Pressemitteilung: Des Präsidiums des Studentischen Konvents bezüglich des Antrags „Gloryholes im Hörsaalzentrum“

Der Arbeitsgang des Studentischen Konvents

Der Studentische Konvent ist nach Art. 27 Abs. 2 BayHIG das beschlussfassende Organ, welches an allen bayerischen Universitäten und Hochschulen existiert. Zu unterscheiden ist dieser vom Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA), der an der Universität Augsburg das ausführende Organ der Studierendenvertretung darstellt.

Am 23.10.2023 wurde der zur Legislatur 2023/24 des Studentischen Konvents neu eingeführte Newsletter des Studentischen Konvents erstmals versendet. Von Seiten der Studierendenschaft besteht ein berechtigtes Interesse, sich über die Arbeit der Studierendenvertretung, in unserem Fall der Arbeit des Studentischen Konvents, zu informieren (siehe hierzu den  Beschluss des Ältestenrats vom 25.10.2020). Hierzu gehört es, den Studierenden vor der Sitzung die Themen der anstehenden Sitzung mitzuteilen. Deshalb war auch der Antrag mit dem Titel „Gloryholes im Hörsaalzentrum“ Teil dieses Newsletters.

Die Geschäftsordnung des Studentischen Konvents (GeschO) regelt die formalen Bedingung von Anträgen, die an den Studentischen Konvent gestellt werden. Hierzu zählt auch, wie § 11 Abs. 2 entnommen werden kann, dass alle an der Universität Augsburg immatrikulierten Studierenden berechtigt sind, Anträge an den Studentischen Konvent zu stellen. Entgegen manchen Medienberichten ist der AStA oder auch dessen Referate nicht berechtigt, Anträge in den Studentischen Konvent einzubringen. Solange die gestellten Anträge keine formalen Fehler aufweisen, gehen aus der GeschO keine Möglichkeiten hervor, die eine nicht- Befassung ohne Beschluss des Studentischen Konvents rechtfertigen. Aus diesem Grund wurde der Antrag mit dem Titel „Gloryholes im Hörsaalzentrum“, wie im Newsletter angekündigt, in der Sitzung am 25.10.2023 behandelt.

In den Sitzungen des Studentischen Konvents werden gestellte Anträge, wie in § 9a der GeschO ausgeführt, in drei Lesungen behandelt. Wird ein Antrag in diesem Prozess mehrheitlich befürwortet, so gilt dieser Beschluss und stellt somit eine Positionierung des Studentischen Konvents und damit der Studierendenvertretung dar.

Wichtig mitzuteilen ist an dieser Stelle, dass die Veröffentlichung des Antragstextes, die Begründung und die Namen der Antragstellenden nicht mit dem Präsidium des Studentischen Konvents vereinbart war. Diese Veröffentlichung verstößt gegen die Vorgabe, dass Gremien der Universität Augsburg grundsätzlich nicht-öffentlich tagen. Dies ergibt sich aus § 21 Abs 7 der Grundordnung.

Behandlung des Antrags „Gloryholes im Hörsaalzentrum“

In der Sitzung des Studentischen Konvents am 25.10.2023 wurde der Antrag mit dem Titel „Gloryholes im Hörsaalzentrum“ behandelt. Wir können an dieser Stelle mitteilen, dass der Antrag mit 20 Nein- und 5 Ja-Stimmen bei 8 Enthaltungen abgelehnt wurde.

Auf Initiative des Präsidiums des Studentischen Konvents wurde in die Sitzung noch ein Dringlichkeitsantrag eingebracht. Dieser Dringlichkeitsantrag wurde nach der Beratung und Überarbeitung mit 23 Ja- und 1 Nein-Stimme bei 7 Enthaltungen angenommen. Der Studentische Konvents hat somit beschlossen:

Mit der nachfolgenden Stellungnahme positioniert sich der Studentische Konvent zu den Geschehnissen im Zusammenhang mit dem Antrag „Gloryholes im Hörsaalzentrum“ sowie der Thematik, die durch diesen aufgekommen ist.

Stellungnahme:

Der Studentische Konvent erachtet es als wichtig, sich mit queeren Thematiken auseinanderzusetzen. Dazu gehört ein heteronormativitätskritischer Diskurs an der Uni – ein Problembewusstsein für Heteronormativität: Dies ist ein gesellschaftliches System, das queere Menschen unsichtbar macht, in ihrer Entfaltung unterdrückt und ihnen Gewalt zufügt.

