Forschung

Forschung am Lehrstuhl RCE CC BY-NC-ND

Im Zentrum der Abbildung steht das Leitmotiv unserer Forschung, die Wechselwirkung zwischen Festkörpern und Fluiden, v.a. zwischen Material und Umwelt. Dies umfasst sowohl die gezielte Auflösung von Bestandteilen von Verbundwerkstoffen (Solvolyse) und Extraktion von Wertstoffen (Hydrometallurgie) als auch die Untersuchung der unerwünschten Freisetzung von Schwermetallen in die Umwelt (Auslaugbarkeit) und die Korrosion. Dieses Leitmotiv ist eingebettet in einen anthropogenen Stoffkreislauf, der den gesamten Lebenszyklus eines Produkts darstellt. Für die Untersuchung von Materialien entlang des Lebenszyklus setzen wir Methoden aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen (Abfallwirtschaft, Mineralogie, Chemie, Verfahrenstechnik, Umwelttechnik, Materialwissenschaft) ein, die mit einzelnen Aggregaten, Analysegeräten und Computerprogrammen durchgeführt werden. Das Chemisch-recyclingtechnische Labor (Dr. Kunzmann) bildet das Herzstück des Lehrstuhls und die Schnittstelle zwischen den beiden Professuren für Resource and Chemical Engineering (Prof. Vollprecht) bzw. Chemie der Materialien und der Ressourcen (Prof. Weihrich, eigene Website). Die Arbeitsgruppe Materialreaktionen in umwelttechnischen Systemen (Dr. Pentz) befasst sich mit Reaktionen zwischen Werkstoffen oder Abfällen einerseits und Flüssigkeiten oder Gasen andererseits. Schwerpunkt der Tätigkeit von Prof. Vollprecht sind die Mineralischen Nebenprodukte und Abfälle, wobei hier Themen der Bindungsform, Mobilität und Ausschleusung von Schadstoffen im Fokus stehen.

Mechanische Verfahrenstechnik

Wenn Materialien als Abfall anfallen, liegen sie aber oftmals als Gemische (Verbunde & Schüttgüter) vor und müssen daher zunächst voneinander getrennt werden, wofür der Bereich der mechanischen Verfahrenstechnik innerhalb des RCE aufgebaut werden soll. Bei den am RCE erforschten Materialien handelt es sich stets um Verbunde, wobei der Verbundcharakter durch einen technischen Prozess gezielt erzeugt (z.B. Faserverbundwerkstoffe) oder in industriellen Anlagen zwangsläufig entstanden sein kann (z.B. MVA-Rostaschen). Zum mechanischen Aufschluss dieser Verbunde sollen Aggregate zur Grob- und Feinzerkleinerung spröder und duktiler Materialien beschafft werden. Alternativ zu klassischen Verfahren soll die elektrodynamische Fragmentierung eingesetzt werden, da diese eine Auftrennung z.B. von MVA-Rostaschen entlang von Phasengrenzflächen ermöglicht und daher insbesondere für die am MRM im Fokus stehenden Verbundwerkstoffe geeignet ist. Die Trennung der Materialien umfasst Klassierung- und Sortierungsverfahren. Für die Klassierung von Materialien soll eine Siebmaschine angeschafft werden, die sowohl nass als auch trocken betrieben werden kann. Für die Sortierung sollen sowohl Aggregate zur direkten (z.B. Windsichter) als auch indirekten (sensorbasierten) Sortierung beschafft oder genutzt werden. Eine Einbettung des recyclingtechnischen Labors in das KI-Produktionsnetzwerk ist geplant.

Chemische Verfahrenstechnik

In der mechanischen Verfahrenstechnik werden Konzentrate einzelner Wertstoffe erzeugt, die mechanisch oftmals nicht mehr weiter behandelbar sind. Daher soll als zweiten Bereich am RCE die chemische Verfahrenstechnik aufgebaut werden, um die mechanisch behandelten Materialien chemischen Reaktionen zu unterziehen und sie als Sekundärrohstoffe in Produktionsprozesse zurückzuführen. Dabei werden einzelne Bestandteile entweder durch Löseprozesse in den flüssigen oder durch thermochemische Prozesse in den gasförmigen Zustand überführt, während andere im festen Zustand verbleiben. Thermochemische Prozesse umfassen jedoch auch die Konditionierung von Aschen und Schlacken mit dem Ziel der Minimierung der Auslaugbarkeit von Schwermetallen und der Maximierung der hydraulischen Aktivität, wobei gerade diese Kopplung thermochemischer und hydrochemischer Prozesse einen Schwerpunkt unserer Forschung darstellt. Während thermochemischer Behandlungsschritte, wie z.B. der Abfallverbrennung oder dem Umschmelzen von Aschen und Schlacken, kommt es zur Bildung spezifischer Mineralphasen, die nachfolgend die Auslaugbarkeit von Schwermetallen beeinflussen. Hydrochemische Prozesse umfassen die Solvolyse, d.h. die gezielte Lösung von Materialbestandteilen, z.B. von organischen Bestandteilen von Verbundwerkstoffen, durch Säuren, Laugen, Komplexbildner oder ionische Flüssigkeiten. Zu den hydrochemischen Prozessen zählen auch Auslaugprozesse, welche die Recyclingfähigkeit mineralischer Nebenprodukte und Abfälle einschränken.

