Thunderstorm Asthma

Asthma-Anfälle durch Gewitter?

Das umweltmedizinische Forschungsprojekt TARA untersucht Thunderstorm-Asthma in der Region Augsburg

Gewitter richten nicht nur verheerende volkswirtschaftliche Schäden an. Sie sind auch für Umweltmediziner und Internisten von Bedeutung. Neben Blitzschlag, Hagel oder Starkwind können Gewitterstürme in der Pollen- und Pilzsporensaison nämlich auch zu massenhaft auftretenden, schwerwiegenden Asthma-Anfällen führen. Erhalten die Betroffenen keine rasche medizinische Versorgung, kann das zum Erstickungstod führen.
 In Melbourne, Australien, wurden während eines solchen Asthma-Gewitters im November 2017 innerhalb von fünf Stunden 1900 Notrufe aufgezeichnet und ca. 8500 Patienten suchten die Notaufnahmen der örtlichen Krankenhäuser auf. Die Kliniken waren daraufhin völlig überlastet, es kam zu insgesamt neun Asthma-bedingten Todesfällen
.

Das zugrunde liegende Phänomen heißt in der Fachliteratur „Thunderstorm Asthma“ ( „gewitterbedingtes Asthma“) und trat in der Vergangenheit nachweislich in Großbritannien, Italien, Kanada, USA und Australien auf. Auch in Deutschland beobachtet man dieses Krankheitsbild , z.B. am Allergie-Centrum-Charité in Berlin oder am Klinikum Augsburg, das ebenfalls über eine Häufung von Asthmaanfällen in zeitlichem Zusammenhang mit Gewittern berichtet. Eine systematische Studie für Deutschland bzw. Zentraleuropa existiert bislang aber nicht.

 

© Universität Augsburg

Gewitter können spektakulär schöne Naturschauspiele sein, aber – mit dem Klimawandel zunehmend – auch Ursache von massiven, teils lebensbedrohlichen Asthma-Anfällen.

 

Im Zuge des Klimawandels ist in Zukunft von einer Verschärfung dieser Gesundheitsgefahr auszugehen, da sowohl Gewitter als auch Allergien zunehmen werden.

 Deshalb haben sich in Augsburg Klima- und Umweltwissenschaftler der Universität Augsburg  und Mediziner des Klinikums Augsburg zu einer Forschungsgruppe zusammengefunden. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern konnte als Kooperationspartner gewonnen werden. Die Forschungsgruppe, die im Bereich des Augsburger Forschungsschwerpunktes Umwelt und Gesundheit (Environmental Health Sciences) angesiedelt ist, wird das gewitterbedingte Asthmarisiko der Region erfassen und die zugrundeliegenden Prozesse analysieren. Auf dieser Grundlage sollen künftige Entwicklungen im Zuge des Klimawandels abgeschätzt werden. Weiterhin werden Strategien entwickelt, um das Risiko von Thunderstorm Asthma zu minimieren.

Dieses Vorhaben wird ab April 2018 im Forschungsprojekt „Thunderstorm Asthma in der Region Augsburg“ (TARA) als Teil des Verbundprojekts Klimawandel und Gesundheit der bayerischen Staatsministerien für Umwelt und Verbraucherschutz sowie für Gesundheit und Pflege umgesetzt werden. In einer ersten Projektphase soll auf Grundlage von Klima-, Aeroallergen- und Gesundheitsdaten der Zusammenhang zwischen Gewittern und Asthma in der Modellregion Augsburg statistisch analysiert werden. Eine Herausforderung stellt die zeitliche und räumliche Zuordnung von Asthma-bedingten Notfällen zu Gewitterzellen dar. Gelingt dieser Nachweis, sollen die Ursachen des Phänomens u.a. durch Messungen mit automatischen Pollensammlern und unbemannten Luftfahrtsystemen näher erforscht werden. Bislang ist bekannt, dass Pollen und Pilzsporen bei Feuchtigkeit aufbrechen und allergene Mikropartikel freisetzen. Man vermutet, dass Auf- und Abwinde in Gewitterzellen die freigesetzten Allergene am Boden stark anreichern und so die Situation für Allergiker massiv verschärfen. Die beteiligten Forscher werden diese Vermutung anhand von Klima- und Aeroallergenmessungen in höheren Luftschichten, wie sie mit den unbemannten Luftfahrtsystemen des Instituts für Geographie möglich werden, überprüfen.  


 

Projektbeteiligte: Das interdisziplinäre Forschungsprojekt wird durchgeführt am Institut für Geographie (Andreas Philipp, Projektleitung) und am Wissenschaftszentrum Umwelt (Jens Soentgen) der Universität Augsburg sowie am Lehrstuhl für Umweltmedizin des UNIKA-T (Athanasios Damialis) und an der II. Klinik für Kinder und Jugendliche des Klinikums Augsburg (Dr. Michael Gerstlauer).

 

Kooperationspartner: Kassenärztliche Vereinigung Bayern

 

Artikel als PDF in der Beilage zu "Wissenschaft und Forschung in Augsburg", Ausgabe 10, Winter 2018.

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