Großbritanniens Handel mit Indien von 1854 bis zum Beginn des Ersten Weltkrieg

Indien war für Großbritannien das wichtigste Produktions- und Ausfuhrland für Baumwolle, Jute, Tee und Getreide. Der britisch-indische Handel hatte bereits im Jahre 1858 (nicht in der Graphik enthalten) ein Volumen erreicht, das mit rund siebzehn Millionen Pfund das Volumen des US-amerikanisch-britischen Handels übertraf, das sich im selben Jahr auf 14,5 Millionen Pfund belief. (Die Graphik setzt mit dem Jahr 1854 (drei Jahre vor dem Sapoy-Aufstand) ein, weil seit dieser Zeit Handelsdaten ohne Überlieferungslücken vorliegen).
 

Als während des Amerikanischen Bürgerkriegs (1861-1865) die Baumwolle-Lieferungen nach Großbritannien ausblieben, geriet die britische Bauwollindustrie in eine akute Krisensituation und machte Indien zu ihrem zentralen Bezugsraum. Die Intensivierung des britischen Baumwollimports aus Indien drückte sich in einem extremen Anstieg des Handelsvolumens aus, das sich zwischen 1860 und 1865 mehr als verdoppelte. Dabei pendelte sich das Handelsvolumen auf einem Niveau ein, das doppelt so hoch wie in den 1850er Jahren war.

In den 1870er Jahren wurde nach der Öffnung des Suezkanals (1869) eine exportorientierte Baumwollindustrie aufgebaut, um den Bedarf der britischen Industrie zu sichern. Für eine kontinuierliche und stetige Lieferung waren Plantagen, Spinnereien und Färbereien, sowie die nötige Verkehrsinfrastruktur in großem Umfang nötig. Die Roherzeugnisse gingen in die britische Baumwollindustrie. Erzeugnisse der britischen Baumwollindustrie wurden wiederum nach Indien exportiert. Seit der Mitte der 1870er Jahre zeigte der britische Export nach Indien nur geringe Zuwächse, der Import indischer Güter pendelte sich zunächst bei knapp unter 25 Millionen Pfund ein. Über die 1880er Jahre hinweg konnte der Handel einen Stand von über 60 Millionen Pfund halten und lag damit deutlich über dem Niveau der 1870er Jahre. Ein leichter, aber stetiger Aufwärtstrend fand seinen Höhepunkt im Jahr 1890. Seit den 1890er Jahren ging der indische Export vorübergehend zurück. Dies lag im Trend der Weltwirtschaft, doch wirkten sich auch Anfänge der Übervölkerung in Indien sowie der Konkurrenz am asiatischen Markt mit China und Japan nachteilig aus.

Ab 1904 stieg das britisch-indische Handelsvolumen mit 78 Millionen Pfund bei einer fast ausgeglichenen Handelsbilanz auf eine bis dahin nicht erreichte Höhe, ein Anstieg, der ebenfalls im Trend der Weltwirtschaft lag und sich, durch kurzzeitige Rückgänge (1908/09) unterbrochen, mit starken Wachstumsraten bis zum Ersten Weltkrieg fortsetzte.
 

Da Indien über keine einheimische Schwerindustrie verfügte und weder die Briten noch die indischen Eliten an einer Industrialisierung der Kronkolonie interessiert waren, mussten für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur alle für den Bau und Betrieb der Eisenbahn nötigen Erzeugnisse vom Mutterland in die Kolonie exportiert werden. Zugleich wurde Indien an das britische Seekabelnetz angeschlossen, was die Laufzeit einer Nachricht zwischen London und Bombay bis zur Veröffentlichung erheblich verkürzte.
 

Literaturhinweise:

  • Pohl, Hans: Aufbruch der Weltwirtschaft, Stuttgart 1989.
  • Rostow, Walter Whitman: The World Economy. History and Prospect, London 1978.

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