Mit großer Verwunderung nehmen wir daher nun das bundesweite Interesse im Internet und der Presse an einem Antrag wahr, der noch gar nicht im Studentischen Konvent diskutiert und abgestimmt wurde. Dass diesem Antrag dabei mit einer Mischung an Belustigung und moralisierender Abscheu und Ekel begegnet wird, kann anhand der Wortwahl zum Teil mit queerfeindlichen Einstellungen erklärt werden, die immer noch tief in unserer Gesellschaft verankert sind. Außerdem zeigt sich ein Unverständnis über die Strukturen und Funktionsweise der Studierendenvertretung und wenig Wille, diese genauer zu recherchieren: Zunächst haben alle Studierenden ein Antragsrecht, der betreffende Antrag ist nicht als „Position der Augsburger Studierendenvertretung“ zu verstehen.

Queere Studierende erleben täglich Diskriminierung am Campus. Beispiele dafür sind die Unmöglichkeit, die RZ-Kennung, also den Namen des Uni-Accounts, an einen neuen Vornamen anpassen zu lassen und die ausschließlich binär-gegenderten Toiletten. Diese und andere Probleme, die vor allem queere Studierende, aber auch andere Universitätsangehörige, betreffen, müssen sichtbar gemacht und gelöst werden.

Der Studentische Konvent freut sich über die diskursive Anregung durch den Antrag „Gloryholes im Hörsaalzentrum“, der das nicht-heteronormative Ausleben von Sexualität auf die Tagesordnung setzt und steht dafür ein, dass alle Studierenden der Universität ihr Antragsrecht weiterhin frei nutzen können.

Dass genau dieser Tagesordnungspunkt aus den Themen der nächsten Konventssitzung gegriffen und aufs Schärfste kritisiert wird, zeigt wieder einmal, dass studentische Belange in der Gesellschaft wenig Beachtung finden – es sei denn, sie behandeln Themen, die als Kuriosum berichtet werden können, wie etwa das Ausweichen auf Zeltplätze bei eklatanter Wohnungsnot. Es ist bezeichnend, dass auch queere Belange offenbar bei vielen in diese Kategorie fallen. Diese Aufmerksamkeit fehlt auch bei aktuellen dringenden Problemen, wie der dramatischen studentischen Armut, der nicht mit adäquaten Anpassungen beim BAFöG begegnet wird und die durch Zinserhöhungen beim KfW-Studienkredit auf über 9% sogar noch befeuert wird.

Ein weiterer Missstand, den wir an dieser Stelle unterstreichen wollen, ist die fehlende Partizipationsmöglichkeit der Studierenden an den universitären Strukturen. Die Beschlüsse des studentischen Konvents formulieren lediglich ein studentisches Anliegen gegenüber der Universitätsleitung und interessierten Öffentlichkeit. Die Umsetzung ist nicht bindend, wir sind vom Wohlwollen der Universitätsleitung abhängig. Wenn die Universitätsleitung ein studentisches Anliegen nicht teilt, kann sie den entsprechenden Antrag ohne Weiteres ignorieren. Das hat konkrete Nachteile für die Studierendenschaft, die zwar mit Abstand die größte Statusgruppe an einer Universität darstellt, deren Einfluss auf universitäre Entscheidungsprozesse aber marginal ist: Während der Corona-Pandemie beispielsweise wurde die studentische Perspektive auf die Maßnahmenpolitik der Universitätsleitung ausgeblendet, obwohl insbesondere Studierende die Konsequenzen dieser Entscheidungen getragen haben. Auch auf diesen fundamentalen Missstand soll an dieser Stelle aufmerksam gemacht werden.

Abschließend verurteilt der Studentische Konvent jegliche offen rechtsextremen, behindertenfeindlichen und menschenfeindlichen Kommentare, die in großer Zahl geschrieben wurden. Es ist von großer Bedeutung, in der momentanen öffentlichen Debatte queere und explizit auch trans* Leben zu schützen und für eine queerfreundliche Universität einzustehen.

Der Antrag wurde wie folgt begründet.

Der Newsletter des Studentischen Konvents, der am Montag, den 22.10.2023 vom Präsidium des Studentischen Konvents an alle Studierenden der Universität Augsburg versandt wurde, enthielt als ein Thema der Sitzung am 25.10.2023 den Antragstitel „Gloryholes im Hörsaalzentrum“, was zu einer großen medialen Reaktion führte. Dieser Antrag soll dem Studentischen Konvent die Möglichkeit geben, sich zu den Geschehnissen und der Thematik des Antrags unabhängig vom Beschlussausgang positionieren zu können.

 

gez.

Florian Wolf (Vorsitzender), Hannah Wind (erste stellvertretende Vorsitzende)

Veröffentlicht von

Dieser Artikel wurde veröffentlicht vom Präsidium des Studentischen Konvents.

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