Frankreichs Handel mit den USA von 1865 bis zum Ersten Weltkrieg
Volumina des transatlantischen Handels von 1865 bis zum Ersten Weltkrieg (USA, Großbritannien, Frankreich, deutsche Staaten bzw. Deutsches Reich)
Der nordatlantische Raum war in den fünf Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg zum bedeutendsten Handelsraum der Welt geworden. Industrieproduktion und Handel hatten zur Mitte der 1860er Jahre, hier setzt die Graphik ein, ein hohes Niveau erreicht. Die USA, Großbritannien, das Deutsche Reich und Frankreich waren damals sowohl in der Industrieproduktion als auch im Welthandel führend, wobei die US-amerikanische Industrieproduktion seit den 1870er Jahren die britische zu überflügeln begann und das Deutsche Reich seit den späten 1890er Jahren den zweiten Platz hinter den USA einnahm.
In den fünf Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg stieg der Handel zwischen den atlantischen Mächten an Volumen und Wert (vgl. z.B. Großbritanniens Handel mit den USA, den US-amerikanischen Handel mit den deutschen Staaten bzw. dem Deutschen Reich sowie die internationalen Kapitalbewegungen). Gehandelt wurden Rohstoffe, Agrarerzeugnisse und Industrieprodukte. So wurden beispielsweise Baumwolle und Getreide aus den USA nach Europa exportiert und europäischer Stahl in die USA eingeführt.
Wesentliche Voraussetzungen für den Anstieg des nordatlantischen Handelsvolumens" wie auch des Welthandelsvolumens waren eine effektive Liniendampfschifffahrt, der Ausbau von Eisenbahnstreckennetzen, die Produktions- und Handelsplätze miteinander sowie mit Hafenumschlagplätzen verbanden, eine effiziente Verknüpfung von Land- und Seetransportwegen sowie schließlich eine leistungsstarke Telekommunikation im atlantischen Raum, die auf dem Ausbau sowohl der kontinentalen Netze als auch der Seekabelverbindungen beruhte (vgl. z.B. das Weltkabelnetz in den Jahren 1870 und 1914, das britische Seekabelnetz, das US-amerikanische Seekabelnetz, das französische Seekabelnetz sowie das deutsche Seekabelnetz.
Hatten die USA zusammen mit Kanada 1850 einen Welthandelsanteil von rund acht Prozent, so stieg dieser bis 1914 auf rund 13 Prozent, wobei es in diesem Zeitraum noch eine latente, tendenziell jedoch abnehmende Abhängigkeit der USA vom europäischen Markt gab.
Als mit großem Abstand führende Welthandelsmacht dominierte Großbritannien den Welthandel, das in den 1870er Jahren zugleich weltweit führende Industriemacht war, wobei dem atlantischen Handel mit den USA eine zentrale Bedeutung zukam. So kamen zur Jahrhundertmitte 46 Prozent der US-amerikanischen Einfuhren aus Großbritannien (das waren etwa 16,5 Prozent der britischen Ausfuhren) und zwischen 1886 und 1893 verzeichnete das US-amerikanisch-britische Handelsvolumen einen Zuwachs von 30,5 Prozent. Zu fast zwei Dritteln bestimmten Einfuhren das atlantische Handelsvolumen Großbritanniens, wobei Baumwolle und Getreide die wichtigsten Importgüter darstellten. Hinzu kamen gegen Ende des Jahrhunderts Kupfer und Elektrotechnik. Der britische Export konzentrierte sich hingegen auf Fertigprodukte, so z.B. Industrieerzeugnisse, insbesondere" mit jedoch rückläufiger Tendenz " Baumwollerzeugnisse, Metallwaren (z.B. Maschinen, Roheisen, Rohre) und Chemieprodukte.
Als Industriemacht nahm Frankreich von 1865 bis 1914 den vierten Platz in der Weltspitze hinter den USA, England und Deutschland ein. Dabei war der französische Anteil am Welthandel insgesamt rückläufig.
Der französische Handel mit den USA war, abgesehen von zwei extremen Importspitzen am Beginn der 1880er und 90er Jahre, fast ausgeglichen. Dennoch dominierte in den letzten beiden Jahrzehnten vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs der französische Import.
Seit der Reichsgründung konnte Deutschland einen rasanten Aufstieg als Industriemacht verzeichnen. In den späten 1890er Jahren überflügelte die deutsche Industrieproduktion die britische, wodurch Deutschland auf Platz zwei der führenden Industriemächte hinter die USA aufrückte. Der deutsche Handel mit den USA hatte den französischen bereits seit Mitte der 1890er Jahre eingeholt. Das US-amerikanisch-deutsche Handelsvolumen verzeichnete im Zeitraum von 1865 bis 1914 ein kontinuierliches Wachstum. Dabei übertraf der deutsche Anteil am Welthandelsvolumen seit den 1880er Jahren den US-amerikanischen und stieg bis zum Ersten Weltkrieg weiterhin an. War die US-amerikanisch-deutsche Handelsbilanz bis zur Mitte der 1880er Jahren fast ausgeglichen gewesen, übertraf der US-amerikanische Export in der Folgezeit dauerhaft den Import.
Literaturhinweise:
- Pohl, Hans: Aufbruch der Weltwirtschaft, Stuttgart 1989.
- Edelmeyer, Friedrich/ Landstreiner Erich/ Pieper, Renate (Hrsg.): Die Geschichte des europäischen Welthandels und der Wirtschaftliche Globalisierungsprozeß, Wien, 2001.
- Davis, R[ ]: The Industrial Revolution and British Overseas Trade, Leicester 1979.