Augsburger Buñuel-Trilogie im Thalia Filmtheater (15.-29. Januar 2020)

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Wie wenige andere Autorenfilmer der Moderne hat der 1900 in Nordspanien geborene und 1983 in Mexiko-Stadt verstorbene Luis Buñuel in seinem vielschichtigen und mehr als 30 Filme zählenden Œuvre die Kunst der filmischen Assemblage verfeinert.

Beginnend als Avantgarde-Filmemacher in Zusammenarbeit mit Salvador Dalí und dem legendären Kurzfilm Un chien andalou (1929; „Ein andalusischer Hund“), über kongeniale Literaturverfilmungen wie Viridiana (1961) bis hin zu seinem scharf akzentuierten Spätwerk mit Filmen wie Le fantôme de la liberté (1974; „Das Gespenst der Freiheit“), hat Buñuel stets den kreativen Dialog mit dem Surrealismus und dem Absurden auf der einen und dem Realismus und der Schwarzen Romantik auf der anderen Seite filmisch kultiviert.

Allen diesen Ästhetiken gemein ist eine gewisse Kritik an allzu ‚Bourgeoisem‘, dessen elitärer Habitus samt polierter Oberflächen auch seelische Untiefen kaschiert, die Buñuel vermöge kunstreicher Traumsequenzen immer wieder an die Oberfläche treibt. Indem er dies weniger mit erhobenem denn mehr mit einem auch uns Zuschauenden einbeziehenden Zeigefinger vollführt, gelingt es Buñuel, wirklichkeitsbezogene Konflikte sowohl in ihrer individuellen als auch sozialen Dimension zu erfassen und zu einer Reflexion anzuregen. Hierbei sind das Subjektive und das Kollektive immer wieder eingebettet in religiöse wie politische Kontexte, deren bürgerliche Verbindungslinien Buñuel zeitgeschichtlich hervortreibt und gegen Ende seines Schaffens sogar betont karikiert.

Um einen exemplarischen Einblick in diese originelle Kombination von ästhetischen mit sozialkritischen Welt-Bezügen zu ermöglichen, wird im Januar 2020 an drei Mittwochabenden (18 Uhr) jeweils ein Klassiker aus Buñuels mehrseitigem Gesamtwerk im Rahmen einer kleinen Augsburger Trilogie in Zusammenarbeit mit dem Thalia Filmtheater (Obstmarkt 5, 86152 Augsburg) gezeigt, in die jeweils filmdramaturgisch von Iberoromanistik-Studierenden eingeführt wird und über die im Anschluss an die Filmvorführung im jeweiligen Original (mit deutschen Untertiteln) gemeinsam im Plenum weiter diskutiert werden kann.

Die für die Augsburger Buñuel-Trilogie 2020 ausgewählten Filme sind:

  • 15.01.20: 18 Uhr (Thalia | Roter Salon)
    Los olvidados (1950; „Die Vergessenen“)
    (Spanisches Original mit deutschen Untertiteln | 80 Min.)
    Der Film, für den Buñuel 1951 den Regie-Preis in Cannes erhielt und der 2003 in das UNESCO-Weltdokumentenerbe aufgenommen wurde, thematisiert auf ‚realistische‘ Weise die prekäre und bisweilen desolate Lage mexikanischer Straßenkinder in der Mitte des 20. Jahrhunderts.

    Einführung: Bettina Bruhn & Anna vorm Walde
     
  • 22.01.20, 18 Uhr (Thalia | Roter Salon)
    El ángel exterminador (1962; „Der Würgeengel“)
    (Spanisches Original mit deutschen Untertiteln | 98 Min.)
    In dieser kafkaesken Persiflage findet sich eine feine Abendgesellschaft jählings im gutbürgerlichen Salon ‚eingesperrt‘, wobei peu à peu kultivierte Manieren und vornehme Masken fallen, ehe man in einem Gotteshaus die eigene ‚Befreiung‘ feiern kann, bei der man sich sogleich wieder ‚eingeschlossen‘ meint.

    Einführung: Anke Hügler & Stephanie Wolpert
     
  • 29.01.20, 18 Uhr (Thalia | Roter Salon)
    Le charme discret de la bourgeoisie (1972; „Der diskrete Charme der Bourgeoisie“)
    (Französisches Original mit deutschen Untertiteln | 102 Min.)
    Ausgangspunkt des Films, der 1973 mit dem Oscar prämiert wurde, ist ein großbürgerliches Abendessen, zu dem es aufgrund einer Reihe von Verwicklungen und Absurditäten nicht kommt, wobei sich Buñuel als Meister der ingeniösen Ebenenvertauschung erweist, wenn Traum und vermeintliche Realität immer mehr ‚traumatisch‘ ineinander gespiegelt werden.

    Einführung: Lisa Knapp & Annika Siebert

Die Augsburger Buñuel-Trilogie im Wintersemester 2019/20 ist eine Kooperation des Buñuel-Hauptseminars (Prof. Ferretti) mit dem Thalia Filmtheater und möchte universitäres Wissen zielgruppenspezifisch in situ präsentieren und in einen kulturellen Dialog mit der Gesellschaft bringen.

 

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