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Warum haben Sie sich für die universitäre Laufbahn entschieden?

Die bewusste Entscheidung für eine universitäre Laufbahn habe ich sehr spät getroffen. Während der Studien- und Promotionszeit waren es viele Zufälle, die mich in die Richtung Promotion bzw. später dann Habilitation geführt haben. Die bewusste Entscheidung, es mit einer universitären Laufbahn zu probieren, fiel erst am Ende der Promotionsphase.

 

Gab es etwas, was Sie in Ihrer Qualifikationsphase sehr erstaunt hat?

In meiner Promotionszeit an der Universität Konstanz war es selbstverständlich, dass Doktorand:innen, Habilitand:innen sowie Professor:innen aus allen Bereichen der Wirtschaftswissenschaften und angrenzender Gebiete zusammenarbeiten und ein gemeinsames Forschungsseminar besuchen. Ein wenig hat es mich verwundert, dass dies nicht überall der Fall ist, sondern dass es teilweise eine strikte Trennung z.B. zwischen Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre gibt. Vielleicht war es kein Zufall, dass ich nach der Promotion in Konstanz in während der Habilitationszeit an einem interdisziplinären Institut mit Wirtschafts- und Rechtswissenschaftlern an der Universität Trier beschäftigt war. Und auch jetzt in Augsburg gibt es eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen BWL und VWL.

 

Wer hat Sie bei Ihrer beruflichen Entwicklung zur Professorin unterstützt?

Mein Doktorvater und mein Habilitationsvater – Professorinnen gab es damals noch an keinem der Fachbereiche in Studium, Promotion oder Habilitation. Beide waren kritisch und anspruchsvoll – beide waren aber auch immer absolut wohlwollend und unterstützend. Rückblickend habe ich unheimlich Glück gehabt, von zwei ganz unterschiedlichen Lehrern und Persönlichkeiten lernen zu dürfen. Prägend war sicher auch die Einladung von David Audretsch in die USA.

In allen Qualifikationsphasen hatte ich immer Kollegen (viele) und Kolleginnen (sehr wenige), von denen einige inzwischen sehr gute Freunde geworden sind, mit denen ich inhaltlich diskutieren aber auch allerhand außerhalb der Uni unternehmen konnte. Und es gab zwei sehr gute Freunde, die in schwierigen Phasen Mut gemacht, in anderen Phasen aber auch kritische Fragen gestellt haben.

Später dann, als Professorin, waren vor allem Kolleg:innen aus dem engen und weiteren Netzwerk wichtig: um Dinge zu reflektieren, gemeinsam Projekte durchzuführen, Doktoranden und Doktorandinnen die Möglichkeit zum Austausch zu geben.

 

Was bedeutet für Sie „Chancengleichheit?“

Fordern, Motivieren und individuell Fördern – das ist auch mein Motto bei jungen Studierenden sowie bei Doktorandinnen und Doktoranden.

Auf das Thema „Human Ressources“ bezogen, haben Sie das Gefühl, dass sich die Arbeitswelt in Zukunft strukturell ändern wird? Wenn ja/nein, warum/nicht?

Die Arbeitswelt ändert sich permanent. In meiner Sicht werden der demographische Wandel, die Digitalisierung und die zunehmende Bedeutung von Work-Life-Balance in den nächsten Jahren wichtige Impulse geben bzw. Entwicklungen beschleunigen. Die Flexibilisierung der Arbeit in räumlicher und zeitlicher Dimension wird vermutlich zunehmen. Damit verbunden stellen sich für das Personalmanagement und alle Führungskräfte Herausforderungen wie z.B. die Gestaltung von Teamarbeit oder Mitarbeiterführung in Teilzeit.

 

Was würden Sie Studentinnen als Empfehlung mitgeben, die sich für eine Forschungslaufbahn entscheiden?

Jungen Studierenden, die sich für eine wissenschaftliche Karriere entscheiden, würde ich empfehlen – und zwar unabhängig vom Geschlecht: Lernen Sie breit. Fokussieren Sie nicht sofort auf einen engen inhaltlichen und methodischen Bereich. Diese Empfehlung mag in Zeiten von Spezialisierung, A-Journals, kurzfristigen Evaluationen und kurzlebigen Social-Media-Posts althergebracht oder gar veraltet erscheinen. Ich bin allerdings zutiefst überzeugt, dass die Welt zum einen dynamisch ist und permanent neue Probleme auf uns zukommen. Zum anderen ist die Welt komplex. Da entsteht auf Dauer selten relevanter Fortschritt, wenn man nur einen ganz kleinen Bereich isoliert kennt und nie über den eigenen Tellerrand schaut. Zum dritten sollten sich junge Forscher:innen auch mit Dingen beschäftigen, deren Verwertbarkeit vielleicht heute nicht unmittelbar klar ist. Man weiß nicht, wann Wissen genutzt wird – vielleicht sind Erkenntnisse, die heute irrelevant scheinen, in zehn, 20 oder 30 Jahren die Grundlage für eine wichtige Innovation, die unser Leben verändert. Ein Professor hat zu mir als junger Doktorandin früher mal gesagt: „Lernen Sie, auch wenn es Zeit kostet und wenn nicht unmittelbar klar ist, wofür Sie es brauchen. Man weiß nie, wofür es gut ist.“ Ein weiser Rat – wie ich erst einige Jahre später verstanden habe…

 

Haben Sie etwas in seiner Bedeutung für Ihrem beruflichen Werdegang überschätzt?

