Patrick Lindermüller: Die Bedeutung/Funktion von Geschichte für die (theologische) (Bio-)Ethik - Eine Analyse verschiedener Konzeptionen und ihre Anwendung auf die Bioethik

„Die Auseinandersetzung mit geschichtlichen Themen stellt nach wie vor ein herausforderndes Arbeitsfeld gegenwärtiger Moraltheologie dar. Doch was treibt die theologische Ethik zu moralhistorischer Forschung an? Gilt es lediglich diesbezügliche Desiderate zu beheben? Was verspricht sich ein Fach wie die Theologische Ethik darüber hinaus von historischer Forschung?“
(Klöcker, Katharina: Und die Geschicht‘ von der Moral – Geschichtlichkeit als elementare Kategorie theologischer Ethik [S. 189-208], in: Essen, Georg/Frevel, Christian [Hgg.]: Theologie der Geschichte – Geschichte der Theologie [Quaestiones Disputatae, Bd. 294], Freiburg im Breisgau 2018, S. 196.)

 

Einen Teil dieser Fragestellungen möchte vorliegendes Promotionsprojekt aufgreifen und zu beantworten suchen, insofern das Projekt die Bedeutung/Funktion von Geschichte für die (theologische) Ethik herauszuarbeiten und die Relevanz dieser fundamentalmoralischen Klärung für die Bioethik aufzuzeigen versucht. Dabei wird in dem Projekt ‚Geschichte‘ formal als „Wissen, Erzählung vom Geschehenden, Begegnenden und Getanen“ (Regenbogen, Arnim/Meyer, Uwe: Geschichte [S. 254.], in: Regenbogen, Arnim/Meyer, Uwe [Hgg.]: Wörterbuch der philosophischen Begriffe [Philosophische Bibliothek, Bd. 500], Hamburg 2013, S. 254.) verstanden und vorläufig ihrem Inhalt nach in einem weiten Sinne begriffen, wobei durchaus möglich ist, dass im Verlauf des Projekts Eingrenzungen erfolgen. ‚Geschichte‘, die für die Fragestellung betrachtet wird, kann gemäß dieses inhaltlich breiten Verständnis‘ so vorläufig beispielsweise die individuelle Lebensgeschichte, die Geschichte eines Begriffs oder auch die Geschichte von Gesellschaften sein. Implizit – dies sei erwähnt – ist durch diese inhaltliche Weitung ‚Geschichte‘ im Sinne des Promotions-Projekts somit formal zunächst nicht allein auf die durch die Methodik der Geschichtswissenschaften rekonstruierten und erzählten Geschehnisse beschränkt (vgl. Regenbogen, Arnim/Meyer, Uwe: Geschichte S. 254.).
Methodisch nun gliedert sich das Promotions-Projekt, um die genannte Fragestellung zu bearbeiten, (vorläufig) in drei Hauptteile. Im ersten der drei Hauptteile werden in dem Projekt verschiedene – ausgewählte – philosophische und theologische Konzeptionen und Positionierungen, die sich mit der Bedeutung/Funktion von Geschichte für Ethik implizit oder explizit befassen, dargestellt. Diese präsentierten Konzepte werden – im zweiten Schritt des ersten Hauptkapitels – je für sich kritisch reflektiert: Sie werden dabei danach befragt, welche Bedeutung/Funktion sie Geschichte – implizit oder explizit – für ethische Fragestellungen zumessen und wo ihre Potentiale und Grenzen liegen.  Schließlich wird im dritten Schritt des ersten Hauptkapitels eruiert, inwiefern die von den Konzepten – implizit oder explizit – zugemessene Rolle von Geschichte für die Bioethik fruchtbar sein kann. Auf dieser drei-schrittigen Analyse der einzelnen Konzeptionen aufbauend erfolgt in einem zweiten Hauptkapitel der Dissertation – in Reflexion des ersten Hauptteils – ein zusammenfassendes Fazit der Rolle von Geschichte für die (Bio-)Ethik und eine Einordnung dieses Fazits in den theologischen Horizont. Es wird in diesem zweiten Hauptteil in anderen Worten also versucht anhand der ausgewerteten Konzeptionen systematisierend zu beantworten, welche Bedeutung/Funktion Geschichte für die Ethik haben kann, wo die Relevanz für die Bioethik liegt und inwiefern diese Ergebnisse fruchtbar für den theologischen Diskurs werden können. Dieses Fazit wird dann im dritten Hauptkapitel abschließend an einem bioethischen Fall exemplarisch zur Anwendung gebracht.
Praktisches Ziel des Projekts ist es, durch diese fundamentalmoralische Klärung der Bedeutung/Funktion von Geschichte für die (theologische) Ethik und der Klärung ihrer Relevanz für die Bioethik bioethische Fragestellungen und Problematiken ‚neu‘ denken zu können, durch diese ‚neuen‘ Perspektiven möglicherweise aus ‚versteinerten‘ Frontstellungen in bioethischen Fragestellungen führen zu können und so einen Beitrag zur Ermöglichung eines gelingenden Lebens zu leisten.

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