Albanien als Modell für gelingendes Miteinander der Religionen

Albanien als Modell für gelingendes Miteinander der Religionen

 

Treffen der nationalen Vertretungen von Religions for Peace (ENIB) und Treffen der Projektgruppe Umweltschutz von Religions for Peace Europa in Albanien

 

Prof. Dr. Elisabeth Naurath hat als Vorsitzende von Religions for Peace Deutschland vom 29.9.-2.10. 2023 am Treffen der nationalen Vertretungen von Religions for Peace Europa (ENIB) teilgenommen mi dem Schwerpunkt der Zusammenarbeit der internationalen und interreligiösen Projektgruppe Umwelt- und Klimaschutz von Religions for Peace Europa eingeladen.

 

Der Respekt gegenüber anderen Religionen, der im Zusammenleben der Menschen in Albanien so gut zu gelingen scheint, ist ein herausragendes Beispiel für eine positive interreligiöse Dynamik und Frieden in Europa. Dies konnte auf dem Internationalen Forum mit den Interreligiösen Räten Europas gemeinsam erlebt werden – ein Treffen, das vom Interreligiösen Rat Albaniens unter Leitung von Prof. Genti Kruja (Mitglied im Vorstand von RfP Europa) organisiert wurde.

 

Prof. Genti Kruja schreibt: „(…) Wir leben in Zeiten, in denen Religionsgemeinschaften aufgerufen sind, in einer pluralistischen Gesellschaft einen Stil des offenen Dialogs über religiöse Fragen zu pflegen, in einem interreligiösen Dialog in gegenseitigem Respekt und ohne die eigene Identität aufzugeben. Vielmehr wollen wir zum gemeinsamen Aufbau unserer sozialen Gefüge im Geiste des Friedens beitragen und in der Pflege unveräußerlicher Werte wie auch der Bekräftigung grundlegender Menschenrechte zusammenwirken.“

In Albanien gelingt der Zusammenhalt der Religionen auf beeindruckende Weise – auch historisch zeigt sich dies, denn Albanien gehört zu den wenigen Ländern, die während der Zeit des Nationalsozialismus Juden und Jüdinnen aufnehmen und retten konnten. Schon seit der Aufhebung des Religionsverbots am Ende der kommunistischen Diktatur 1990 gab es interreligiöse Veranstaltungen – gegenseitige Toleranz und Zusammenhalt waren in den schweren Jahren des totalen Religionsverbots gewachsen.

Von diesem tiefen Wunsch nach Dialog und Kooperation konnte sich unsere Delegation mit Präsident*innen nationaler Vertretungen von Religions for Peace UK (Cinde Lee), den Niederlanden (Mirjam Ates), Spanien (Joan Hernandez), Italien (Luigi De Salvia), Bulgarien (Marcel Israel), Belgien (Rkia Tiar) und Deutschland (Elisabeth Naurath) überzeugen.

Erster Tag: Nach dem Besuch der Muslimischen Gemeinschaft von Albanien und einem gemeinsamen Austausch mit dem Vorsitzenden H. Bujar Spahiu (President of Interreligious Council of Albania) in der albanischen Hauptstadt Tirana besuchte die Delegation den osmanischen Sakralbau Et’hem-Bey-Moschee. Im Anschluss wurde uns eine Audienz bei dem Erzbischof der Orthodoxen Autokephalen Kirche von Albanien Anastasios gewährt, der im hohem Alter von 94 Jahren ein sehr lebendiges Gespräch über aktuelle Themen anregte und sich überaus interessiert an der Arbeit von Religions for Peace Europa zeigte. Auch die katholische Kathedrale, die das Engagement der aus Albanien stammenden Mutter Theresa in den Vordergrund stellt, konnte besucht werden. Eindrücklich war die abendliche Einladung im Bektashi-Weltzentrum mit angegliedertem Museum sowie die Einladung zu einem festlichen Dinner gemeinsam mit H. Dede Edmond Brahimaj, World Leader der Bektashi Community.

