Die Geschichte Akkons im Dritten Kreuzzug

Beitrag von Lena Lindmair

 

Vorgeschichte der Stadt

Heute ist Akkon eine kleine, unbedeutende Hafenstadt am Mittelmeer, nördlich Haifas. Während der Kreuzfahrerzeit jedoch erlebte die Stadt ihre Blütezeit, denn Akkon wurde in jener Zeit zur bedeutendsten Hafenstadt der Kreuzfahrerstaaten, zur Residenz des Königreichs Jerusalem, zur Handelsmetropole und schließlich auch wichtigster Hafen für die ankommenden europäischen Pilger und Kreuzfahrer.

 

Auf einer Halbinsel ins Meer gebaut, wurde die Stadt durch eine quadratische Stadtmauer geschützt. Gleichzeitig entstand durch die ins Meer ragende Mauer ein großer Hafen, der künstlich in einen äußeren und ein inneren geteilt wurde. Nicht nur zwei die Mauer überragende Festungsanlagen, sondern eine Fülle weiterer Türme dienten der Verteidigung der Stadt.


Unter lateinische Herrschaft gelangte Akkon zum ersten Mal im Jahre 1104 durch Balduin I. und seine Kreuzfahrer. Zurück erobert wurde die Stadt allerdings schon in den 1180er Jahren von Sultan Saladin, jedoch nur für relativ kurze Zeit.

 

Abb. 1: Ehemaliger innerer Hafen Akkons.

 

 

Die Belagerung Akkons

Am 28. August 1189 erreichte Guido von Lusignan, der Herrscher des Königreichs Jerusalem, die Hafenstadt, um diese erneut unter christliche Kontrolle zu bringen. Seine Bemühungen schlugen allerdings fehl. Es folgte eine Belagerung, die länger als zwei Jahre andauern und ein erbittertes Ringen werden sollte. Nach der Ankunft Saladins, der die Verteidiger der Stadt von außen unterstütze, wurde das etwa 9.000 Mann starke fränkische Heer Guido von Lusignans nun selbst belagert.

 

Beide Heere richteten sich auf eine langfristige Belagerung ein, errichteten Palisaden, Befestigungsanlagen und gründeten Märkte. Immer wieder erreichten weitere Kreuzfahrer die Stadt, wodurch die Armee der Franken beträchtlich anstieg. Doch auch Saladin konnte seine Truppen erweitern.

 

Bei vielen folgenden kleineren Scharmützeln gelang es aber keiner der beiden Seiten, einen endgültigen Sieg zu erkämpfen. Größere und damit verlustreichere Auseinandersetzungen wurden zunächst vermieden.

 

Die erste tatsächliche Schlacht dieses Kreuzzugs fand am 4. Oktober 1189 statt. Das christliche Heer war nun soweit angewachsen, dass ein Angriff gestartet werden konnte, der sich aber zu einem zermürbenden Kampf auswuchs. Die Kreuzfahrer mussten sich schließlich zwar geschlagen geben, konnten die Belagerung aber halten. Saladin musste sich eingestehen, dass er keinen vollkommenen Sieg erreicht hatte und das christliche Heer nicht hatte überwältigen können. Die Kreuzfahrer hatten sich zwischen den zwei feindlichen Lagern behaupten können, was – militärisch betrachtet – nahezu unmöglich war.

 

Nach einer längeren Kampfpause wurden erst im Frühling des darauffolgenden Jahres die Kampfhandlungen wieder aufgenommen. Hierbei kam es zu einer der spektakulärsten Schlachten auf See während des 12. Jahrhunderts. Auch hier traf beide Heere erneut das gleiche Schicksal: Keines konnte einen eindeutigen Erfolg erzielen. Saladin verlor für das restliche Jahr 1190 die Kontrolle über die See. Die Christen konnten Akkons inneren Hafen nicht in ihren Besitz bringen. Dies blieb jedoch der einzige Angriff der Kreuzfahrer, der auf See geführt wurde. Die weiteren kriegerischen Auseinandersetzungen dieses Jahres erfolgten weitestgehend an Land. Obwohl die Belagerungsmaschinen der Christen offenbar keine besondere Durchschlagskraft hatten, konnten sich die Kreuzfahrer im Mai einen Weg zur Mauer verschaffen.

 

Die von den Kreuzfahrern sehnlichst erwarteten Truppen Kaiser Friedrich Barbarossas trafen – nach dessen unerwartetem Tod auf der Reise nach Akkon – nur sehr spärlich ein. Viele Mitstreiter traten desillusioniert ihre Rückreise an, nachdem der deutsche Kaiser am 10. Juni 1190 bei dem Versuch, mit seinem Heer einen Fluss zu überqueren, ertrank.

 

Teilweise kam es zwischen den christlichen und muslimischen Kämpfern sogar zu Verbrüderungsaktionen, ausgelöst durch die auf beiden Seiten aussichtlos wirkende Situation.

