Globale Zivile Konfliktbearbeitung? Die Zivile Krisenpräventionspolitik der Bundesregierung

Projektbeschreibung

Die globalen Herausforderungen und Krisen, denen sich die Staaten in der Weltgesellschaft gegenüber sehen, verlangen nach Reaktionen und Strategien, mit denen sich die Systeme stabilisieren lassen. Der Aktionsplan „Zivile Krisenprävention“ und die Leitlinien "Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern" sind als ein Versuch der deutschen Außenpolitik zu verstehen, die Reduktion bzw. den Verzicht auf Gewalt in inter- und transnationalen Konflikten zu befördern bzw. zu stabilisieren. Inwiefern gelingt dies, welche Einsichten und Erkenntnisse sind in diese Konzepte eingeflossen und wie ist die Umsetzung zu beurteilen? Können die internationalen Beiträge der Bundesrepublik Deutschland zur nicht-militärischen Bearbeitung von Konflikten und Krisen in den Konfliktregionen der Welt Krisenprävention und Gewaltverhinderung und damit zur globalen zivilen Konfliktbearbeitung beitragen? Diese Fragen werden u.a. bearbeitet hinsichtlich der deutschen und europäischen Unterstützung der ECOWAS.

 

Geplantes Forschungsprojekt
Si vis pacem, para integrationem? Die Economic Community of West African States aus der Perspektive der Friedens- und Konfliktforschung

Dieses Forschungsprojekt befasst sich mit der Konfliktbearbeitung in Westafrika und dem Beitrag der Economic Community of West African States (ECOWAS) zur Reduktion gewaltsamen Konfliktaustrags. Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts zeigt die Geschichte der ECOWAS eine, abgesehen von der Europäischen Union, weltweit beispiellos weitreichende Entwicklung regionaler Integration, insbesondere im Bereich Sicherheit und Frieden. Die jüngsten Beispiele ihres Engagements, die erfolgreiche Vermittlung nach einem Militärputsch in Guinea-Bissau 2012, die Vermittlung nach dem Militärputsch in Mali 2012 und die Entsendung von Eingreiftruppen, legen nahe, dass die ECOWAS, wenngleich von Zeit zu Zeit in Kooperation mit externen Akteuren (z.B. Frankreich bzw. den Vereinten Nationen im Fall Mali), zu einem als eigenständig wahrgenommenen Akteur des regionalen Konfliktmanagements innerhalb der Afrikanischen Union und damit der internationalen Politik geworden ist. 

Aus der Perspektive der Friedens- und Konfliktforschung ist diese Entwicklung der ECOWAS ein Beispiel für Friedenssicherung durch Integration, insbesondere durch die Etablierung von Normen und Institutionen, die bei aktuellen und zukünftigen Konflikten die Anwendung von Gewalt verhindern sollen („zivile Konfliktbearbeitung“). Es stellt sich in diesem Zusammenhang also die Frage, inwiefern die ECOWAS friedliche, d.h. zivile Konfliktbearbeitung betreibt bzw. über Normen und Institutionen verfügt, die diese ermöglichen. Die Frage nach der „Friedensleistung“ der ECOWAS besitzt auch aus Sicht der deutschen Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik, die die ECOWAS im Rahmen ihres Schwerpunkts der „Zivilen Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung“ umfangreich unterstützt, große Relevanz.

Ziel des Forschungsprojekts ist es, notwendige und hinreichende Bedingungen zur Erklärung der Entscheidungsprozesse der ECOWAS, d.h. der Entscheidungen bezogen auf die Wahl der Konfliktbearbeitungsstrategien, benennen zu können. Damit soll beurteilt werden, ob sich die ECOWAS zu einer Institution der zivilen Konfliktbearbeitung entwickelt hat bzw. durch ihr Engagement Normen gestärkt wurden/werden, die den Gewaltverzicht bei der Austragung politischer Konflikte in Westafrika beinhalten. Dies ist von besonderer Relevanz für die deutsche Außen- und Entwicklungspolitik, die als „Zivilmacht“ mit ihrer Unterstützung der ECOWAS auf eine gewaltfreie Regelung der regionalen Konflikte abzielt und hierfür den europäischen Integrationsprozess als gelungenes Beispiel struktureller Krisenprävention beschreibt.

