Die interdisziplinäre AG Neuro-EHS

Projektlaufzeit:

 

 

Mitglieder der AG Neuro-EHS sind u.a.:

fortlaufend seit 2015

 

 

  • Prof. Dr. Markus Naumann (Klinik für Neurologie und Klinische Neurophysiologie, Universitätsklinik Augsburg)
  • PD Dr. Ertl (Klinik für Neurologie und Klinische Neurophysiologie, Universitätsklinik Augsburg)
  • PD Dr. A. Bayas (Klinik für Neurologie und Klinische Neurophysiologie, Universitätsklinik Augsburg)
  • Prof. Dr. Elke Hertig (Medizinische Fakultät, Universität Augsburg)
  • Prof. Dr. Jakob Linseisen (Institut für Epidemiologie, UNIKA-T)
  • Prof. Dr. Christa Meisinger (Institut für Epidemiologie, UNIKA-T)
  • PD Dr. Christoph Beck (Institut für Geographie, Universität Augsburg)
  • PD Dr. Andreas Phillipp (Institut für Geographie, Universität Augsburg)
  • Prof. em. Dr. Jucundus Jacobeit (Institut für Geographie, Universität Augsburg)
  • Prof. Dr. Wolfgang Buerman (Institut für Geographie, Universität Augsburg)
  • Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann (Institut für Umweltmedizin, UNIKA-T)
  • PD Dr. Jens Soentgen (WZU, Universität Augsburg)
  • PD Dr. Alexandra Schneider (HMGU)
  • Dr. Josef Cyrys (HMGU)

Projektbeschreibung:

 

Schlaganfälle sind laut WHO (2018) die zahlenmäßig bedeutendste umweltassoziierte Erkrankung. Aber auch bei anderen neurologischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose (MS) und Parkinson sind Umwelteinflüsse hinsichtlich Entstehung und Krankheitsverlauf bekannt. Bei MS sieht man dies u.a an der geographischen Verteilung der Erkrankung. MS kommt in Ländern der äquatorialen Zone deutlich seltener vor als in Ländern, die entfernt vom Äquator gelegen sind, obgleich es Ausnahmen gibt. Kürzlich konnte ein Zusammenhang zwischen UV-Strahlung und Manifestation einer  MS auch unabhängig vom Vitamin D-Spiegel nachgewiesen werden. Bei Parkinson sind bestimmte Schwermetalle oder Chemikalien, die z.B. in Herbiziden enthalten sind, als Auslöser nachgewiesen. Auch Veränderungen im Mikrobiom des Darmes werden als Krankheitsfaktor diskutiert. Bei Demenz und zahlreichen anderen neurologischen Erkrankungen werden ebenfalls Umweltfaktoren vermutet. Dabei besteht noch erheblicher Forschungsbedarf hinsichtlich der Zusammenhänge zwischen neurologischen Erkrankungen und auslösenden oder verstärkenden Umweltfaktoren. Am Beispiel der Luftschadstoffe zeigt sich, dass es eindeutige Zusammenhänge zu Schlaganfällen gibt (Lee et al. 2018), während Studien zu MS überwiegend keinen signifikanten Einfluss bei Erwachsenen (Bai et al. 2018), jedoch sehr wohl bei Kindern und Jugendlichen (Lavery et al. 2018) ergeben. Große Unsicherheiten bestehen auch in Bezug auf Parkinson, ersichtlich durch die Heterogenität der Studienergebnisse mit teils signifikanter Erhöhung des Risikos aufgrund von Luftschadstoff- Exposition (Hu et al. 2018), teils mit geringen Hinweisen auf einen Zusammenhang (Kasdagli et al. 2019).

 

Fast alle neurologischen Erkrankungen weisen seit Jahren in Europa steigende Raten von Neuerkrankungen auf; bei den Schlaganfällen liegt die Steigerung (in Deutschland) bei derzeit 2% im Jahr. Dies sind mehr als 20 Prozent in zehn Jahren. Der Schlaganfall ist auch aus diesem Grund eine volkswirtschaftlich sehr bedeutende Erkrankung, die – auch wenn heute wesentlich besser therapierbar, doch weiterhin der derzeit wichtigste Grund für die Entstehung bleibender Behinderungen darstellt. Personen mit neurologischen Vorerkrankungen müssen zudem als eine besonders vulnerable Bevölkerungsgruppe angesehen werden, bei denen die kurzzeitige Exposition auf schädliche Umweltfaktoren besonders gravierende Einflüsse auf den Krankheitsverlauf haben kann.

