Basare und Karawansereien in Akkon

Beitrag von Roman Walch

 

Bedeutung als Hafenstadt im Laufe der Jahrhunderte

Die Stadt Akkon blickt auf eine lange Geschichte als Handelsstützpunkt zurück. Sie zählt zu den ältesten Städten der östlichen Mittelmeerküste: Bereits in der Bronzezeit sicherten die günstigen natürlichen Gegebenheiten um die Bucht die Einfahrt von Schiffen. Deshalb, und wegen ihrer strategisch günstigen Lage, war die Stadt wiederholt umkämpft und wechselte mit ihren zahlreichen Herrschern auch oft ihren Namen und das Maß ihrer Bedeutung. Nach Phasen des Rückgangs führten ihre guten Voraussetzungen für den Seehandel über die Jahrhunderte beständig wieder Blütezeiten herbei. Die muslimischen Herren hatten seit der Einnahme der Stadt im Jahre 636 mit dem Ausbau und der Befestigung des Hafens einen noch geeigneteren Anlegeplatz für zahlreiche Schiffe geschaffen, der durch Mauern geschützt war und sogar durch eine Kette gesichert werden konnte. Bald nach der Eroberung im Jahr 1104 in der Folge des Ersten Kreuzzugs brach der Zenit an: Die Kreuzfahrerstaaten erkoren sich die Stadt zum wichtigsten Hafen der christlichen Levante aus. Unzählige Pilgerströme landeten hier an und kurze Zeit später begannen die bedeutendsten italienischen Städte, Handelsposten in Akkon einzurichten. Handelsanreize und Privilegien verstärkten diese Tendenz und führten so zur Bildung eigener Viertel der verschiedenen investierenden Mutterstädte, namhaft vor allem Pisa, Venedig und Genua, bis die Stadt zum Zentrum des Handels mit Indien und Ostasien geworden war. Als Jerusalem an die Muslime verloren ging, nahm sie sogar eine einer Hauptstadt des Königreichs nicht unähnlichen Rolle ein. Mit wachsendem Wohlstand und Status wurden natürlich auch Stimmen laut, die den dortigen Sittenverfall beklagten. Die Zerstörung nach der Belagerung durch die Mameluken beendete diese Glanzzeit schließlich und hinterließ schwere Spuren, die zum Teil erst im 18. Jahrhundert behoben wurden. Was von Akkon übrig blieb, wurde in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts von den Osmanen erobert.

 

 

Handel der Provinz im osmanischen Reich

Das Osmanische Reich, das sich in dieser Zeit wegen innerer Konflikte des Mamelukensultanats schnell gegen dieses durchsetzte und dessen Gebiet in seine Einflusszone integrierte, bot dem Handel im mittleren Osten die Möglichkeit zu prosperieren. Grund dafür waren die verhältnismäßig gesicherteren Verhältnisse und der sich eröffnende riesige und interkontinentale Binnenmarkt. Das osmanische Interesse, den Warenaustausch zu steigern, war groß: Binnenzölle waren eine wichtige Einnahmequelle, und zusätzlich mussten Steuern in Form von Markt- und Wegzöllen entrichtet werden. Akkon konnte, immer noch in Folge seiner Zerstörung, zunächst keinen übermäßigen Vorteil aus der Lage der Dinge ziehen. Andere Städte hingegen entwickelten sich und wurden gefördert. Aleppo stieg beispielsweise nach 1516 zu einem wichtigen Zentrum des Handels auf. Hier wurden Khane, Karawansereien mit Unterkünften für die Händler, und überdachte Ladenstraßen errichtet.

 

Die Entdeckung der Seewege nach Indien sorgte für eine Verlagerung, nicht aber für einen Einbruch der Handelsrouten durch die Provinzen Großsyrien und Ägypten. Der Wiederaufbau syrischer Städte und der daraus resultierende steigende Wohlstand öffneten dem internationalen Warenaustausch die Türen. Nun erhielt auch Akkon wieder eine bescheidene Funktion als Markt, der eine Gruppe französischer Händler anlockte.

