Roundtable: „Ego oder Öko? Narzissmus und die ökologische Krise“, 7.-8. 2. 2025, Universität Augsburg

Einige Teilnehmende übten sich gleich am Uni-See in bereichernder Naturbegegnung. Von links nach rechts: Voigt, Krings, Friedrich, Hornung, Rathmann, Naurath, Simons, Schmidt-Dietrich.

2024 erschien in der Reclam-Reihe „Was bedeutet das alles?“ ein Band, gemeinsam verfasst von drei Mitglieder des Augsburger Instituts für Philosophie: „Ego oder Öko? Narzissmus und die ökologische Krise“. Aus interdisziplinären Perspektiven (Dr. Marion Friedrich: Philosophie und Psychologie; PD Dr. Joachim Rathmann: Geographie; Prof. Dr. Uwe Voigt: Philosophie) ging es dabei um Narzissmus in einem engeren, psychopathologischen Sinn und die Frage, wie er von einer verarmten Umwelt hervorgerufen werden kann, seinerseits zum weiteren ökologischen Ruin beiträgt, sich aber auch dank entsprechender Anreize in aktiven Umweltschutz einbinden lässt.

Um daran anzuknüpfen und weiterführende Forschungsperspektiven zu erschließen, veranstaltete Rathmann am 7. und 8. 2. 2025 gefördert vom Zentrum für Interdisziplinäre Gesundheitsforschung (ZIG) logistisch unterstützt vom Lehrstuhl für Philosophie mit Schwerpunkt analytische Philosophie und Wissenschaftstheorie (studentische Hilfskraft: Etienne Dame) einen jener Studie gleichnamigen disziplinenübergreifenden und internationalen Roundtable.

An ihm beteiligten sich neben Friedrich, Rathmann und Voigt der Psychologe Prof. Dr. Alexander Batthyány (Wien), der Psychologe Prof. Dr. Severin Hornung (Innsbruck), die Soziologin Dr. Bettina-Johanna Krings (Karlsruhe), die evangelische Theologin Prof. Dr. Elisabeth Naurath (Augsburg), der Ökonom Prof. Dr. Michael Paul (Augsburg), die Pädagogin Prof. Dr. Claudia Schmidt-Dietrich (Mannheim) und die Ökologin Jun.-Prof. Dr. Nadja Simons (Würzburg).

In der regen Diskussion kristallisierte sich bald als Konsens heraus, sich nicht auf Narzissmus als Persönlichkeitsstörung zu konzentrieren, sondern vielmehr auf narzisstisches Verhalten im Sinn einer rücksichtslosen Verabsolutierung des je eigenen Standpunkts auf unterschiedlichen Ebenen vom Einzelnen bis zu globalen Akteuren. Dieses Phänomen solle nicht dem Individuum allein zugeschrieben werden, sondern lasse sich als Ergebnis gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklungen betrachten. Diese Entwicklungen brächten zugleich auch gegenläufige Tendenzen hervor, was auch und gerade den rapiden Fortschritt der Digitalisierung als eine ambivalente Verstärkung beider Richtungen erscheinen lasse. In dieser Situation könne es weiterführen, sich auf vorgängige Versuche beispielsweise aus der religiösen Tradition und der Lebensreform zu besinnen, narzisstisches Verhalten einzufrieden, aber auch danach zu fragen, was den Erfolg dieser Ansätze beschränkt habe.

Als spezifische Themenbereiche der angestrebten weiteren Zusammenarbeit ergaben sich: Gründe und Strukturen narzisstischen Verhaltens sowie, als dessen Gegenpole im Hinblick auf die überfällige ökologische Transformation, sinnerfüllter, da beziehungsstiftender Umgang mit Künstlicher Intelligenz und bereichernde Begegnung mit der natürlichen Umwelt. Dabei solle die interdisziplinäre Kooperation sich als Gegenmodell zu selbstsüchtiger Isolation konzipieren und reflektieren.

Die Planung einer internen Seminarreihe, die zu einem gemeinsamen Drittmittelprojekt führen soll, rundeten die von allen Teilnehmenden als äußerst ertragreich bewertete Veranstaltung ab.

Ein Bericht von Uwe Voigt.

 

CC BY-NC-ND

 

 

 

 

Ein Bericht von Ding, B., Nakajima, T., Yawata, S.

