Jim Avignon: Promises, 1994 und Wait, 1992
Über das Kunstwerk
Beschreibung
Ein Bus kommt durch die Menschenmenge direkt auf uns zu. Stark fluchtende und gekippte Häuserzeilen unterstützen die verdichtete Dynamik bizarrer Gestalten auf dem großen Wandgemälde. Mit einer Mischung aus Pop Art und Expressivität, die sich in schwarzen Konturlinien, bunter Farbigkeit, stilisierter Formgebung und verzerrten Proportionen zeigt, vermag Jim Avignon den Eindruck eines von Techno-Musik geprägten Lebensgefühls Anfang der 1990er Jahre zu vermitteln. Das Entstehungsdatum 1994 ist dem Nummernschild des Busses zu entnehmen.
Vertiefende Betrachtung
Avignon selbst skizziert sein Werk als „durchgedrehtes Straßenporträt“, ausgehend von den ersten Loveparades, deren „seltsame Mischung aus tanzenden und normalen“ Menschen ihn faszinierte. Es zeigt „alle möglichen Charaktere, Arbeitende und Partygänger – bunt gemischt, aber alle mit eckigen Bewegungen und unzufriedenen Gesichtern“ (Avignon 2018). Ein Bettler streckt fordernd seinen Hut aus, ein Raver ist am T-Shirt identifizierbar, das Schild „PROMISES“ verweist auf den damaligen Glauben, dass die Technobewegung die Welt verbessern könnte Gleißendes Licht erhellt die Straßenszene, in bedrängender Enge zeichnen grimmiges Lachen sowie eine gelangweilte oder gar unglückliche Mimik die Gesichter aus. Knochen umrahmen die Straßenszene und der stark geschminkten Dame im Vordergrund fehlt ein Unterarm. So spiegelt das Gemälde eine anstrengende, widrige Welt und eine Gesellschaft, die von Leid und Hoffnung, Nachdenklichkeit und bunter Resignation geprägt ist, die aber auch zugleich von Aufbruch und Neubeginn träumt.
Eingeladen von der Initiative zur Innengestaltung der Universität, die im Wintersemester 1992/93 gegründet wurde, sind zunächst Avignons kleinere Arbeiten für eine Ausstellung in der Universität (wie z.B. „Wait“, gegenüber der Alten Cafeteria) entstanden, das große Exponat „Promises“ folgte 1994. Die starke Reduktion der Figuren, ihre intensive Farbigkeit und comichafte Zuspitzung,Verzerrungen und ungewöhnliche Perspektiven sind das Markenzeichen von Jim Avignon, der seine Künstlerkarriere in Berlin als Autodidakt gestartet hat und als Musiker aktiv ist. Schnelligkeit in der Ausführung kennzeichnet seine Malweise, zum Teil zerstört er seine Werke wieder, und immer thematisiert er die gesellschaftlichen Probleme seiner Zeit.
Seine weltweiten Mal-Aktionen haben Avignon international bekannt gemacht, ebenso wie die Gestaltung von Büchern, Autos, Flugzeugen und Wandbildern für Schulen. „Dem Schrecklichen das Furchterregende nehmen und das Böse lächerlich machen“ ist Avignons erklärtes Ziel (Avignon im Interview mit Seidel 2019, S. 132). (Text: Constanze Kirchner/ Quellen)
Werkdaten
Promises: Wandgemälde, Acryl auf Hartfaser, 4,30 x 5,00 m
Wait: Acryl auf Hartfaser, 2,00 x 2,50 m
Lage
Promises: Eingangsfront des Albertus-Magnus-Hörsaals im Großen Hörsaalzentrum
Wait: Gegenüber Alter Cafeteria
Weitere Malereien des Künstlers sind zudem im Erdgeschoss der östlichen Trakte des Gebäudes D zu finden (hier noch nicht einzeln aufgeführt).
Jim Avignon
(*1966 München) begann seine Karriere mit 21 Jahren als Maler, Illustrator und Musiker. Er sieht sich selbst als schnellsten Maler der Welt mit durchschnittlich 4,37 Werken pro Tag. In der Nähe der Popkunst siedelt er seine gesellschaftskritischen Arbeiten über Korruption oder Schwächen der Informationsgesellschaft an. Provozierend übermalte er 2013 an der Berliner Mauer ein von ihm selbst 1991 gefertigtes und unter Denkmalschutz stehendes Bild. „Der etablierte Kunstbetrieb und eine lineare Karriere interessieren den Künstler herzlich wenig. Er bezeichnet sich selbst als einen Abenteurer, in erster Linie seiner Neugier folgt.“ (Zitat aus:
www.villa-koeppe.de/kuenstler/jim_avignon/)