 

Diese Tatsachen sind der Grund dafür, dass in der Forschung mit Hochdruck weltweit zu Umweltfaktoren geforscht wird, die neurologische Erkrankungen auslösen oder deren Voranschreiten verstärken. Dabei kommt nicht nur Umweltverschmutzung oder der arbeitsbedingte Kontakt mit bestimmten Chemikalien in Frage, sondern auch Ernährung, das Mikrobiom und andere externe Einflüsse wie etwa atmosphärische Prozesse und lokale Wetterverhältnisse.

 

Aus diesen Gründen hat sich die Neurologische Klinik am Augsburger Universitätsklinikum bereits sehr frühzeitig mit der Forschung im Bereich EHS befasst und schon 2015 erste gemeinsame interdisziplinäre Forschungsprojekte in Kooperation mit Umweltforschern der Universität (Institut für Geographie, WZU) gestartet, in die auch das UNIKA-T (Umweltmedizin, Epidemioloige) und das Helmholtz Zentrum München (HMGU) eingebunden sind. Unser gemeinsames Ziel ist, zu einem deutschlandweit einzigartigen Zentrum der Erforschung der Rolle von Umweltfaktoren bei der Entstehung und dem Verlauf von neurologischen Erkrankungen zu werden und innovative Maßnahmen der Prävention, der therapeutischen Intervention und der langfristigen Versorgung (inklusive Prävention von Rückfällen und vorzeitigem Tod) zu entwickeln.

 

Die AG Neuro-EHS wurde 2016 gegründet und hat bereits erfolgreich gemeinsam publiziert (Ertl et al, 2019) sowie mit der Einrichtung einer deutschlandweit einzigartigen Schlaganfallkohorte begonnen. Wir sehen das Potential für einen großen, deutschlandweit herausragenden klinischen Schwerpunkt, der für den Forschungsschwerpunkt EHS an der Universität Augsburg profilbildende Bedeutung haben wird. Insbesondere liegen einmalige Startbedingungen vor, weil die Universität Augsburg über eine hohe wissenschaftliche Expertise im Bereich Klima und Umwelt verfügt und die Neurologische Klinik des Universitätsklinikums Augsburg zu den größten in Deutschland mit großer Expertise insbesondere bei den genannten Erkrankungen mit entsprechend hohen Fallzahlen gehört. Dazu ermöglicht die epidemiologische und umweltmedizinische Expertise am UNIKA-T die umfassende Bearbeitung der drängenden Fragen zu diesen Krankheiten.

 

 

Literatur

Bai, L., Burnett, R. T., Kwong, J. C., Hystad, P., van Donkelaar, A., Brook, J. R., ... & Murray, B. J. (2018). Long-term exposure to air pollution and the incidence of multiple sclerosis: A population-based cohort study. Environmental research, 166, 437-443.

 

Ertl M, Beck C, Kühlbach B, Hartmann J, Hammel G, Straub A, Giemda E, Seubert S, Phillipp A, Traidl-Hoffmann, Soentgen J, Jacobeit J, Naumann M. (2019) New insights into weather and stroke: influences of specific air masses and temperature changes on stroke incidence. Cerebrovasc Dis; DOI 10.1159/000501843

 

Hu, C. Y., Fang, Y., Li, F. L., Dong, B., Hua, X. G., Jiang, W.,& Zhang, X. J. (2018). Association between ambient air pollution and Parkinson's disease: Systematic review and meta-analysis. Environmental research.

 

Kasdagli, M. I., Katsouyanni, K., Dimakopoulou, K., & Samoli, E. (2019). Air pollution and Parkinson's disease: A systematic review and meta-analysis up to 2018. International journal of hygiene and environmental health, 222(3), 402-409.

 

Lavery, A. M., Waubant, E., Casper, T. C., Roalstad, S., Candee, M., Rose, J., ... & Rodriguez, M. (2018). Urban air quality and associations with pediatric multiple sclerosis. Annals of Clinical and Translational Neurology, 5(10), 1146-1153.

 

Lee, K. K., Miller, M. R., & Shah, A. S. (2018). Air pollution and stroke. Journal of stroke, 20(1), 2.

Suche