Pressemitteilung 29 - 09.04.2020

Geld grün oder braun anlegen?

Ein von Finanzökonomen entwickeltes Tool hilft, das Klimarisiko von Finanzanlagen im Transformationsprozess der Wirtschaft hin zu einer Green Economy zu berechnen

Augsburg/MW/CH - Ob und welches Klimarisiko Finanzanlagen im Transformationsprozess der Wirtschaft hin zu einer Green Economy bergen, ist für Anleger schwierig zu durchschauen. Finanzökonomen an der Universität Augsburg haben ein Tool entwickelt, das bei der Beurteilung hilft. „CARIMA – Carbon Risk Management“ heißt das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt. Das Tool steht jedermann kostenfrei zur Verfügung.

Inzwischen haben sich weltweit (nahezu) alle Vertreter von Politik und Gesellschaft darauf geeinigt, den Umbau der Wirtschaft in Richtung Green Economy ernsthaft anzugehen – der von der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen ausgerufene Green Deal ist dafür ein prominentes Beispiel. Ob dieser Prozess noch rechtzeitig genug Fahrt aufnimmt, um zumindest die schlimmsten Klimakatastrophen zu vermeiden, ist zwar unklar. Sicher ist hingegen, dass der gestartete Transformationsprozess der Wirtschaft eines der größten und zugleich wichtigsten Projekte der Menschheit ist.

Risiken und Chancen der Transformation

Eine der Voraussetzungen für eine zügige und erfolgreiche Umsetzung dieses Transformationsprozesses ist der vernünftige Umgang mit den damit verbundenen Risiken und Chancen, die sich nicht zuletzt in den Werten aller Unternehmen weltweit und damit in den Kursen von Aktien und Portfolios wie Investmentfonds widerspiegeln. Diese „Carbon Risiken und Chancen“ standen im Fokus des von Wirtschaftswissenschaftlern der Universität Augsburg jüngst abgeschlossenen BMBF-Projektes „CARIMA – Carbon Risiko Management“.

Prof. Dr. Marco Wilkens und sein Team vom Lehrstuhl für Finanz- und Bankwirtschaft haben in Kooperation mit dem Verein für Umweltmanagement und Nachhaltigkeit in Finanzinstituten einen Ansatz entwickelt, mit dem diese Transformationsrisiken vergleichsweise einfach quantifiziert werden können. Schlüssel ist ein vom Projektteam kostenlos zur Verfügung gestellter Carbon Risiko Faktor ,BMG („Brown Minus Green“), der aus Daten von rund 40.000 Unternehmen weltweit berechnet wurde. Dafür wurden unter anderem 55 klimawandelrelevante Variablen ausgewertet, die angeben, inwiefern Unternehmen ökologische Aspekte in die Unternehmensführung einbeziehen. So wurden beispielweise die Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel, verschiedene Nachhaltigkeits-Ratings und natürlich der CO2-Fußabdruck der Unternehmen berücksichtigt.

Carbon Beta berechnen

Jeder Anwender kann diesen im Internet frei verfügbaren Faktor BMG in Verbindung mit eigenen oder im Internet leicht zu findenden historischen Renditezeitreihen nutzen, um das so genannte „Carbon Beta“ seiner Finanzanlage zu berechnen. Das Carbon Beta gibt dann an, wie stark der Wert eines Finanztitels oder Portfolios auf unerwartete Änderungen im Transformationsprozess der Wirtschaft hin zur Green Economy reagiert. Ölfirmen beispielsweise haben ein hohes „Carbon Beta“, Softwarefirmen ein niedrigeres. Das ist zwar erwartbar, war bislang aber kaum messbar.

Das Carbon Beta kann aber auch für gesamte Industrien und Volkswirtschaften berechnet werden. Demnach sind die Länder Europas im Vergleich zu beispielsweise den USA, Kanada und Australien wesentlich besser auf den Transformationsprozess der Wirtschaft vorbereitet. „Das könnte ein Grund dafür sein, dass der US-amerikanische Präsident Donald Trump das Pariser Klimaabkommen gekündigt hat und so den weltweiten Klimawandel faktisch ignoriert“, erklärt Marco Wilkens.

Weitere Informationen

Der Carbon Risiko Faktor BMG und alle Informationen zu CARIMA, wie das umfangreiche Handbuch „Carbon Risiken und Financed Emissions von Finanztiteln und Portfolios. Quantifizierung, Management und Reporting auf der Basis von Kapitalmarktdaten“, finden sich kostenfrei im Internet unter https://carima-project.de/.

Das „Carbon Beta“ einer Finanzanlage es gibt an wie stark der Wert dieses Titels auf Änderungen im Transformationsprozess hin zur Green Economy reagiert. Ölfirmen z.B. haben ein hohes „Carbon Beta“ (braun), Softwarefirmen ein niedriges (grün). Die Grafik zeigt die Durchschnittswerte der untersuchen Anlagen im jeweiligen Land. © Universität Augsburg

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