Das Forschungsprojekt wurde in der Pilotphase (09/2012 - 06/2013) vom Kompetenzzentrum Kultur- und Bildungswissenschaften (KKB) der Universität Augsburg finanziert.

 

Projektmitarbeiter:
Prof. Dr. Christoph Weller
Richard Bösch, M.A.

Literatur

  • Weller, Christoph 2017: Krisenprävention bedarf reflexiver Formen der Außenpolitikberatung in: PeaceLab 2016 des Auswärtigen Amts zur Entwicklung neuer Leitlinien der Bundesregierung für Krisenengagement und Friedensförderung.
  • Gulowski Rebecca/Weller, Christoph 2017: Zivile Konfliktbearbeitung. Kritik, Konzept und theoretische Fundierung, in: Peripherie 148:37, 386-411
  • Bösch, Richard 2013: Regional organizations as new building blocks of peace? Inclusive conflict management in West Africa - some theoretical considerations, Papier präsentiert bei der 8th Pan-European Conference on International Relations vom 18. - 21. 9. 2013 in Warschau, Polen.
  • Stengel, Frank A./Weller, Christoph 2010: Action Plan or Faction Plan? Germany´s Eclectic Approach to Conflict Resolution, in: International Peacekeeping 17: 1, 93-107.
  • Weller, Christoph 2008: Zivile Krisenprävention und Konfliktbearbeitung: Politische Herausforderungen und der Aktionsplan der Bundesregierung, in: Schlotter, Peter et al. (Hrsg.): Berliner Friedenspolitik? Militärische Transformation - Zivile Impulse - Europäische Einbindung (AFK-Friedensschriften, Band 34), Baden-Baden: Nomos, 109-136.
  • Stengel, Frank A./Weller, Christoph 2008: Vier Jahre Aktionsplan "Zivile Krisenprävention" - war das alles? (GIGA Focus Global 11/2008), Hamburg: German Institute of Global and Area Studies.
  • Weller, Christoph 2007: Aktionsplan Zivile Krisenprävention der Bundesregierung - Jetzt ist dynamische Umsetzung gefordert. Eine Zwischenbilanz nach drei Jahren, INEF Policy Brief 02. Duisburg: Institut für Entwicklung und Frieden (INEF), 2007.
  • Weller, Christoph (Hrsg.) 2007: Zivile Konfliktbearbeitung: Aktuelle Forschungsergebnisse, INEF-Report 85. Duisburg: Institut für Entwicklung und Frieden.
  • Weller, Christoph 2007: Aktionsplan Zivile Krisenprävention: Nur eine Absichtserklärung?, in: eins - Entwicklungspolitik, Information Nord-Süd 10-11/2007, 25-26.
  • Weller, Christoph 2007: Jetzt ist dynamische Umsetzung gefordert. Eine Zwischenbilanz zum Aktionsplan Zivile Krisenprävention, in: Frieden braucht Fachleute: Zeitung des Forum Ziviler Friedensdienst 3/2007.
  • Weller, Christoph 2006: El Plan de Acción Alemán: Prevención Civil de Crisis, Resolución de Conflictos y Construcción de la Paz, in: Documentación Social: Revista de Estudios Sociales y de Sociología Aplicada 142 (julio-septiembre 2006). Madrid, 99-116.
  • Weller, Christoph 2003: Was ist Zivile Konfliktbearbeitung?, in: Plattform Zivile Konfliktbearbeitung (Hrsg.): Frieden braucht Gesellschaft! Gesellschaftliche Ansätze in der Zivilen Konfliktbearbeitung - Eine Bestandsaufnahme. Wahlenau, 13-18.

Ansprechpartner*in

Lehrstuhl für
Politikwissenschaft, Friedens- und Konfliktforschung

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