 

Zwischen 1720-1765 erlebte der Handel im Osmanischen Reich eine Hochkonjunktur, nicht zuletzt durch eine Epoche relativen Friedens an den Grenzen und der daraus hervorgehenden Möglichkeit, gegen Räuberbanden vorzugehen. Diese hatten sich in den Krisen der vorangehenden Jahre ausgebreitet. Nach und nach gelang es jetzt, die Straßen und Handelsrouten abzusichern. Gegen 1750 wurden vor allem Regionen an den Küsten des Reiches an europäischen Märkten beteiligt und gerieten so zumindest teilweise in eine Abhängigkeit der schwankenden Nachfragen europäischer Wirtschaftszentren. Natürlich boten sich hier auch Gelegenheiten, Profit zu machen. In diese Zeit fällt die Intensivierung des akkoner Handels durch Dahir el-Umar, einen Prätendenten, der sich gegen die osmanische Vormachtstellung wendete. Er wählte Akkon zu seinem Sitz und widmete sich dem Wiederaufbau der Stadt. Seine Maßnahmen trugen erheblich zum erneuten wirtschaftlichen Aufstieg der Stadt bei: Jüdische und christliche Händler wurden vermehrt in die Prozesse und Unternehmungen mit einbezogen. Der Handlungsspielraum der französischen Unternehmer wurde dabei auf die Stadt beschränkt. El-Umar behielt sich so das Monopol auf alle Geschäfte im Umland vor. Er versuchte hierfür auch, den Kontakt zwischen französischen Händlern und der Lokalbevölkerung zu minimieren. Unter seiner Herrschaft wurde der Getreidemarkt eröffnet. Der zweite, von ihm gegründete und nach ihm benannte, Basar entwickelte sich zum kommerziellen Herzen der Stadt. Außerdem ließ er den alten Hafen mit Wellenbrechern versehen und einen neuen anlegen.

 

In einer Phase der wirtschaftlichen Stagnation im übrigen Osmanischen Reich beschloss Ahmad el-Jezzar Pascha, „der Schlächter“, seinen Regierungssitz nach Akkon zu verlegen, nachdem er dieses dem el-Umar abgerungen hatte, und der Stadt zu weiterem Aufschwung zu verhelfen. Er finanzierte eine rege Bautätigkeit, der das Stadtbild die Hauptmoschee und ein türkisches Bad verdankt, und ließ auch ein großes Handelsgebäude errichten: Den Khan el-Umdan. Zudem wurden weitere Basare – darunter auch der türkische – gegründet und eine Geschäftsstraße eingerichtet. Seine Befestigungen, finanziert unter anderem durch Monopole auf Baumwoll- und Getreidehandel, erlangten Berühmtheit, als er sie erfolgreich mit britischer Hilfe gegen Napoleon verteidigte. Das Wirtschaftswachstum wurde durch größere Unabhängigkeit der Region vom Osmanischen Reich gefördert. Auch el-Jezzars Adoptivsohn und Nachfolger Suleyman Pascha wusste den Trend fortzusetzen.

 

 

Bedeutungsverlust

Die Wirren nach der Eroberung durch Ibrahim Bey von Ägypten kosteten Akkon seine Vorrangstellung. Doch diese Unruhen waren nicht das einzige Problem: Änderungen in den Anforderungen an den Warentransport und in der Schiffsbautechnik, die die Schiffe immer größer werden ließen, wie auch das Versanden der Bucht nahmen der Stadt nach und nach ihre Bedeutung als Umschlagplatz. Wie Sidon wurde auch Akkon schließlich von Beirut als wichtigstem Hafen der Region abgelöst. Eine Rolle dabei spielte eine französische Eisenbahnlinie zwischen Beirut und Damaskus. Akkon besaß zwar fünf Khane und zwei Basare, blieb aber fürderhin eine Provinzstadt. Auch heute kann der Hafen nicht mit dem Haifas, der in derselben Bucht liegt, in Konkurrenz treten.

 

 

Die Mittelpunkte des Handels – Karawansereien und Basare

 

Abb. 1: Grober Altstadtplan Akkons mit den gelb markierten Khanen.