Rohstoff- und Abfallmineralogie

Ergebnis der hydro- und thermochemischen Prozesse sind Element-, Eigenschafts- oder Energierohstoffe, wie z.B. eine Metallsalzlösung, eine industrielle Gesteinskörnung oder ein Pyrolysegas. Da diese Sekundärrohstoffe aufgrund des steigenden Rohstoffverbrauchs und der beschränkten Rezyklierbarkeit von Abfällen den Rohstoffbedarf der Produktion nicht decken können, werden immer auch Primärrohstoffe benötigt. Obwohl die Forschung des Lehrstuhls ingesamt die drei Ecken des Materialdreiecks (Metalle – Polymerwerkstoffe – Anorganisch-nichtmetallische Werkstoffe) abdecken soll, liegt der Fokus auf anorganisch-nichtmetallische Materialien (Gesteine, Keramiken, Gläser, Bindemittel, Aschen, Schlacken), da diese die größten Stoffströme in anthropogenen Stoffkreisläufen darstellen. Gleichzeitig sind sie durch eine unterdurchschnittliche Recyclingrate gekennzeichnet, obwohl sie sowohl als Element- als auch als Eigenschaftsrohstoffe fungieren können. Die Anwendung mineralogischer Methoden (Phasenanalytik) und Konzepte (Phasenebene zwischen der Partikel- und Elementebene) ermöglicht jedoch eine nachhaltige Kreislaufführung dieser Materialien, da deren Recyclingfähigkeit von der mineralogischen Bindungsform von Wert- und Schadstoffen abhängt. Diese bestimmt sowohl die Trennbarkeit mit aufbereitungstechnischen Verfahren als auch die gewollte oder ungewollte Freisetzung von Wert- und Schadstoffen durch Wechselwirkungen mit wässrigen Lösungen. Der Lehrstuhl für Resource and Chemical Engineering beschäftigt sich daher mit der Charakterisierung anorganisch-nichtmetallischer Materialien entlang ihres Lebenszyklus, insbesondere zwischen dem "End-of-Life" und dem Wiedereinsatz als Rezyklat in Produktionsprozessen, und den in Recyclingprozessen auftretenden Reaktionen.

Im Bereich der Rohstoffmineralogie beschäftigen wir uns mit der Charakterisierung dieser Primär- und Sekundärrohstoffe im Hinblick auf ihre Einsatzmöglichkeiten, wobei der Fokus auf Industriemineralen, Steinen und Erden sowie rezyklierten und industriellen Gesteinskörnungen und abfallbasierten Bindemitteln liegt. Die Anwendung mineralogischer Verfahren auf Materialien am Ende ihres Lebenszyklus wird als Abfallmineralogie bezeichnet. Diese Bereiche erfordern umfangreiche chemisch-mineralogische Analytik, aber auch Computerprogramme zur Modellierung von Kristallstrukturen und Feststoff-Fluid-Wechselwirkungen. Zur Charakterisierung von Primär- und Sekundärrohstoffen sowie Produkten am Ende ihrer Nutzungsdauer sind analytische Verfahren erforderlich, die das Material in seiner Gesamtheit („bulk“) sowie ortsaufgelöst untersuchen. Zur grundlegenden chemischen Charakterisierung ist die Anschaffung einer Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA), für die Bestimmung von Spurenelementen einer ICP-OES geplant, die in die Zentrallabore des MRM integriert werden. Die ICP-OES wird auch zur Untersuchung von Flüssigkeiten genutzt, die bei der Solvolyse, der Hydrometallurgie oder in Elutionsverfahren anfallen.

 

 

CC BY-NC-ND
Lehrstuhlinhaber
Resource and Chemical Engineering

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