Pressemeldung

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Bei der Zentralen Promotionsfeier der Universität Augsburg am 23.11.2018 erhielt Dr. Christopher Schliephake den mit 1.500 Euro dotierten Wissenschaftspreis für seine Dissertation: „Sikander’s Footsteps: Literature of Travel, Exploration, and the (Trans-)Cultural Memory of Alexander the Great along the North-West Frontier of British India“

 

In seiner Dissertation behandelt Herr Dr. Schliephake die kulturelle Erinnerung an Alexander den Großen entlang der sog. „north-west frontier“ Britisch-Indiens in der Zeit zwischen 1780 und 1920. Er untersucht, wie sich britische Entdecker, Reisende, Soldaten und Wissenschaftler bei ihren Unternehmungen in dieser Region auf den makedonischen Feldherren bezogen haben und das Motiv, in seinen ‚Fußstapfen‘ zu reisen, aufgegriffen haben, um ihr eigenes Tun vor einem literarischen Publikum zu repräsentieren. Für britische Reisende in Alexanders Nachfolge waren diese kulturellen Aspekte bedeutsam, markierten sie doch den Beginn der Geschichte einer Region, die Indien, das östliche Persien, Belutschistan, und Sindh umfasste.

 

Die Geschichte der Reisenden mit einer persönlich gefärbten Alexanderrezeption bringt verschiedene Bereiche zusammen – Geographie/Kartographie, Diplomatie und militärische Unternehmungen, kulturelle und archäologische Nachforschungen und koloniale Kultur- und Identitätspolitik. Anhand ausgewählter Beispiele wird Alexanders Bedeutung für die ideologische und praktische Ausgestaltung des britischen Empire in Zentralasien aufgezeigt und die Rolle von Reise- und Entdeckungsliteratur für Prozesse der Antikenrezeption reflektiert. Damit betritt man Neuland, besonders mit der Hauptfrage, warum Alexander für britische Reisende ein attraktives Geschichtsmodell und ein neues Paradigma neben dem römischen Reich bot: Man sah in ihm einen ‚Europäer‘, der erstmals westliche Zivilisation und Kultur in den Os-ten gebracht habe; zudem boten die antiken Quellen die nahezu einzigen Informationen über eine bislang kaum von Europäern bereiste Großregion. Mit Iskander/Sikander stießen die Reisenden freilich auf einen anderen Alexander als auf denjenigen aus der bekannten Überlieferung, zumal indigene Gruppen sich sogar als seine direkten Nachfahren verstanden.

 

Mit methodischer Souveränität, exzellenter Literatur- und Quellenkenntnis sowie beachtlicher Versiertheit in der antiken und britischen Geschichte analysiert Herr Schliephake ein großes, heterogenes Textcorpus. Er zeigt, dass die britische Alexanderrezeption auf einem immensen Vertrauen in die Textüberlieferung und einer eurozentrischen Sichtweise basierte, dass aber der Kontakt mit indigenen Traditionen zu Sikander auf die britische Erinnerung an Alexander zurückwirkte: Sie wurde zu einem multidirektionalen, intersubjektiven Ort der Verhandlung kultu-reller Identität, von dem aus die britische imperialistische Ideologie bestärkt oder herausgefor-dert werden konnte. Mit diesem theoretischen Blickwinkel, der Erinnerungs- und Identitätsstu-dien, Literaturtheorie und Kulturgeschichte verbindet, leistet die Dissertation einen Beitrag zur Konzeptualisierung antiker Rezeptionsgeschichte. Damit gelangt man über die bisherige Forschung deutlich hinaus: Mit seiner Studie hat Herr Schliephake Grundlagenarbeit geleistet, die aufgrund ihrer Originalität und Innovation weiter anregend sein wird.

 

Meldung vom 03.01.2019

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