Die syrisch-orthodoxe Markuskirche im armenischen Viertel Jerusalem

Beitrag von Elias Blüml

 

 Die syrisch-orthodoxe Markuskirche ist eine der zahlreichen Gotteshäuser in Jerusalem. Etwas versteckt liegt die Kirche in den Gassen des armenischen Viertels, welches im südwestlichen Teil der Altstadt liegt, grob das Eigentum des armenisch-orthodoxen Patriarchats umfasst und das kleinste der vier Altstadtviertel ist. Die vom Jaffator ausgehende Davidsstraße gilt als nördliche, der Cardo (die teilweise freigelegte Hauptstraße aus römisch-byzantinischer Zeit) als östliche Begrenzung. Im Norden geht es übergangslos ins christliche Viertel über. Die Bevölkerung ist gemischt, es gibt sowohl jüdische Einrichtungen als auch solche anderer christlicher Konfessionen. Das armenische Viertel, in welchem Kirche und Kloster liegen, erstreckt sich vom Jaffator bis zum Zionstor und bedeckt den nördlichen Teil des Berges Zion.

 

Die Anfänge des Markusklosters und der angeschlossenen Markuskirche sind dann auch eng mit der armenischen Gemeinde verknüpft. Die Armenier sollen das erste Volk sein, dass das Christentum angenommen hat. Armenische Quellen nennen 638 n. Chr. als Gründungsjahr des ersten Patriarchats. In Jerusalem sind armenische Christen seit dem 4. Jahrhundert bezeugt. In Palästina gründeten und bewohnten sie zahlreiche Kirchen und Klöster. Die häufigen Herrscherwechsel Jerusalems haben die Armenier ohne große Probleme überstanden und konnten ihre Privilegien wahren oder sogar ausweiten. So wurde das Armenisches Patriarchat in Jerusalem offiziell 1311 unter den Mamelucken gegründet, in Folge dessen wurde die armenische Kirche zur wichtigsten Gruppe monophysitischer bzw. nicht-chalcedonischer (mitunter auch orientalisch-orthodox genannten) Prägung neben Kopten, Syrern und Äthiopiern in Jerusalem. Dabei handelt es sich um Kirchen, die sich seinerzeit geweigert hatten, die 451 vom Konzil von Chalcedon verabschiedeten Dogmen anzuerkennen. Einer dieser Lehrsätze betraf die Beziehung zwischen den Jesus zugeschriebenen menschlichen und göttlichen Eigenschaften.

 

Hauptkirche der syrisch-orthodoxe Christen war ursprünglich St. Maria Magdalena, welche aber 1197 nach der muslimischen Rückeroberung Jerusalems in eine Schule umgewandelt wurde. Daraufhin wurde auf St. Thomas ausgewichen bis 1451/52, als der zuständige Priester zum Islam konvertierte. Nach 20 Jahren ohne Kirche hat die syrisch-orthodoxe Gemeinde die Markuskirche und das Maria-Kloster von den Kopten übernommen. Die koptische Kirche wurde eventuell schon 1092 von Manṣūr al-Tilbanī, einem hohen Beamten der türkischen Herrschaft, errichtet, wahrscheinlich als Zions-Kirche. Syrisch-orthodox wurde die Kirche also erst gegen Ende des 15. Jahrhundert. Seit dieser Zeit ist St. Markus das Zentrum der syrisch-orthodoxen Christen, auch Jakobiter oder Assyrer genannt.

 

Der Name 'Jakobiten' geht auf Jakob Baradai/Baradaeus (ca. 500-578) zurück, den Bischof von Edessa und Begründer der syrisch-orthodoxen Gemeinde. Die Markuskirche ist dem Andenken Johannes Markus gewidmet, bei dessen Mutter Maria nach Apg. 12,12 die Christen in Jerusalem einen ersten Versammlungsort hatten. Zudem soll in diesem Haus der Apostel Petrus nach seiner Befreiung aus einem Gefängnis des Herodes durch einen Engel Zuflucht gefunden haben. Markus Johannes begleitete Paulus auch auf dessen erster Missionsreise nach Apg. 12,35; 13,5. Entgegen einiger Mutmaßungen handelt es sich bei Johannes Markus wahrscheinlich nicht um den Evangelisten Markus. Syrisch-orthodoxen Christen gedenken in der Kirche auch des letzten Abendmahls, welches hier laut syrisch-orthodoxer Tradition im 'Obergemach' bzw. der heutigen Krypta stattgefunden haben soll, dem Pfingstgeschehen und der Taufe der ersten Christen. Nach der Mutter wurde St. Markus und das Kloster anfangs Marienkirche bzw. -kloster genannt (arab. 'Dair as-Surian'). Frühe Christen trafen sich zum Gottesdienst häufig in Privathäusern, da dies weniger Aufmerksamkeit erzeugte. Manche wurden zu permanenten Orten der Anbetung, zu sogenannten Hauskirchen (lat. 'domus ecclesiae'). Auch für die Markuskirche und die Jerusalemer Urkirche könnte das der Fall gewesen sein. Zumindest wirbt das Kloster mit der Bezeichnung 'first church in Christianity' (vgl. Abb. 1). Schon 143 soll hier eine christliche Kapelle existiert haben. Seit dem 7. Jahrhundert gibt es eine Kirche. Das heutige Gotteshaus wurde zu großen Teilen unter den Kreuzfahrern im 12. Jahrhundert erbaut. Über die Zeit wurde mehrfach umgebaut, zuletzt 1940. Eine dabei gefundene Inschrift belegt, dass der Ort schon seit dem 6. Jahrhundert als 'Haus des Johannes Markus' galt.