Zweiter Tag: Am 30. September stand der wissenschaftliche Austausch zum Frieden besonders aus der Perspektive des Umweltschutzes im Fokus der Begegnung: Nach der Begrüßung durch den Rektor der Bedër University Prof. Dr. Gjergji Sinani folgten Grußworte von Dr. Luigi de Salvia, Präsident von Religions for Peace Europe und Prof. Dr. Joan Hernández-Serret, Generalsekretär von RfP Europa. In der folgenden Session ging es um die ‚Rolle von Frauen- und Jugendnetzwerken im interreligiösen Dialog‘: Phd. Cand. Hysni Skura, repräsentierte das Youth Department, IRCA von Seiten der Muslim Community of Albania, Mrs. Sonila Rembeci das Women Department, IRCA, von Seiten der Orthodox Autocephalous Church of Albania, Mrs. Jeta Deda das Youth Department, IRCA, von Seiten der Catholic Church in Albania und Mrs. Ravesa Nano das Women Department von Seiten der Bektashi Community. Im Anschluss hielt Prof. Dr. Elisabeth Naurath als Vize-Präsidentin der nationalen Vertretungen von RfP Europa einen Vortrag zum Thema ‚Religious Perspectives of women and youth as the future-oriented way to peace’.

Am Nachmittag traf sich die ‚Projektgruppe Umweltschutz‘ von Religions for Peace Europa intern und konnte sich nach dem Austausch über nationale und interreligiöse Initiativen zum Klimaschutz auf eine gemeinsame Strategie in struktureller (wie die Einrichtung eines Leitungsteams) und inhaltlicher Hinsicht (wie zum Beispiel der Projektantrag zur interreligiösen Zusammenarbeit gegen die Desertifikation in der Mittelmeerregion) verständigen. Uns wurde deutlich: Wichtig ist für die nationalen Projekte zum Klimaschutz und zur Klimagerechtigkeit die internationale Perspektive vor Augen zu haben und die globalen Herausforderungen auch international gemeinsam anzugehen. Interreligiöse Netzwerke stehen hier in besonderer Verantwortung und bieten zugleich auch Chancen für gemeinsames Handeln!

Dritter Tag: Nach einem Arbeitstreffen der nationalen Vertretungen von Religions for Peace Europa (ENIB) am Sonntag Vormittag (1.10.23) brach die Delegation in Richtung Küste nach Durres auf, um die Orthodox-Theologische Akademie Shen Vlash mit Kloster zu besichtigen und einer Einladung der Autokephalen Orthodoxen Kirche von Albanien zu folgen. Nach einem Besuch des größten römischen Amphitheaters auf dem Balkan aus dem 2. Jahrhundert in Durres folgte ein Treffen mit dem ‘President of the Evangelical Alliance of Albania (Kirche des Nazareners’) mit einer Einladung zu einem gemeinsamen Abendessen.

Vierter Tag: Am Montag konnte die Delegation in Richtung Nordalbanien in das 2400 Jahre alte Shkoder, eine Stadt zwischen albanischen Alpen und Skutarisee aufbrechen und dort die katholische Kathedrale auf Einladung des President of Catholic Episcopal Conference Mons. Angelo Massafra besuchen. Ein abendlicher Spaziergang durch die Altstadt in Shkoder zeigte nicht nur die Schönheit dieser Stadt, sondern auch das Zusammenwirken der Religionen auf engstem Raum.

Fünfter Tag: Das Kennenlernen einer interreligiös engagierten Jugendbildungsinitiative (Arka Center) verdeutlichte uns am Dienstag (2.10.23) eindrücklich die Relevanz, junge Menschen für den Dialog und die umweltethische Bildung zu gewinnen. So wie in Shkoder drei Flüsse zu einem breiten Strom zusammenfließen – was wir von der antiken Burg Rozafa mit einem weiten Blick übers Land bewundern durften – so entstand auch der Wunsch, dass sich die drei abrahamischer Religionen in ihrem gemeinsamen Engagement für den Frieden und Klimaschutz/ Klimagerechtigkeit verbinden können.

Unsere gemeinsame Konferenzreise endete nach fünf intensiven Tagen in der Epoka-Universität in Tirana. Eine Elite-Akademie, die sich uns als offene und äußerst erfolgreiche Universität präsentierte und mit großer Wertschätzung unserem Anliegen interreligiöser und internationaler Verständigung begegnete.

Voller Dank blicken wir als internationale und interreligiöse Gruppe auf die reichen Erfahrungen dieser hervorragend organisierten und als ungemein gastfreundlich erlebten Albanien-Konferenz zurück. Wir verabschiedeten uns voneinander in dem Wissen, dass wir in unserem gemeinsamen friedenspädagogischen und umweltethischen Anliegen in diesen Tagen nicht nur zusammengewachsen sind, sondern auch mit großer Motivation in unsere Heimatländer zurückkehren.

 

Text: Prof. Dr. Elisabeth Naurath, Vorsitzende von Religions for Peace Deutschland, Member of the Standing Commission on Nurturing a Susainable Environment of Religions for Peace International

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