Lebensraum: Dächer

"A library is infinty under a roof" - Gail Carson Levine, Autorin

Die Dachbegrünung hat in Deutschland bereits eine längere Geschichte. In jüngster Zeit wird immer häufiger in Richtung der Anwendbarkeit von Dachbepflanzung geforscht. Besonders in Zeiten des Bewusstseins des Klimawandels wird nach derartigen Anpassungs- bzw. Resilienzstrategien gesucht. Durch die Bepflanzung von Dächern erhofft man sich positive stadtökologische Effekte. Dazu gehört z.B. die Senkung der Lufttemperatur, des Lärms und des Versiegelungsgrads, Gebäudekühlung im Sommer bzw. Wärmeisolation im Winter sowie die Erhöhung der Artenvielfalt (Biodiversität).

 

Dem alltäglichen Besucher des Universitätscampus’ mag das nicht sofort auffallen aber an der Universität Augsburg sind vergleichsweise viele Dächer von Vegetation bedeckt. Das obere Bild zeigt das Dach der sozialwissenschaftlichen Bibliothek. Was zu Beginn noch ein künstlich angelegter Lebensraum und in erster Linie von angepflanzten Arten dominiert war, ist heute stellenweise ein Habitat geworden, das durch das Hinzukommen spontaner Pflanzenarten, die vor allem wärmeliebend sind und magere Standorte bevorzugen, hochgradig zur pflanzlichen und tierischen Artenvielfalt beiträgt. Hier finden sich unter anderem auch Arten, die auf dem Campus exklusiv nur auf den Dächern vorkommen.

 

Echter Dost (Origanum vulgare)

Origanum vulgare

Fundort am Campus: Pflasterritzen, Uni-Heide, Dächer

Der Echte Dost ist mit seinen auffälligen, rosa- bis lilafarbenen Blüten auch unter dem Namen Oregano bekannt, welcher häufig bei der Zubereitung italienischer und griechischer Speisen als Gewürz genutzt wird. Falls man sich bei der Bestimmung also nicht sicher ist, kann man kurz an den Blättern oder an den Blüten riechen, da diese den charakteristischen „Oregano-Duft“ verbreiten. Bevorzugt wächst diese Pflanze an trockenen bis halbtrockenen Standorten bei warmen Temperaturen. Dies ist höchstwahrscheinlich auch der Grund, weshalb der Echte Dost sich am Campus vor allem an Pflasterritzen und dem Dachschotter ausbreitet. Darüber hinaus ist der Echte Dost oft an warmen Säumen etabliert. Neben der herkömmlich bekannten Nutzung des Krauts in der mediterranen Küche, wurde Oregano früher ebenfalls beim Bierbrauen eingesetzt.

Echtes Leinkraut (Linaria vulgaris)

Linaria vulgaris

Fundort am Campus: Diverse Dächer und die Terrasse der Juristischen Fakultät

Das echte Leinkraut breitet sich hauptsächlich an Straßenrändern, Schienen, Brachflächen oder sonstigen Ruderalstandorten aus. Neben der auffälligen gelben Blüte lässt sich das Leinkraut ziemlich gut anhand des aufrechten Wachstums und den blau überlaufenen und wechselständigen schmalen Blättern erkennen, die von oben betrachtet eine sternförmige Anordnung aufweisen. Die grelle Farbe lockt zwar diverse Insekten an, jedoch gelingt es nur den kräftigeren Fluginsekten die Blüte zu öffnen, um an den begehrten Nektar zu gelangen. Die Samen von Linaria vulgaris sind sehr ölhaltig und können verspeist werden. So eignen sie sich beispielsweise als Zutat zu Teigen und verleihen Gebäck eine nussige Note.