 

Um die heutige Umweltkrise, die als Anthropozän bekannt ist, anzugehen, wurde 2023 die Forschungsgruppe „Umweltästhetik“ durch eine Zusammenarbeit von nordamerikanischen, europäischen und japanischen Forschern gegründet. Eine Arbeitsgruppe für Umweltästhetik (WGEA) hat eine internationale Gemeinschaftsstudie mit dem Titel „European and Asian Environmental Aesthetics: A Critical Comparison“ gestartet. Ziel dieses dritten internationalen Treffens der WGEA war es, die Bedeutung der Ästhetik für das Verständnis der Umweltkrise grundlegend zu überdenken. Dabei wurde auf den Ergebnissen früherer, vor allem in der westlichen Welt durchgeführter Forschungen aufgebaut und der Schwerpunkt auf die einzigartige ästhetische Rolle Asiens und das Potenzial der Umweltästhetik gelegt. Ziel des Projekts war es.

 

Der erste Tag der Konferenz (23. April) fand an der Graduate School of Humanities and Sociology der Universität Tokio statt und wurde mit Eröffnungsworten der WGEA-Kernmitglieder Sean McGrath (MUN) und Uwe Voigt (Uni Augsburg) eröffnet. Ein Forum junger Wissenschaftler über den Philosophen F. W. J. Schelling (1775-1854), einen möglichen Anknüpfungspunkt zwischen moderner westlicher Naturauffassung und Landschaftstheorie und orientalischer Ästhetik, wurde mit den Referenten Arata Nakajima (Universität Bonn) und Tokujin Nakamura (Universität Mie) abgehalten.

 

Russell J. Duvernoy (King's Univ. College) gab anschließend einen Überblick über die Ästhetik in Ost und West, mit dem Schlüsselwort „ästhetische Erfahrung“, und stellte wichtige Konzepte wie „Betweenness“ vor, die für diese Konferenz von grundlegender Bedeutung sein werden. Lorenzo Marinucci (Tohoku Universität) schlug in seiner Grundsatzrede einen ästhetischen Ansatz vor, der sich auf den Geruchssinn konzentriert, der üblicherweise als ein niederer Sinn betrachtet wird. 

 

Am 24. Januar (in der Japan Academy) erörterte WGEA-Kernmitglied Tanehisa Odabe (Open University of Japan) das zentrale Konzept des „Ki“ in der östlichen Ästhetik aus japanischer Sicht, während Uwe Voigt (Uni Augsburg) die Umweltzerstörung aus der Perspektive der „sensorischen Lähmung“ diskutierte. Der Zen-Gelehrte Jason Wirth (Univ. Seattle) diskutierte die Bedeutung des Zen im Anthropozän, während Ding B. (Univ. Hokkaido) östliche und westliche Sichtweisen auf die Natur verglich und sich dabei auf Goethe und Zong Baihua konzentrierte. Aota Mami (Sophia University), eine junge Pionierin auf dem Gebiet der Umweltästhetik in Japan, konzentrierte sich auf „Ikebana“ und hielt eine Grundsatzrede über dessen theoretische Entwicklung und ästhetische Implikationen.

 

Am 25. Januar (in der Japan-Akademie) sprach Leila Michelle Vaziri (Uni Konstanz) über die verhandelte Beziehung zwischen Ästhetik, Ökologie und Ethik und konzentrierte sich dabei auf das Thema „Pflege“, wobei sie die Poesie des 20. Jahrhunderts als Thema verwendete.

 

In den beiden folgenden Hauptvorträgen erörterte Tatsuya Higaki (Senshu-Universität) eine ökologische Sicht der Geschichte mit Schwerpunkt auf Wataru Hiromatsu, während Nobutome Notomi (Universität Tokio) das japanische Projekt „Geschichte der Weltphilosophie“ vorstellte und eine umfassende Betrachtung der Stellung der Schönheit im Schema von „Wahrheit, Güte und Schönheit“ in Platons Denken anstellte. Das Projekt wurde auch von Philipp Höfefe aus Deutschland vorgestellt. Philipp Höfele (Universität Freiburg) aus Deutschland nahm online teil und untersuchte die ethischen Aspekte des konventionellen ästhetischen Rahmens unter dem Thema „Nachahmung der Natur“.

