
Auch wenn bereits einiges erforscht werden konnte, sind noch viele Fragen offen und die genauen Zusammenhänge sind weiterhin unbekannt.
Ziel ist es, die Entstehung von Volkskrankheiten - wie beispielsweise Krebs, Diabetes mellitus und Herz-Kreislauf-Erkrankungen - besser zu verstehen und Risikofaktoren zu erfassen, um so Früherkennung, Diagnose und Therapie zu verbessern.
Um dies zu erreichen, wurden deutschlandweit in den 18 Studienzentren über 200.000 zufällig ausgewählte Bürger*Innen im Alter von 20-69 Jahren umfassend medizinisch untersucht. Das Spektrum der Untersuchungen reicht dabei u.a. von Körpervermessungen, Blutdruckmessung bis hin zur Echokardiografie und Blutuntersuchungen. Weiterhin werden die Teilnehmenden nach ihren Lebensgewohnheiten befragt (z.B. körperliche Aktivität, Rauchen, Ernährung). Zudem bestand für 30.000 Studienteilnehmer*Innen bundesweit (davon 6.000 Probanden am Standort Augsburg) die Möglichkeit zusätzlich an einer umfassenden Ganzkörper MRT-Untersuchung teilzunehmen.
Die NAKO wird von dem Verein NAKO e.V. durchgeführt und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, der Helmholtz-Gemeinschaft und den beteiligten Ländern finanziert.

 

Mehr Infos: www.nako.de

 

Kontakt: nako@uk-augsburg.de

 

 

Teilprojekt der NAKO Gesundheitsstudie: Untersuchung der Körperfett-/muskelzusammensetzung (Body composition) zur Vorhersage und Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus und Tumoren

 

Die in der NAKO Gesundheitsstudie erhobenen Daten werden von den teilnehmenden Forschungseinrichtungen hinsichtlich spezieller Fragestellungen untersucht. Der Lehrstuhl für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Universitätsklinikums Augsburg wird in einer Kooperation mit dem Institut für Epidemiologie des Helmholtz Zentrums München den Zusammenhang zwischen Körperzusammensetzung und dem Auftreten von Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Tumorerkrankungen untersuchen.
Die Körperzusammensetzung (Body composition), insbesondere die Verteilung des Körperfettes, spielt eine wichtige Rolle in der Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mellitus.
1. Durch eine in der NAKO durchgeführte Ganzkörper MRT-Untersuchung ist es möglich, die Body composition und die Verteilung der Fett- und Muskelmasse quantitativ zu erfassen.

2. Mithilfe einer computerbasierten Auswertung / Segmentierung werden die Körperfettanteile in den bestimmten Regionen (viszeral, subkutan, perikardial) quantifiziert und mit den im Rahmen der NAKO erhobenen klinischen Daten korreliert.  
Ziel unserer Studie ist es, mithilfe der Körperzusammensetzung und der Verteilung der Fett- und Muskelmasse Risikofaktoren für das Entstehen o.g. Krankheiten herauszufinden, um die Erkrankungen somit frühzeitig erkennen und auch behandeln zu können.

 

Kontakt: Thomas.Kroencke@uk-augsburg.de, Stefanie.Bette@uk-augsburg.de

 

Literatur:
Gijs H Goossens, The Metabolic Phenotype in Obesity: Fat Mass, Body Fat Distribution, and Adipose Tissue Function, Obes Facts 2017;10(3):207-215

Borga M et al., Advanced Body Composition Assessment: From Body Mass Index to Body Composition Profiling, J Investig Med 2018 Jun;66(5):1-9

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