Hasenklee (Trifolium arvense)

Trifolium arvense

Fundort am Campus: Dächer, Uni-Heide, Pflasterritzen

Jeder kennt den Aberglauben, dass der Fund eines vierblättrigen Kleeblatts Glück mit sich bringt. Dabei denkt der Großteil der Menschen sofort an den Wiesen-Klee (Trifolium pratense) oder den Weißen Klee (Trifolium repens). Es existieren jedoch noch viele andere Arten, die oft unterschiedliche Vorlieben haben und folglich bestimmten Lebensräumen zugeordnet werden können. Solch eine Klee-Art ist z.B. der Hasen-Klee oder auch Trifolium arvense, der bevorzugt auf (steinigen) Rohböden wächst und Wärme und Trockenheit sucht. Der Hasen-Klee hat im Gegensatz zu den bereits erwähnten herkömmlichen Klee-Arten längliche Blätter. Namensgebend ist der sehr auffällige, weiche und graue Blütenstand, der an das Fell eines Hasens erinnert. Diese besondere Blüte ist unter den Kleearten ein Alleinstellungsmerkmal, wodurch es folglich kaum zu Verwechslung kommen kann. Früher wurde dem Hasen-Klee eine Heilwirkung gegen Darmkatarrh zuerkannt.

 

Kleines Seifenkraut (Saponaria ocymoides)

Saponaria ocymoides

Fundort am Campus: Terrasse der Juristischen Fakultät

Das Kleine Seifenkraut ist eine ganz besondere Pflanze, da sie in Deutschland sehr selten ist und laut der Roten Liste gefährdeter Gefäßpflanzen Bayerns vom Aussterben bedroht ist. In der Natur breitet sich diese seltene Pflanze bevorzugt an felsigen Gebirgshängen aus und ist resistent gegen Trockenheit. Auf unserem Campus wächst sie auf einer Dachterrasse. Da bepflanzte Dächer häufig steinigen Untergrund aufweisen und durch die Sonnenexposition hohen Temperaturen ausgesetzt sind, hat sich das kleine Seifenkraut das Dach als Nebenoptimum ausgesucht. Dies sind Standorte, die durch ihre ähnlichen Standorteinflüsse dem ursprünglichen Lebensraum der Art entsprechen und folglich als Ersatzhabitat fungieren. Zur gleichen Gattung gehört auch das viel häufiger vorkommende Gewöhnliche Seifenkraut (Saponaria officinalis), das jedoch weiße Blüten hat und größer ist als das hier beschriebene Kleine Seifenkraut. Namensgebend für die Seifenkräuter ist die Tatsache, dass sie früher gerne zum Waschen hergenommen wurden, wenn es keine Alternative gab. Kombiniert mit Wasser wird dem Seifenkraut eine reinigende Wirkung zugesprochen.

 

Lampenputzergras (Pennisetum)

Pennisetum agg.

Fundort am Campus: Terrasse des Musik- und Kunstgebäudes

Neben der Dachvegetation gibt es auf dem Campus der Universität Augsburg auch stellenweise bepflanzte Beete auf Terrassen. Auf der Terrasse des Zentrums für Kunst und Musik findet sich z.B. das Lampenputzergras. Wie der Großteil der sich hier befindlichen Arten, handelt es sich hierbei um eine angepflanzte Pflanze, da diese Gattung sich in unseren Gebieten kaum ausbreitet. Bekannt ist Pennisetum agg. als unbeständiger Neophyt (eingewanderte Art), dessen häufigste Vertreter kaum in Mitteleuropa vorkommen. Namensgebend für die Pflanze ist wohl die auffällige Anordnung der Ähren und deren Grannen, die als ästhetisch ansprechend gelten und somit relativ häufig in Gärten angepflanzt werden.

 

Weihenstephaner Gold (Sedum floriferum)

Sedum floriferum

Fundort am Campus: Dach am Sportgelände

In Siedlungsbereichen findet der aufmerksame Beobachter oft eine Mischung aus spontaner, subspontaner und angepflanzter Vegetation. In der Natur ist Sedum floriferum im Gegensatz zu vielen anderen Sedum-Arten kaum zu finden, da sie häufig vorsätzlich gezüchtet wird. Durch ihre teppichartige Ausbreitung, gold-gelbe Blüte und den geringen Pflegeaufwand wird die Pflanze sehr gerne in Gärten, auf steinigen/felsigen Standorten in Parks und auf Dächern angepflanzt. So hat es das Saatgut auch auf die Dächer des Sportzentrums geschafft wo Sedum floriferum beinahe die gesamte Fläche eingenommen hat. Die durchgehende Sonnenexposition begünstigt das Wachstum des Pflanzenteppichs, da der Großteil der Sedum-Arten wärmeliebend ist. 

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