 

Die Kirche liegt an der Südseite des Klosters, verbunden mit einem Tor. Dahinter liegt ein Säulengang. Das Innere der Kirche ist gepflastert. Die Gebäudeteile liegen wahrscheinlich nicht auf Fundamenten älterer Strukturen. Die Kirche besteht aus zwei ungefähr gleich großen Buchten, die von einer halbrunden östlichen Apsis durch einen kurzen Altarraum getrennt sind. Das Kirchenschiff misst 10,7 auf sechs Meter. Die beiden Seiten sind durch einen Querbogen getrennt, der aus Kapitellen und Pilastern aus dem 12. Jahrhundert besteht. Der Altarraum ist mit einem leicht spitz zulaufenden Tonnengewölbe bedeckt und 1,8 Meter tief, während die Apsis 4,1 Meter breit und von einem spitzen Halbkreis umgeben ist. Die heutige Tür befindet sich in der Nordwand der Ostbucht, unmittelbar neben dem zentralen Pilaster. Die Öffnung ist 1,36 Meter breit und durch einen Sturz mit einem niedrigen Entlastungsbogen abgedeckt. Die Kirche ist an ihrer Nordseite von einem Kreuzgang flankiert. Das Tor zur Straße (vgl. Abb. 2) stammt aus dem 12. Jahrhundert, obwohl weniger sicher ist, ob es nicht vielleicht im Laufe der Zeit versetzt wurde. Die Öffnung ist 1,55 Meter breit und mit einem Sturz bedeckt, welches auf einem Gesims ruht. Eingelassen ist das Ganze in einen Spitzbogen mit ornamentierten Muschelschalen, der aus demselben Gesims hervorspringt. Die Türpfosten haben keine Verzierungen, abgesehen von einem schiefen Paar geformter Sockel, die fehl am Platze erscheinen und jetzt nur noch gelegentlich als Sitze dienen.

 

Die Kirche beherbergt noch andere interessante Artefakte. Da wäre zum einen eine dem Evangelist Lukas zugeschriebene Ikone der Jungfrau Maria, welches zu den ältesten Marienbildnissen der Christenheit zählt. Maria soll auch auf einer Steinfront in der Kirche getauft worden sein. Darüber hinaus gibt es noch ein altes und mit Silber belegtes Taufbecken und einen reich mit Schnitzereien verzierten Patriarchenthron. In dem Gebäude gibt es auch noch einige alte syrische und arabische Inschriften und Graffiti. Das Kloster besitzt eine Anzahl Reliquien, darunter Splitter vom Heiligen Kreuz und in der Bibliothek gibt es einige wertvolle Schriften. Mor Athanasius Yeshue Samuel (1907-1980), der Erzbischof von Palästina und Transjordanien, welcher die 1947 entdeckten Qumran-Rollen erwarb und der Weltöffentlichkeit bekannt machte, stammt zudem aus dem Markuskloster. Öffentlich zugänglich sind nur die Ikone, die Steinfront und das Taufbecken. Die Krypta, nach syrisch-orthodoxer Vorstellung Ort des letzten Abendmahls, ist teilweise nur einzeln zugänglich. Fotos dürfen leider nicht der Kirche gemacht werden. Größere Gruppen sollten sich darauf einstellen, die Kirche nur gegen eine Spende betreten zu dürfen.

 

St. Markus liegt an der Araratstraße (das Gebiet um den Araratberg und den Vansee soll die erste Heimat der Armenier gewesen sein), ca. 30 Meter entfernt von der mittelalterlichen Straße zum Berg Zion. Geöffnet ist die Kirche die ganze Woche über von ca. 8 bis ca. 18 Uhr. Telefonisch erreichbar ist das Kloster unter 972-2-6283304. Bei Anrufen aus dem Ausland gilt es die Vorwahl '0092' zu beachten. Die '02' ist die inländische Vorwahl für Jerusalem.

 

 

Syrisch-orthodoxe Markuskirche

  • Öffnungszeiten: ganzwöchig circa 8.00–18.00 Uhr
  • Adresse des Klosters: PO Box 14069, IL-91140, Jerusalem (Altstadt), Israel

 

 

Literatur

  • Fürst, Heinrich / Geiger, Gregor: Im Lande des Herren. Ein franziskanischer Pilger- und Reiseführer für das Heilige Land. Paderborn 20166.
  • Gorys, Erhard / Gorys, Andrea: Heiliges Land. Ein 10.000 Jahre altes Kulturland zwischen Mittelmeer, Rotem Meer und Jordan. Ostfildern 20097.
  • Hoppe, Leslie J.: The Synagogues and Churches of Ancient Palestine. Collegeville, Minnesota 1994.
  • Küchler, Max: Jerusalem. Ein Handbuch und Studienreiseführer zur Heiligen Stadt. Göttingen 2014².
  • Pringle, Denys: The Churches of the Crusader Kingdoms of Jerusalem, Bd. 3 The City of Jerusalem. Cambridge 2007.
  • Zang, Johannes: Begegnungen mit Christen im Heiligen Land. Ihre Geschichte und ihr Alltag. Würzburg 2017.

 

Onlineressourcen (alle abgerufen zuletzt am 22.02.1018)

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