 

Karawansereien, auch Khans genannt, erfüllten Aufgaben als Lagerräume, Ställe und Behausungen der Händler. Die stadtälteste dieser Unterkünfte befindet sich im Zentrum des ehemaligen venezianischen Viertels. Der Khan wurde in der Mitte des 16. Jahrhunderts von französischen Händlern erbaut, von denen er auch seinen Namen erhielt: El-Franj, Die Herberge der Franken. Viele von ihnen sollten in Zukunft hier leben. Insgesamt wurden allein unter König Franz I. von Frankreich sieben solcher privilegierten Handelsposten an den Küsten Syriens und Palästinas gegründet, zwischen denen es später wiederholt zu erbitterten Konkurrenzkämpfen kam. Dies war der Beginn einer allmählichen erneuten, allerdings sehr kleinen Bedeutung der Stadt, die sich nun unter türkischer Herrschaft befand, als Hafen. Reiseberichte künden davon, dass der Khan eines der beiden größeren Gebäude in der sonst ruinösen Siedlung gewesen sei. Die Franzosen handelten hier vor allem mit roher Baumwolle. Sie waren in sogenannten „Nationen“ organisiert und durch besondere Kleidung gekennzeichnet. Ihre Handelsmissionen brachten sie wiederholt dazu, sich in die Lokalpolitik einzumischen, indem sie beispielsweise Sheikhs, die die versprochene Menge an Baumwolle nicht liefern konnten, bedrohten. 1790 wurden sie auf Befehl el-Jezzars aus der Stadt verbannt und nach Frankreich zurückgeschickt.

 

Abb. 2: Khan el-Umdan mit seinem Glockenturm.

 

Der Name des großen Khans el-Umdan, „Herberge der Säulen“, geht auf die Verwendung von Spolien zurück. Säulen aus der Umgebung, unter anderem aus Caesarea, wurden in das Gebäude verbaut. Errichtet wurde er auf Befehl el-Jezzars. Der Glockenturm, der sich über das Gebäude erhebt, wurde allerdings erst 1906 hinzugefügt, um das Thronjubiläum des damals amtierenden Sultans zu feiern.

 

Im Jahr 1765 wurde Akkon um den Khan e-Shuna bereichert. Im Bereich des vormals pisanischen Viertels gelegen, weist dieser Bau immer noch Bestandteile von Gebäuden aus der Kreuzzugszeit auf. Wie auch der östliche Teil des Khans el-Shuwarda war er das Werk des el-Umar.

 

Bemerkenswert unter den Basaren ist der teilweise mit Kuppeln bedachte Suq el-Abyad – der weiße Markt. Er wurde unter der Gouverneurszeit des Suleyman Pascha an Stelle des alten Dahir-Marktes errichtet, der einem Feuer zum Opfer gefallen war – zugegebenermaßen etwas kleiner als sein Vorgänger. Genannt wurde er so nach der weißen Tünchung seiner Wände. Dieser Pascha fügte dem Stadtbild nur einen kleinen Khan mit Eselsstall für den alltäglichen Handel hinzu.

 

 

Internetquellen

Tourismusseite der Stadt Akkon: http://www.akko.org.il/en/ (zuletzt aufgerufen am 21.02.2018).

 

 

Literatur

  • Faroqhi, Suraiya: Geschichte des osmanischen Reiches, München 2000.
  • Philipp, Thomas: Acre. The Rise and Fall of a Palestinian City, 1730-1831 (The History and Society of the Modern Middle East Series), New York 2001.
  • Richter, Werner: Phönizische Hafenstädte im östlichen Mittelmeerraum und ihre Bedeutung in heutiger Zeit. Die Beispiele: Saida – Soûr – Akko (Geographische Luftbildinterpretation Bd. 4), Bonn/Bad Godesberg 1975.
  • Stickel, Erwin: Der Fall von Akkon. Untersuchungen zum Abklingen des Kreuzzugsgedankens am Ende des 13. Jahrhunderts (Geist und Werk der Zeiten Bd. 45), Frankfurt a. M. 1975.
  • Turner, Angie: Acre, in: Cities oft he Middle East and North Africa. A Historical Encyclopedia, hg. v. Michael Dumper/Bruce Stanley, Santa Barbara/Denver/Oxford 2007.
  • Wimmel, Robin: Architektur osmanischer Karawanseraien. Stationen des Fernverkehrs im Osmanischen Reich. Teil 1, Berlin 2016.

 

 

Abbildungen

Abb.1 und 2: © Roman Walch, 2018.

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