Pressemitteilung 133/16 - 07.10.2016

Schulbücher auf dem Prüfstand

Eine Neuerscheinung zu der Frage, wer bestimmt oder beeinflusst, welche Inhalte in schulbezogenen Bildungsmedien wie vermittelt werden

Augsburg/KPP - Wenn man davon ausgeht, dass Schulbücher bzw. schulbezogene Bildungsmedien generell neben Lehrplänen und noch unmittelbarer als diese­ die zentralen Steuerungsmittel des Unterrichts sind, dass sie also Inhalte und deren Vermittlung entscheidend mitbestimmen, liegt es nahe, sie auf dem Prüfstand sehen zu wollen. Aber: Wer stellt sie auf den Prüfstand? Wer ist berechtigt, dies zu tun? Und welches sind die Prüfkriterien?

Zu diesen Fragen haben die Augsburger Erziehungswissenschaftlerin Prof. Dr. Eva Matthes (Lehrstuhl für Pädagogik) und ihre Kollegin Sylvia Schütze (Universität Hannover) in der Reihe "Beiträge zur historischen und systematischen Schulbuchforschung" des Verlags Klinkhardt jetzt den Sammelband "Schulbücher auf dem Prüfstand ­Textbooks under Scrutiny" herausgegeben.

Zwischen staatlicher Kontrolle und unkontrolliertem Lobbyismus

Die Herausgeberinnen sehen die staatlichen Zulassungs- bzw. Kontrollansprüche im Zusammenhang mit Schulbüchern in einer Zwickmühle: Einerseits stünden diese  in unterschiedlich starken Ausprägungen ­nach wie vor unter Kontrolle des Staates; andererseits seien von unterschiedlichsten Gruppen online angebotene Lehrmittel unkontrolliert zugänglich, obwohl sie dieselbe oder zumindest eine ähnliche Funktion wie das klassische Schulbuch einnähmen und somit von nicht minder hoher gesellschaftlicher Relevanz seien. Dies gelte zumal unter den Vorzeichen einer Gesellschaft, die Wissen und Bildung zu ihren Schlüsselressourcen erkläre. Die Verantwortlichen, meinen Matthes und Schütze, zeigten angesichts dieses Dilemmas bestenfalls Problembewusstsein, in der Regel allerdings eher eine gewisse Hilflosigkeit bis hin zu Unwissenheit oder Ignoranz.

"Wir sehen unseren Sammelband als Beitrag zum Bemühen, auf diese neuen Herausforderungen Antworten zu finden, Antworten die nicht einem Lobbyismus an Schulen Tür und Tor öffnen und damit den demokratischen Staat zum 'Nachtwächterstaat' degradieren und Antworten, die die politische, pädagogische und didaktische Qualität von Lehrmitteln sichern helfen", so Matthes.

Zulassungsverfahren und politisches System

Rund die Hälfte der gut zwanzig Beiträge des Bandes widmen sich dem Themenkomplex Schulbucherstellung und Schulbuchzulassung, insbesondere den jeweiligen Zulassungsverfahren in einzelnen Ländern und für bestimmte Fächer. Daraus wird ersichtlich, wie deutlich sich die staatlichen Zulassungsverfahren insbesondere nach dem Zustand der jeweiligen politischen Systeme in ihren Intentionen und Beschaffenheit voneinander unterscheiden.

Strategien der (De-)Legitimierung

Ein zweiter Themenschwerpunkt sind politische und gesellschaftliche Strategien der Legitimierung bzw. der Delegitimierung. Analysiert werden hier Versuche gesellschaftlicher Gruppen, entweder Schulbüchern ihre Legitimität abzusprechen oder selber Schulbücher und zunehmend auch Online-Lehrmittel mit bestimmten Inhalten aus beispielsweise weltanschaulichen Gründen durchzusetzen.

Die Beiträge des dritten Teils schließlich prüfen aus bildungswissenschaftlicher Perspektive, inwieweit Schulbücher den aktuellen bildungspolitischen und didaktischen Trends der Umsetzung von Bildungsstandards und Kompetenzmodellen entsprechen.

_______________________________

Publikation:

Eva Matthes, Sylvia Schütze (Hrsg.), Schulbücher auf dem Prüfstand ­Textbooks under Scrutiny, Bad Heilbrunn: Klinkhardt 2016, 297 Seiten, kartoniert, 32,00 Euro, ISBN 978-3-7815-2132-2

Suche