KED – Erstellung, Erprobung und Analyse eines didaktisch orientierten Korpus für einfaches Deutsch (KED)

Die Verwendung authentischer Sprachdaten im Rahmen des Data-driven Learning (DDL) (Johns 1991) wird als große Chance für die Sprachvermittlung betrachtet. Im Zentrum von DDL-Aktivitäten steht die Auseinandersetzung von Sprachlernenden mit Belegen authentischer Sprachverwendung. Dabei nutzen Lehrende und/oder Lernende umfangreiche digitale Sammlungen authentischer Texte und Gespräche (Korpora). Sie durchsuchen diese computergestützt nach relevanten Zielwörtern und Mustern, die in ihrem unmittelbaren Kontext ausgegeben und geordnet angezeigt werden. Mit Hilfe von DDL-Aktivitäten lassen sich viele als lernwirksam betrachtete Prinzipien wie Lernerautonomie, Authentizität, entdeckendes und problemlösendes Lernen, induktiver Wissenserwerb, Sprachbewusstheit und Gebrauchsbasiertheit verwirklichen (Boulton 2020).

Während datengeleitetes Lernen im Kontext von Englisch als Fremdsprache seit mehr als drei Jahrzehnten theoretisch reflektiert (O’Keefe 2021), unterrichtspraktisch erprobt (Viana 2023) und empirisch validiert wird (Boulton/Cobb 2017), spielt der Ansatz in Theorie und Praxis der DaF- und DaZ-Vermittlung (Ylönen 2012; Wallner 2016, Krekeler 2021, Dietz 2021) bislang keine nennenswerte Rolle. Für die Implementierung von datengeleitetem Lehren und Lernen in der Unterrichtspraxis von Deutsch als Fremd- und Zweitsprache fehlen bislang sowohl geeignete Korpora als auch didaktisch-konzeptionelle Leitlinien.

Auf der Ebene der Korpusressourcen ist auf die Situation zu reagieren, dass die meisten Korpora des Deutschen primär forschungsorientiert und für eine sprachdidaktische Nutzung durch Lehrpersonen oder Lernende in der Regel zu anspruchsvoll sind. Auf der didaktisch-konzeptionellen Ebene geht es um die Entwicklung und Erprobung von DDL-basierten Lehr-Lernszenarien für unterschiedliche DaF-/DaZ-Vermittlungssettings.

Vor diesem Hintergrund soll im Rahmen des KED-Projekts in einem ersten Schritt ein Korpus aus bildungssprachlichen Texten in einfachem Deutsch erstellt werden, die im Internet öffentlich zugänglich sind. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass ein Korpus aus Texten in einfacher (authentischer) Sprache für DaF/DaZ-Vermittlungskontexte geeigneter ist als ein Korpus aus Texten, die die ganze Bandbreite bildungssprachlicher Lexik und Strukturen aufweisen. Als Grundlage für die Korpuserstellung dient ein vorhandener Korpus-Prototyp (Jach 2022), der um weitere Texte und Textsorten erweitert, mit relevanten Metadaten / Annotierungen und einem didaktisch orientierten, nutzerfreundlichen Web-Interface versehen werden soll.

In einem zweiten Schritt soll das KED-Korpus empirisch hinsichtlich seiner Eignung für die Umsetzung von DDL-Szenarien in der DaF- und DaZ-Vermittlung evaluiert werden. Diese Evaluation umfasst (1) die korpuslinguistische Erfassung sprachlicher Komplexität / Einfachheit des KED-Datenmaterials im Vergleich zu Standardkorpora des Deutschen mittels quantitativer Methoden. Weiterhin sollen (2) nicht nur die Textdaten, sondern auch die Outputs (in Form von Konkordanzlisten) didaktisch motivierter Suchanfragen im KED mit Anfragen in Standardkorpora (DWDS, Corpus Leipzig, DeReKo) verglichen werden. Hierfür kommen sowohl quantitative als auch qualitative Verfahren zum Einsatz. Schließlich ist vorgesehen, (3) die Nutzung des KED in konkreten DDL-basierten Unterrichtssequenzen mittels qualitativer Verfahren zu evaluieren.

 

Projektleitung: PD Dr. Gunther Dietz (Universität Augsburg | Mail: gunther.dietz(at)uni-a.de) & Dr. Daniel Jach (Southwest Jiaotong University, Chengdu | Mail: daniel.jach(at)outlook.com)

 

Literatur

  • Boulton, Alex (2020): "Data-driven learning for younger learners: Obstacles and optimism. Foreword to P. Crosthwaite". In: Crosthwaite, Peter (Hg.): Data-driven learning for the next generation. Corpora and DDL for pre-tertiary learners. London, New York, NY: Routledge.
  • Boulton, Alex & Cobb, Tom (2017): Corpus Use in Language Learning: A Meta-Analysis. Language Learning 67: 2, 348–393. https://doi.org/10.1111/lang.12224 .
  • Dietz, Gunther (2021): "Korpora gesprochener Sprache als Quelle für die Erstellung von Mikro-Hörübungen mit authentischen Hörmaterialien im DaZ-/DaF-Unterricht". Korpora Deutsch als Fremdsprache 1.1, 97–123. Online: https://kordaf.tujournals.ulb.tu-darmstadt.de/article/id/41/ .
  • Jach, Daniel (2022): "Korpus Einfaches Deutsch. Materialgrundlage für die daten-getriebene Lehre von Deutsch als fremder Bildungssprache auf niedrigem Sprachniveau". In: Li, Yuan & Liu, Fang & Wang, Zhongxin (Hg.): Didactica, Cultura, Lingua. Perspektiven des Deutschen. München: iudicium, 231–244.
  • Johns, Tim (1991): "Should you be persuaded. Two samples of data-driven learning materials". "Classroom Concordancing" (eds. Johns, Tim & King, Philip). In: ELT Journal.4, 1–16. Online: https://lexically.net/wordsmith/corpus_linguistics_links/Tim%20Johns%20and%20DDL.pdf , [Abruf: 22.4.22].
  • Krekeler, Christian (2021): "Korpustraining und datengestütztes Lernen im Wirtschaftsdeutsch-Unterricht". Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 26.1, 161–195. Online: http://tujournals.ulb.tu-darmstadt.de/index.php/zif/, [Abruf: 15.6.22].
  • O'Keeffe, Anne (2021): “Data-driven learning – a call for a broader research gaze”. Language Teaching 54: 2, 259–272. https://doi.org/10.1017/S0261444820000245 .
  • Viana, Vander (Hrsg.) (2023): Teaching English with Corpora. A Resource Book. London, New York: Routledge.
  • Wallner, Franziska (2016): "Corpus Literacy im DaF-Studium". In: Chudak, Sebastian & Drumbl, Hans & Nardi, Antonella & Zanin, Renata (Hg.): Medien in Kommunikation und Unterricht. IDT 2013. Band 6 - Sektionen F2, F3, F4. Bozen/Bolzano: Bolzano University Press, 273–290.
  • Ylönen, Sabine (2012): "Qualitative und quantitative Methoden datengeleiteten Lernens". German as a Foreign Language.2-3, 75–113. Online: http://www.gfl-journal.de/2-2012/Ylonen.pdf , [Abruf: 28.6.22].

 

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