Hitzerekorde kosten Menschenleben

Tagesschau

Tagesschau-Interview mit Frau Martini und Prof. Traidl-Hoffmann am 16.10.2022

Hier geht es zum vollständigen Interview.

 

Hitzerekorde kosten Menschenleben

Im Interview mit der Tagesschau betont Prof. Claudia Traidl-Hoffmann die Gefahren der sommerlichen Temperaturrekorde für uns Menschen und deren Zusammenhang mit dem Klimawandel.

Der Sommer bricht viele Hitzerekorde. Das sonnige und warme Wetter bringt aber nicht nur Erfreuliches mit sich, sondern birgt ernsthafte Gefahren für den Menschen. Die Zahl der Hitzetoten steigt Jahr für Jahr. Welche Aspekte der heißen Temperaturen aber wirken sich genau auf den Körper des Menschen aus?

 

Zum Interview

Zum einen muss der Körper die Kerntemperatur von 37 Grad konstant halten. Dafür weiten sich die Gefäße, der Kopf wird hochrot, man schwitzt. Der Puls steigt. Das Herz hat plötzlich die Aufgabe das Blut in allen Gefäßen der Haut zu verteilen und überlastet, insbesondere bei Menschen, die bereits ein Vorerkrankung des Herzens haben. Bei weiterer Hitze, zum Beispiel bei längerem Aufenthalt im Freien ohne Schatten, können Gefäße platzen, auch im Gehirn. Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden verstärkt, Lungenkrankheiten verschlimmern sich. Es drohen Herzinfarkt, Lungen- oder Nierenversagen bei entzündlichen Vorerkrankungen, Schlaganfall, auch der Tod. Menschen mit Vorerkrankungen sind besonders gefährdet, aber auch bei Gesunden kann das bei großer Hitze passieren.

In der Stadt sind im Sommer durch so genannte Hitzeinseln noch 4-5 Grad höhere Temperaturen messbar, dazu kommen weitere Faktoren wie die Luftverschmutzung durch den Verkehr, die Abgase. Ein regelrechter Chemiebaukasten aus Hitze, UV-Strahlung, Ozon und weiteren Faktoren wirkt auf den Körper ein, der die Stadtbewohner krank macht. Kinder und Ältere, Kranke sind hierbei besonders gefährdet, trocknen schneller aus, die Nieren arbeiten durch Flüssigkeitsmangel schlechter.

In Deutschland werden die sommerlichen Temperaturen gern bagatellisiert. Dass die Hitze gefährlich ist und krank macht, wird angesichts von Sonnenschein und Eisschlecken gern verschwiegen.

Mentale Probleme wie Beeinträchtigungen des Nervensystems, Alzheimer oder Multiple Sklerose nehmen zu, ebenso wie Allergien nehmen durch die hohen Temperaturen ebenfalls zu.

Besonders die Neurodermitis ist durch das Zusammenspiel von Umweltschadstoffen und Hitze stark im Vormarsch. Durch die Schadstoffe wird die Haut geradezu löchrig. Pollen und andere Allergene können in den Körper eindringen und den atopischen Marsch, also eine Allergikerkarriere, starten. Immer mehr Menschen leiden an Allergien. Der Klimawandel verlängert die Pollensaison und es gibt neue Pollen. Hohe Außentemperaturen im Zusammenspiel mit den Abgasen und dem Feinstaub in der Luft machen Pflanzen Stress. Ihr Pollen wird aufgrund dessen aggressiver. Die Zahl der Menschen, die an Allergien leiden, erhöht sich. Ein Teufelskreis.

Was können wir in Zukunft dagegen unternehmen? Zum einen muss der Mensch versuchen, sich anzupassen an die neuen Gegebenheiten, es müssen Frühwarnsysteme entwickelt werden. Die Städte brauchen ein neues, grünes Design mit Bäumen, Grünflächen und Pflanzen statt gepflasterten Straßen und Teer. Das bedeutet Klimaresilienz.

Zum anderen müssen wir erkennen, dass es für den Menschen Grenzen in der Anpassung gibt: Ab einer Körperkerntemperatur von 42 Grad sterben wir.

Um dem Klimawandel vorzubeugen und auch bei sich persönlich anzufangen, können wir eins tun: regional und fleischarm essen. Die Ernährung für sich persönlich umzustellen hat letztlich weit reichende Auswirkungen, wenn es viele und hoffentlich am Ende alle gemeinsam angehen.

Zudem kann jeder einzelne Fahrrad fahren, um kürzere Wege zu nehmen. Das ist letztlich eine Win-win-Situation, da körperliche Bewegung dem Einzelnen nützt und für die Gemeinschaft Abgase und fossilen Energieverbrauch einspart.

 

Prof. Traidl-Hoffmann ist überzeugt, dass die Ärzteschaft aufstehen und verkünden muss: Der Klimawandel macht krank. Nicht nur den Eisbären auf der Eisscholle weit weg, sondern vor allem uns Menschen, uns alle hier!

Suche