 

 

CC BY-NC-ND

Die Konferenz fand am 26. und 27. August am Institut für Orientalische Kulturstudien der Universität Tokio statt, wobei das Forum II mit jungen Wissenschaftlern am Vormittag des 26. August stattfand. Dr. Anh-Thu Nguyen (Ritsumeikan-Universität) sprach zunächst über virtuelle Touren in Videospielen, die in den letzten Jahren eine bemerkenswerte technologische Entwicklung durchlaufen haben, und analysierte, wie Spieler die Welt als virtuelle Touristen erleben. Hu Sheng (Universität Nagoya) untersuchte anschließend, wie die Schlachtfelder Chinas in verschiedenen Medien, insbesondere in Fotografien, dargestellt werden, und gab konkrete Beispiele für die Darstellung der Schlachtfelder. In der Nachmittagssitzung stellte Joachim Rathmann (Uni Würzburg) die Frage, ob die Ehrfurcht vor der Natur und dem Transzendenten im digitalen Zeitalter verloren gegangen ist, und berichtete anschaulich über die Entwicklung des Konzepts der Ehrfurcht vor der Natur von der Neuzeit bis zur Gegenwart. Anschließend untersuchte Sakura Yahata (Hitotsubashi University) am Beispiel der Echigo-Tsumari Art Triennale, die in der Region Echigo-Tsumari in der Präfektur Niigata stattfand, wie Menschen durch Kunst wieder mit der Natur in Verbindung gebracht werden können, und analysierte Beispiele von Kunstwerken. Nach der Nachmittagspause gratulierte Takahiro Nakajima (Universität Tokio), Direktor des Instituts für Orientalische Kultur, der Konferenz zu ihrem Erfolg.

 

In der letzten Sitzung untersuchte Laura Fumagalli (Uni Augsburg) verschiedene Konzepte der negativen Ästhetik und die Rolle, die sie in der Frage der natürlichen Umwelt spielt. Schließlich sprach die Künstlerin Stefanie Voigt (HEX Hochschule) über das Interesse der japanischen Kultur an Tieren, wobei sie sich auf die ema (Votivtafel) in der japanischen Kultur konzentrierte und von ihr geschaffene Gemälde präsentierte.

 

Am 27. September berichtete Barry Stephenson (MUN) zunächst über die Beziehung zwischen Natur und Religion und stellte Gary Schneiders Gedicht über Ökologie vor. Danach gab Tomoki Sakata (Uni Bamberg) eine phänomenologische Analyse darüber, wie die Natur für eine bessere Umwelt kontrolliert werden kann, wobei er sich auf die Argumente verschiedener Philosophen stützte und konkrete Beispiele wie Gartenhecken anführte; Georg Gasser (Uni Augsburg) berichtete, dass die Entdeckung des Wunders im Zentrum der ästhetischen Naturerfahrung steht, wobei er der Frage nachging, wie die verschiedenen in der Natur vorkommenden Wunder in früheren ästhetischen Theorien erklärt worden sind. Den Abschluss der Konferenz bildete Sean McGrath (MUN), der unter Verweis auf Junichiro Tanizakis In-ei Raisan (Lob des Schattens und der Dunkelheit) darauf hinwies, dass das Lob des Schattens und der Dunkelheit auch in der deutschen Romantik Widerhall findet, und die Möglichkeit einer weiteren Diskussion über die Gemeinsamkeiten zwischen östlichen und westlichen ästhetischen Diskussionen anregte.

 

Am Morgen des 28., dem letzten Tag des Treffens, diskutierten die Mitglieder über die zukünftigen Pläne und die Ausrichtung der WGEA-Zusammenarbeit. Der Vorsitzende, Herr McGrath, fasste die verschiedenen Meinungen der Mitglieder zusammen und bestätigte, dass die WGEA die bisherige Forschung im Bereich der Umweltästhetik weiter fördern wird, indem sie auch in Zukunft Online- und persönliche Treffen miteinander verbindet. Eine Exkursion zum Berg Takao am Nachmittag ermöglichte es den Teilnehmern, sich aus erster Hand ein Bild von der japanischen Landschaft zu machen, die Natur und Kultur miteinander verbindet.

 

Während der Konferenz in Tokio konnten wir durch den Forschungsaustausch mit verschiedenen japanischen Forschern weitere Entwicklungen in der umweltästhetischen Forschung aufzeigen. Während der gesamten Konferenz führten die Teilnehmer nicht nur in den Fragerunden, sondern auch in den Kaffee- und Sitzungspausen lebhafte Diskussionen. Auf dieser Konferenz bestätigten alle Teilnehmer, dass es wichtig ist, die Forschungsaktivitäten im Hinblick auf eine Ästhetik, die im Körper, in der Kultur und im Leben verwurzelt ist, sowie aus einer globalen Perspektive, wie der globalen Umwelt und Umweltfragen, weiter zu fördern. Zum Abschluss der Konferenz verpflichteten sich die Mitglieder der Forschungskooperation, die gemeinsamen Forschungsaktivitäten zur Umweltästhetik in Zusammenarbeit mit verschiedenen Forschern fortzusetzen, um die Forschung des jeweils anderen zu fördern.

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