Überschätzt? Nein, eher nicht. Unterschätzt? Schon eher. Mir ist erst spät klar geworden, dass eine Reihe von Nachwuchswissenschaftler:innen sehr fokussiert auf Forschung arbeiten. Ich habe immer gern gelehrt, in der Habilitationsphase dann auch jüngere Doktorand:innen unterstützt, in der Organisation mitgewirkt. Da habe ich nicht jedes Mal gefragt, ob das tatsächlich hilfreich ist, später eine feste Stelle zu bekommen. Das liegt aber vermutlich auch daran, dass sowohl mein Doktorvater als auch mein Habilitationsvater ganz vielfältig im Wissenschaftsbetrieb engagiert waren und sind – ein Leben in der stillen Kammer gab es in meinen Qualifikationsphasen in Konstanz und Trier nicht.

 

Welches Thema innerhalb Ihrer Fächerschwerpunkte steht für Sie derzeit im Vordergrund?

Meine Lehr- und Forschungsschwerpunkte liegen den Bereichen Personal und Bildung aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive, häufig unter der Berücksichtigung internationaler Rahmenbedingungen.

Die Lehre stand in den vergangenen Semestern ganz im Lichte der Digitalisierung. So habe ich mit meinem Lehrstuhlteam gemeinsam alle Veranstaltungen in digitale Formate überführt. Einige Elemente werden sicher dauerhaft in die Präsenzveranstaltungen integriert und für die Studierenden wertvoll sein. Inhaltlich arbeite ich derzeit eine Mastervorlesung zur Bildungsökonomik aus, die ökonomische und gesellschaftliche Aspekte verbindet. Angefangen von frühkindlicher Bildung über Bildung in der Schule und Hochschule bis zu Aus- und Weiterbildung im Unternehmen und Bildungsgerechtigkeit soll dort alles diskutiert werden.

In der Forschung entwickle ich theoretisch fundiert Hypothesen und teste diese mit meist mikroökonometrischen Methoden. Thematisch wechseln meine inhaltlichen Schwerpunkte in der Forschung: Strategische Positionierung von Universitäten in der Promotionsphase, Managerhaftung und Corporate Governance in der Habilitationsphase, Projekte zu Personalauswahl, Volunteering und Vergütungsdifferenzen in den letzten Jahren. Derzeit beschäftige ich mich mit der Überqualifizierung von Beschäftigten und mit dem Einfluss von Institutionen auf Mobilität von Studierenden und Arbeitnehmer:innen.

 

Was ist Ihrer Meinung nach das Wichtigste, das Sie Ihren Studierenden mitgeben können?

Ganz abstrakt im weiteren Sinne: systematisch Denken! Und zwar in verschiedene Richtungen - gesellschaftlich verantwortlich denken, über den Tellerrand schauen, vermeintlich immer schon so Gewesenes hinterfragen. Etwas konkreter: Ich bin überzeugt, dass die theoretische Fundierung von Argumenten und methodisch saubere empirische Analysen zu Ergebnissen führen, die auch für die Praxis wichtig und bedeutsam sind. Insofern stehen in meinen Lehrveranstaltungen nicht Auswendiglernen, sondern einfache Modelle und die Anwendung empirischer Methoden im Mittelpunkt.

Ich freue mich sehr darüber, dass ich von Absolvent:innen immer wieder die Rückmeldung bekomme, wie sehr sie diese Kompetenzen in der Praxis aber auch in einer Promotionsphase Gewinn bringend einsetzen können.

 

Was würden Sie studieren, wenn Sie jetzt noch einmal ein Studium beginnen würden?

Mathematik oder Medizin.

 

Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich, wenn Sie nicht an der Universität arbeiten?

Wenn ich mich nicht mit universitären Dingen beschäftige – ich arbeite nicht nur in meinem Büro an der Universität, sondern verbringe auch viel Zeit im Arbeitszimmer zu Hause –, dann gehe ich die Berge (im Sommer zu Fuß, im Winter mit Ski) oder radle.

 

Prof. Dr. Susanne Warning
Lehrstuhl Global Business & Human Resource Management
der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät
stellvertretende Frauenbeauftragte (Finanzen, Analysen)
der Universität Augsburg

https://www.uni-augsburg.de/de/fakultaet/wiwi/prof/bwl/warning/

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