 

Die Christen lebten 1190 unter äußerst schlechten Bedingungen. Mangel an Lebensmitteln, Wasser und Hygiene führten zu Erkrankungen, Hungersnöten und Epidemien. 100 bis 200 Kreuzfahrer fanden täglich den Tod. Nicht nur im Lager der Kreuzfahrer, sondern auch in Akkon selbst, erschwerte diese Situation die Besatzung.

 

Am 5. Januar 1191 stürzte ein Teil der Stadtmauer Akkons ein, doch die noch immer unter Hunger und Epidemien leidenden Christen konnten diese Chance nicht nutzen. Zudem handelte Saladin schnell, um die Mauer wieder reparieren zu lassen. Deren Zerstörung war für ihn ein Zeichen dafür, dass die Verteidigungsanlagen Akkons verbessert werden mussten. Obwohl die Christen nach fast zwei Jahren der Belagerung die Befestigungsanlagen noch immer nicht überwinden konnten, hatten sie doch immerhin den Sultan zur Unbeweglichkeit gezwungen. Trotzdem gaben weder die Kreuzfahrer noch die Belagerten auf.

 

 

Die Ankunft der Könige von Frankreich und England

Den Wendepunkt der Belagerung leitete schließlich das Eintreffen der Könige von Frankreich und England ein. Die Aussichten auf einen Erfolg des christlichen Heeres verbesserten sich gravierend. Endlich gab es eine reelle Chance auf einen Sieg, und die eingetroffene Unterstützung an Kämpfern, Lebensmitteln und Ausrüstung führte zu neuem Mut auf Seiten der Belagerer.

 

Philipp August von Frankreich erreichte mit seinen Truppen am 20. April 1191 das Lager der Kreuzfahrer und konnte daraufhin enorme militärische Erfolge erzielen. Durch den Druck, den er auf das muslimische Heer ausübte, und den stetigen Beschuss der Stadtmauern stabilisierte er die gesamte Situation der Belagerer deutlich.

 

Einen weiteren Aufschwung brachte das Eintreffen Richards I. von England am 8. Juni desselben Jahres. Die Kampfmoral des christlichen Heeres wurde dadurch nochmals erheblich gesteigert. Richard Löwenherz führte nicht nur ein größeres Heer und eine größere Flotte mit sich, sondern auch erheblich mehr finanzielle Ressourcen als Philipp von Frankreich. „Now the most valiant of kings has arrived, the best warrior in all of Christendom. […] Their trust was in King Richard.“ (The History of the Holy War, S. 95). Der König von England wurde überschwänglich begrüßt.

 

Wie Philipp von Frankreich, griff auch Richard von England Akkon mit aller Kraft an. Und obwohl sich die Eingeschlossenen weiterhin beharrlich wehrten, wurde die Lage der Stadt immer aussichtsloser. Die Kreuzfahrer hatten während ihrer Angriffe auf die Stadt jedoch zugleich den gewaltigen Angriffen des muslimischen Heeres Saladins standzuhalten.

 

Ende Juni 1191 erlitten die Kreuzfahrer allerdings einen herben Rückschlag, da beide Könige an „Arnalia“ erkrankten. Bis heute ist nicht klar, um welche Krankheit es sich dabei handelt. Möglicherweise um Skorbut. Philipp erholte sich schnell, doch Richard konnte längere Zeit das Krankenbett nicht verlassen. Er ließ sich hierdurch allerdings nicht davon abhalten, die Kämpfe von seinem Bett aus zu leiten.

 

Sowohl Richard Löwenherz, als auch Philipp August traten – unabhängig voneinander – mit Saladin zu Verhandlungszwecken in Kontakt. Diese Strategien schlugen jedoch gänzlich fehl und zeigten keinerlei Wirkung. Deshalb begannen beide Herrscher mit ihren insgesamt 25.000 Mann starken christlichen Truppen die Stadt im frühen Sommer 1191 mit einer noch aggressiveren Belagerungstaktik und einer unaufhörlichen Beschießung der Stadtmauer mittels Katapulte erneut anzugreifen.

 

Obwohl sich auch Saladins Truppen verstärkten, konnten die Muslime das Christenheer nicht überwältigen. Nahrung und Waffen wurden knapp und eine Kapitulation dadurch nicht mehr ausgeschlossen. Ein letzter Hilferuf der Garnison brachte Saladin am 11. Juli 1191 zu einem letzten verzweifelten Angriff, der jedoch keine Wende brachte.

 

Der entscheidende Angriff der Kreuzfahrer wurde von Richard Löwenherz angeführt. Der Nordturm sowie die umliegenden Mauern Akkons stürzten ein. Die vereinigten Kräfte der beiden Kreuzfahrerheere brachten schließlich den Sieg und die Kapitulation der Stadt. Da sie von außen nicht mehr versorgt werden konnte, musste sie letztendlich aufgegeben werden.

 

Abb. 2: Darstellung der Geschichte Akkons in der ehemaligen Templerburg.

 

Am 12. Juli 1191, nur fünf Wochen nach Richards Ankunft in Akkon, war das Ziel der Kreuzfahrer erreicht. Die Stadt lag nun in ihrer Hand. Trotzdem waren die Auseinandersetzungen aber noch nicht überwunden. Die Aufteilung der Beute wurde zu einem Streitthema zwischen Richard Löwenherz und Philipp August.

 

Schließlich kamen „der König von Frankreich und der König von England“ zu dem Entschluss, „die Stadt Akkon unter sich auf[zuteilen], mit allem, was in ihr war, sowohl Heiden, wie Gold und Silber und alles andere.“ (Chronica III, S. 121)

 

Als Saladin die Nachricht erreichte, Akkon habe aufgegeben, war er erschüttert, da die Entscheidung ohne sein Einverständnis getroffen worden war. Nun musste er sich an das vereinbarte Abkommen halten, das er zuvor nicht abgesegnet hatte; er musste den ausgehandelten Bedingungen entsprechen. Im Gegenzug wurde allen Belagerten freies Geleit gesichert. Jegliche Belagerungsmaschinen, Ausrüstungen und Schiffe, sowie zweihunderttausend Gold-Dinare mussten übergeben werden. Die gefangen genommenen Kreuzfahrer – 1.500 Personen niedrigen Standes, sowie 100 bis 200 Adelige – waren freizulassen. Ein wichtiger Bestandteil der Verhandlung war die Herausgabe des Wahren Kreuzes, der bedeutendsten in Beschlag genommenen Beute. Zur Absicherung der Gegenleistungen nahmen die Kreuzfahrer die Garnison der Stadt als Geisel. Die Bedingungen waren innerhalb eines Monats zu erfüllen.

 

Nach zwei Jahren zermürbender Belagerung beendete somit ein abrupter Frieden die Auseinandersetzungen um Akkon, und keine gewalttätigen, blutigen Plünderungen. Trotz extremer Temperaturschwankungen, von Hunger und Epidemien gequält und stets kämpfend, war es den Kreuzfahrern durch beachtliches Durchhaltevermögen gelungen, die Belagerung erfolgreich bis zur Eroberung Akkons durchzuhalten, auch wenn dabei tausende Kreuzfahrer den Tod fanden.

 

Da König Philipp Mitte 1191, schon wenige Tage nach der Eroberung Akkons, zurück nach Frankreich aufbrach, kümmerte sich der König von England nun allein um die Einhaltung der ausgehandelten Bedingungen. Neben seinen Bemühungen, die Verteidigungsanlagen der Stadt wiederaufzubauen, handelte er mit Saladin eine ergänzende Vereinbarung aus, welche die Übergabe in zwei bis drei Schüben vorsah. Als Saladin dies nicht rechtzeitig erfüllte, ließ Richard Löwenherz fast 3.000 Geiseln der Garnison Akkons vor den Toren der Stadt hinrichten:

 

„The King of England caused all the pagans who belonged to him from the capture of Acre to be led out before the army of Saladin, and their heads to be struck off in the presence of all“. (The annales of Roger de Hoveden, S. 219).

 

Diese politische Entscheidung zeigte Saladin, wie überaus entschlossen der König war. An den Abt von Clairvaux schrieb Richard Löwenherz am 1. Oktober 1191:

 

„Als das Ultimatum ausgelaufen war und die Vereinbarung, die wir getroffen hatten hinfällig wurde, haben wir angemessenerweise [sic!] veranlasst, dass die Sarazenen, die wir in Gewahrsam hatten, etwa 2600 von ihnen, getötet wurden.“ (Chronica III, S. 131).

 

Es wurden nur wenige Männer des gehobenen Standes, für die Lösegeld verlangt werden konnte, verschont; daneben einige, die dazu geeignet waren, um als Sklaven zu arbeiten. Ob diese Handlung bei den Kreuzfahrern Entsetzen auslöste, ist nicht bekannt, doch nach den Regeln eines Krieges im 12. Jahrhundert war eine solche Tat ohne weiteres zu rechtfertigen.

 

Die Eroberung Akkons war für das weitere Bestehen der Kreuzfahrerstaaten von zentraler Bedeutung. Hundert Jahre blieb die Stadt in christlicher Hand, bevor sie von den Muslimen zurückerobert wurde.

 

 

Quellen

  • Hoveden, Rogerus de: Chronica III, (ed.) W. Stubbs. London 1870.
  • The annals of Roger de Hoveden. Comprising the history of England and of other countries of Europe from A.D. 732 to A.D. 1201, with notes and illus, (übers.) Henry T. Riley.
  • The History of the Holy War. Ambroise´s Estoire de la Guerre Sainte, (übers.) M. Ailes, Woodbridge 2003 (Translation, Band 2).

 

 

Literatur

  • Asbridge, Thomas: Die Kreuzzüge. Stuttgart 2010.
  • Kaufhold, Martin: Die Kreuzzüge. Wiesbaden 2007.
  • Phillips, Jonathan: Heiliger Krieg. Eine neue Geschichte der Kreuzzüge. München 2011.
  • Runciman, Steven: Geschichte der Kreuzzüge. München 1968 (Beck´sche Sonderausgaben in einem Band).

 

 

Abbildungen

Abb. 1 und 2: © Lena Lindmair, 2018.

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